Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Urteil vom 10.12.2014; Aktenzeichen 72 C 66/14 WEG)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 10.12.2014 verkündete Urteil des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg – 72 C 66/14 WEG – geändert und die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

3. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar

 

Gründe

I.

Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß den §§ 540 Absatz 2, 313 a Absatz 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch gemäß §§ 662, 670 BGB auf Ersatz der Kosten, die für die Instandsetzung des defekten Abwasserrohrs entstanden sind.

Es kann für den vorliegenden Sachverhalt dahinstehen, ob die defekte Abwasserleitung unter der Badewanne im Gemeinschaftseigentum oder im Sondereigentum steht. Wäre sie Bestandteil des Sondereigentums, müsste der Kläger für die Kosten einstehen, weil er sein Sondereigentum instand hat setzen lassen. Geht man hingegen davon aus, dass in der Teilungserklärung die Zuordnung als Teil des Sondereigentums zu Unrecht erfolgte, dann jedenfalls bezieht sich die Pflicht zur Instandsetzung und -haltung auf diese Leitung und wurde wirksam auf den Kläger übertragen. Ein Auftrag der Verwaltung an den Kläger zur Reparatur kann nicht angenommen werden.

Im Einzelnen gilt Folgendes:

Der Schaden war verursacht worden durch eine altersbedingte Undichtigkeit des Abwasserrohrs unterhalb der Badewanne. Das ergibt sich aus der Rechnung der Firma … vom 07.01.2013 (Anlage K4).

Der Bundesgerichtshof hatte in der Entscheidung vom 26.10.2012 (NJW 2013, 1154) einen Sachverhalt zu entscheiden, bei dem die streitgegenständliche Wasserleitung eine Zuleitung war, die im Gemeinschaftseigentum (= Mauer der Dachabseite) belegen, nur der Versorgung des Dachgeschosses zu dienen bestimmt war und um deren Sanierung/-kosten die Parteien stritten. In dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof offengelassen, wann wesentliche Bestandteile des Gebäudes, die sich zwar im Bereich des Gemeinschaftseigentums befinden, aber nur einer Sondereigentumseinheit dienen, im Sinne des § 5 Abs. 1 WEG zu den Räumen dieser Einheit gehören (BGH a.a.O. RN 19). Für maßgeblich hat er gehalten, dass Wasser- und Heizleitungen erst von dem Punkt an ihre Zugehörigkeit zu dem Gesamtnetz verlieren, an dem sie sich durch eine im räumlichen Bereich des Sondereigentums befindliche Absperrvorrichtung hiervon trennen lassen (BGH a.a.O. RN 21).

Der hiesige Sachverhalt mit demjenigen, den der Bundesgerichtshof entschieden hat, nicht ohne weiteres vergleichbar. Denn zum einen liegt die durch Alter beschädigte Leitung im Bereich des Sondereigentums, zum anderen handelt es sich um eine Abwasserleitung. Hier gilt, dass Leitungen, die sich im räumlichen Bereich der Wohnung befinden, von den einzelnen Abzweigungen an dem Sondereigentum zuzuordnen sind. Allerdings nur, wenn sie ohne Eingriff in das Gemeinschaftseigentum verlegt werden können (Armbrüster in Bärmann, WEG, 13.Auflage RN 98 zu § 5; so wohl auch OLG Düsseldorf ZMR 2001, 216 für eine Hebeanlage und deren Zuleitung zur Abwasserleitung für eine einzige Einheit). Da vorliegend der Estrich, der als Dichtungsschicht zwingend im Gemeinschaftseigentum steht (siehe Armbrüster a.a.O.RN 74 mwN), zerstört werden musste, tendiert das Gericht dahin, dass die Leitung nicht im Sondereigentum steht, § 5 Abs. 1 WEG.

Legt man trotz der Abweichungen im Sachverhalt die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zugrunde und hat – weil es sich um Abwasser handelt – eine ventilfreie Leitung, dann gibt es keine Zugriffsmöglichkeit des Wohnungseigentümers und die gesamte Abwasserleitung steht im Gemeinschaftseigentum.

Wenn einem Wohnungseigentümer Sondereigentum nicht wirksam übertragen wurde, weil das betreffende Teil des Wohnanlage zwingend im Gemeinschaftseigentum steht, so kann diese Regelung in eine Abbedingung der Instandsetzungs- und Kostentragungspflicht nach § 16 Abs. 2, § 21 Abs.5 Nr. 2 WEG umgedeutet werden. Insbesondere für Gegenstände, die sich im räumlichen Bereich des Sondereigentums oder innerhalb der Räume des Sondereigentums befinden oder überwiegend allein dem Zugriff des jeweiligen Sondereigentums unterliegen (Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten WEG, 11. Auflage RN 6 zu § 5 WEG). Bevor eine Umdeutung in Betracht kommt, ist zu klären, ob die Teilungserklärung überhaupt eine nichtige Zuordnung zum Sondereigentum vornimmt (N/K/V WEG 11. Auflage RN 13 zu § 16).

Das setzt voraus, dass der teilende Eigentümer einen vom gesetzlichen Verteilungsschlüssel abweichende Kostentragungsregel gewollt hätte, wenn ihm bewusst gewesen wäre, dass die Zuweisung zum Sondereigentum nichtig ist (OLG Hamm ZMR 1997, 193 RN 37 zitiert nach juris). Abzustellen ist auf den objektiven Sinn des im Grundbuch Eingetragenen, so wie er sich für den unbefangenen Betrachte als nächstliegende Bedeutung ergibt.

Das OLG Hamm (ZMR 1997, 193) hatte einen Sachverhalt z...

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