Verfahrensgang
AG Berlin-Charlottenburg (Urteil vom 04.12.2002; Aktenzeichen 207 C 1008/02) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Verfügungsklägerin wird das am 4. Dezember 2002 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg teilweise geändert:
Die einstweilige Verfügung des Amtsgerichts Charlottenburg vom 5. August 2002 wird zu Nr. 1a des Tenors (Wiederherstellung der Gasversorgung) aufrechterhalten.
II. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen hat die Verfügungsbeklagte zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313a ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist begründet. Die einstweilige Verfügung vom 5. August 2002 war in dem noch nicht für erledigt erklärten Umfang aufrecht zu erhalten, denn die Verfügungsklägerin hat aus dem Mietvertrag und aus § 861 BGB einen Anspruch auf Wiederherstellung der Gasversorgung, den sie wegen Eilbedürftigkeit auch im Wege der einstweiligen Verfügung geltend mache konnte.
I. Der Anspruch des Mieters aus dem Mietvertrag auf Überlassung und Erhaltung des vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache richtet sich bei Fehlen konkreter Parteivereinbarungen nach dem Zustand und Ausstattungsstandard der Mietsache, den diese bei Vertragsbeginn hatte. Dies war hier unstreitig ein mit Gas betriebener Herd. Zu einem solchen stellt die Überlassung eines Elektroherdes ein aliud dar, das – je nach subjektiver Einschätzung des Nutzers – mit einer Verbesserung oder Verschlechterung der Nutzungseigenschaften einhergeht. Selbst eine Verbesserung der Wohnung muß der Mieter nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen des § 554 Abs. 2 bis 5 BGB (§ 541b BGB a.F.) dulden; zu einer einseitigen Verschlechterung der Mietsache ist der Vermieter ohne Einwilligung des Mieters ohnehin nicht berechtigt. Mit Recht macht die Verfügungsbeklagte zwar geltend, daß ihr hinsichtlich der Maßnahmen zur Mangelbeseitigung eine Auswahlermessen zusteht; dieses bezieht sich allerdings nicht auf den herzustellenden Erfolg, der sich allein an dem mietvertraglich geschuldeten Zustand orientiert. Die Verfügungsbeklagte kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Interessen anderer Mieter berufen, die sich wünschen, daß jegliche Gasversorgung in dem Haus unterbleiben möge. Die Beklagte ist jenen Mietern gegenüber nicht verpflichtet, einen Zustand ohne Gasversorgung herzustellen, weil auch jene anderen Mieter sich darauf verweisenlassen müssen, daß die Beklagte aus den jeweiligen Mietverträgen nur die Überlassung einer Wohnung in einem Haus mit Gasversorgung schuldet, die Mieter also die sich aus der Möglichkeit zur Manipulation mit Gas ergebenden Gefahren als allgemeines Lebensrisiko hinzunehmen haben.
Die Verfügungsbeklagte ist von ihrer Verpflichtung zur Widerherstellung der Gasversorgung auch nicht wegen Überschreitung der Opfergrenze freigeworden. Denn selbst nach dem Vortrag der Beklagten belaufen sich die Kosten für die Wiederherstellung der Gasversorgung in dem rechten Strang nur auf 2.552,– EUR. Dies übersteigt nicht den Kostenaufwand, der einem Hauseigentümer und Vermieter unter Berücksichtigung von § 242 BGB zugemutet werden kann, zumal da auch die Bereitstellung eines Elektroherdes zuzüglich der erforderlichen elektrischen Absicherung einen Kostenaufwand erfordern würde. Auf die Frage, ob der rechte und der linke Hausstrang über einen einheitlichen Gasanschluß gespeist werden, kommt es dabei nach Ansicht der Kammer nicht an, weil die Verfügungsbeklagte jedenfalls nicht der Darstellung der Verfügungsklägerin widersprochen hat, es sei möglich, unter Kappung der anderen Leitungen und entsprechender Kostenersparnis die Gasversorgung nur zu der Wohnung der Verfügungsklägerin wiederherzustellen.
II. Die Verfügungsklägerin hat auch einen Verfügungsgrund, der es ihr ermöglichte, im Wege der einstweiligen Verfügung vorzugehen. Dieser ergibt sich, soweit in der Unterbrechung der Gasversorgung ein Eingriff in den Mietbesitz gesehen werden kann, aus der Natur des Besitzschutzes. Auch im übrigen ist jedoch eine Wohnung, die nicht mit einem funktionierenden Herd ausgestattet ist, nur in so eingeschränktem Maße vertragsgemäß nutzbar, daß die Verfügungsklägerin nicht auf die Geltendmachung ihrer Rechte im ordentlichen Klageverfahren verwiesen werden konnte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, soweit über die Kosten noch streitig zu entscheiden war. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht analog § 708 Nr. 10 ZPO. Von der Anordnung einer Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO wird gemäß § 713 ZPO abgesehen, weil die Voraussetzungen, unter denen gegen das Urteil ein Rechtsmittel zulässig wäre, unzweifelhaft nicht vorliegen. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 543 ZPO nicht bestehen. Der Wert der Beschwer übersteigt 20.000 Euro nicht (vgl. § 26 Nr. 8 EGZPO).
Unterschriften
Muratori, Va...