Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenzschuldner verletzt durch eine Abschlagszahlung an die Gläubiger schuldhaft eine insolvenzspezifische Pflicht. Verletzung einer insolvenzspezifischen Pflicht seitens des Insolvenzschuldners durch eine Abschlagszahlung an die Gläubiger. Notwendigkeit einer Berücksichtigung des Insolvenzplans bei der Verteilung der Masse
Normenkette
InsO § 60
Nachgehend
Tenor
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10.000,00 Eurio zu zahlen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreites.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Auf Antrag der Klägerin, die früher als … firmierte, eröffnete das AG Potsdam (Insolvenzgericht) am 23.4.2004 das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen. Der Beklagte wurde als Insolvenzverwalter bestellt.
Am 4.4.2008 wurde ein von der Klägerin vorgeschlagener Insolvenzplan durch die Gläubiger angenommen.
Im darstellenden Teil des Insolvenzplans findet sich unter der Überschrift „Art und Ziel des Planes” folgende Regelung (S. 4 Anl. B1):
„Der vorliegende Insolvenzplan bezweckt als sog. Liquidationsplan die schneite Beendigung des Insolvenzverfahrens zu Gunsten der Gläubiger unter Erhöhung der den Gläubigern im Rahmen der Regelabwicklung zustehenden Quoten. Mit Annahme des Insolvenzplanes erhalten die Gläubiger die ihnen zustehende Quote ca. 18 Monate früher, als bei einer Regelabwicklung.”
Beim Quotenvergleich wird im darstellenden Teil des Insolvenzplans errechnet, dass im Fall eines regulären Insolvenzverfahrens 1.699.888,60 EUR verteilungsfähig wären, was zu einer rechnerischen Quote von 30% führen würde, während bei Annahme des Insolvenzplans wegen geringerer Kosten 1.802.886,60 EUR zu verteilen wären, was zu einer rechnerischen Quote von 31,5% führen würde (vgl. S. 12 – 14 des Insolvenzplans).
So heißt es auf S. 13 der Anl. B1:
„Bei Annahme des Insolvenzplanes wird die … GmbH ihren Gläubigern auf die zur Tabelle angemeldeten und festgestellten Forderungen einen Abfindungsbetrag von
1.802866,60 EUR
auszahlen. Diese Erhöhung entsteht, da durch die vorzeitige Beendigung des Verfahrens keine weiteren Kosten zu Lasten der Masse entstehen. Außerdem erfolgt die Auszahlung mindestens 1,5 Jahre früher als bei einer Regelabwicklung was für die Gläubiger einen Zinsvorteil von zusätzlich (kalkulierten) 9% auf den Auszahlungsbetrag als Vorteil bietet.”
In den Darstellungen zu den einzelnen Gläubigergruppen heißt es auf S. 14 ff. jeweils, dass im Fall der Regelabwicklung die Auszahlung nicht vor Ende 2009 erfolgen wird, während im Fall der Annahme des Insolvenzplans die Auszahlung Mitte 2008 erfolgen wird.
Im gestaltenden Teil des Insolvenzplans (S. 16 ff.) wurde vereinbart, dass die Gläubiger einen Abfindungsbetrag – je nach Gruppe – i.H.v. 31%, 37% bzw. 38% der von diesen zur Tabelle angemeldeten und festgestellten Forderungen erhalten sollen. Ferner heißt es dort in den schuldrechtlichen Regelungen zu den einzelnen Gläubigergruppen jeweils:
„Die Auszahlung erfolgt einen Monat nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach § 258 InsO.”
Der Insolvenzplan wurde am 4.4.2008 vom Insolvenzgericht bestätigt. Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde nicht eingelegt.
Mit Schreiben v. 24.7.2008 teilte der Beklagte dem Insolvenzgericht mit, dass sich bei der Erstellung der Schlussrechnung und Aufbereitung der steuerlichen Verhältnisse der Schuldnerin unvorhergesehene Verzögerungen ergeben hätten, weshalb eine alsbaldige Aufhebung des Insolvenzverfahrens, wie im Plan ursprünglich vorgesehen, nicht antizipierbar sei. Weiter heißt es in dem Schreiben:
„Um die in dem Plan bezweckten Ziele nicht zu gefährden und die von den Gläubigern mit der Durchführung des Planverfahrens erwarteten Vorteile möglichst weitgehend eintreten zu lassen, beabsichtige ich eine Abschlagszahlung entsprechend den Vorgaben des Insolvenzplans auf die den Gläubigem zustehende Quote kurzfristig zu bewirken. Auf diese Weise können die errechneten Zinsvorteile, entsprechend den Planvorgaben weitestgehend erhalten bleiben. Aufgrund des fortgeschrittenen Stadiums und des vorliegend bestätigten Plans halte ich eine Abschlagszahlung in Höhe von 90% des dem einzelnen Gläubigerzustehenden Gesamtbetrages für vertretbar.
Sollten gegen diese Maßnahme, die allein der Umsetzung des mit dem Plan Bezweckten dient, seitens des Gerichts Bedenken bestehen, bitte ich um eine kurzfristige Stellungnahme.”
Mit Schreiben v. 28.7.2008 teilte das Gericht mit, dass gegen eine Abschlagsverteilung nach § 187 InsO keine Einwände bestünden. Am 27.11.2008 nahm der Beklagte eine Abschlagsverteilung i.H.v. 95% der zu zahlenden Quote an die Gläubiger vor. Insgesamt wurde ein Betrag von 1.343.291,75 EUR ausbezahlt.
Mit Beschluss des AG Potsdam (Insolvenzgericht) v. 30.3.2009 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der … mbH aufgehoben.
Nach Klageerheb...