Verfahrensgang

AG Berlin-Mitte (Entscheidung vom 02.12.2009; Aktenzeichen 17 C 134/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird - unter Zurückweise der Berufung im Übrigen - das am 2. Dezember 2009 verkündete Versäumnisteil- und Schlussurteil abgeändert und neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1.540,08 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6. März 2009 zu zahlen.

Der Beklagte zu 2. wird verurteilt, an die Klägerin weitere 1.818,66 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6. März 2009 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den erstinstanzlichen Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin haben die Klägerin 27%, die Beklagten als Gesamtschuldner 46% und der Beklagte zu 2. weitere 27% zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. haben die Klägerin 54% und die Beklagte zu 1. 46% zu tragen. Die außergerichtliche Kosten des Beklagten zu 2. hat dieser selbst zu tragen.

Von den Kosten der Berufungsinstanz haben die Klägerin 67% und die Beklagte zu 1. 33% zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Im Übrigen wird von der Darstellung des Tatbestands gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise begründet.

Die Klägerin kann gemäß § 535 Abs. 2 BGB für die Zeit von Januar 2007 bis März 2009 Zahlung restlicher Mieten in Höhe von insgesamt 1.540,08 EUR verlangen.

Die Beklagte war aufgrund der Zusage der Klägerin im Schreiben vom 13. November 2006 berechtigt, die von ihr geschuldete laufende Miete um 10% zu kürzen. Es kann dahinstehen, ob insoweit eine Minderung im Sinne von § 536 Abs. 1 BGB begründet wäre. Denn die Klägerin muss sich insoweit an der von ihr zugestandenen Minderung festhalten lassen. Sie ist an ihre Erklärung gebunden und kann diese nicht nachträglich - konkludent - widerrufen, indem sie nunmehr eine Minderung in Frage stellt. Dass die Bauarbeiten in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum noch andauerten, wird von der Klägerin nicht in Frage gestellt.

Eine weitergehende Minderung ist hingegen nicht gemäß § 536 Abs. 1 BGB begründet. Es kann hierbei dahinstehen, ob die Beeinträchtigungen durch die Bauarbeiten in der Nachbarschaft eine über die zugestandene Quote hinausgehende Minderung begründen. Denn Minderungsansprüche sind gemäß § 536 b BGB ausgeschlossen, weil aufgrund der örtlichen Gegebenheiten bei Vertragsbeginn die Beklagte mit den Bauarbeiten hätte rechnen müssen. Es entspricht der h.M. (vgl. etwa OLG München NJW-RR 1994, 654; KG, Urteil vom 3. Juni 2002 - 8 U 74/01, GE 2003, 115; LG Berlin, Urteil vom 15. August 2003 - 29 O 493/02, GE 2003, 1130) und der Rechtssprechung der Kammer, dass bei vorhandenen Baulücken in der Innenstadt grundsätzlich deren Bebauung zu erwarten ist. Das gilt erst Recht für die Zeit nach der Wende in der zentralen Berliner Innenstadt in Berlin-Mitte. Das hat sich jedenfalls im Jahr 1992 entsprechend abgezeichnet. Es kommt nicht darauf an, dass der konkrete Erweiterungsbaus des Ministeriums damals noch nicht feststand und der sog. Umzugsbeschluss nach Angaben der Beklagten erst 1994 gefasst worden ist. Es ist nicht maßgeblich, ob für den Mieter erkennbar gewesen ist, was genau gebaut werden sollte. Insoweit unterscheiden sich die entsprechenden Beeinträchtigungen auch nicht. Es kommt auch nicht darauf an, ob bei Abschluss des Mietvertrags der Umzug der Ministerien abzusehen war. Wenn kein Ministerium gebaut worden wäre, wäre ein anderes Bürogebäude oder Wohnhaus gebaut worden. An der Bautätigkeit und deren Folgen änderte sich hierdurch nichts. Es kommt auch letztlich nicht auf den zeitlichen Abstand zwischen Bau und Vertragsabschluss an. Denn es war aufgrund der obigen Sachlage in jedem Fall mit einem Bau zu rechnen. Der Bau, dessen Dauer und die Beeinträchtigungen sind jeweils vergleichbar und hängen nicht vom Zeitpunkt des Baus ab.

Ein bestimmter zeitlicher Zusammenhang bis zur tatsächlichen Aufnahme der Bauarbeiten lässt sich weder den og. Entscheidungen noch dem vom Amtsgericht zitierten Hinweis des Kammergerichts (KG, Protokoll vom 7. August 2008 - 22 U 100/07, GE 2009, 719) entnehmen. Letzteres hat lediglich klargestellt, dass es für die Frage der Annahme eines Mangels nicht darauf ankommt, ob der Eigentümer die Beeinträchtigungen nach § 906 BGB hinzunehmen hat. Bestimmte Anforderungen an die Kenntnis bzw. die Konkretheit der zu erwartenden Bauarbeiten im Rahmen von § 536 b BGB werden nicht aufgestellt.

Die vorherige Nutzung des Nachbargeländes als Parkplatz steht der obigen Beurteilung nicht entgegen. Es handelt sich hierbei um eine typische Zwischennutzung von nicht genutzten Bauflächen. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Beklagte etwa aufgrund der Art ...

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