Verfahrensgang

AG Berlin-Schöneberg (Urteil vom 01.02.2001; Aktenzeichen 8 C 453/00)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 1. Februar 2001 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schöneberg – 8 C 453/00 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 a.F. ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist unbegründet, denn das Amtsgericht hat zu Recht entschieden, dass dem Kläger gegenüber dem Beklagten gemäß den §§ 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative, 134 BGB, 5. WiStG keine Rückzahlungsansprüche zustehen, denn die Voraussetzung des § 5 WiStG liegen nicht vor.

Die Anwendung der Vorschrift des § 5 WiStG erfordert, dass ein Vermieter für die Vermietung von Räumen unangemessen hohe Entgelte fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, wobei – ein unangemessen hohes Entgelt anzunehmen ist, wenn es infolge der Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbarem Wohnraum die üblichen Entgelte um mehr als 20 % übersteigt. Dies ist dann der Fall, wenn statt des beanstandeten Mietzinses bei einem ausgewogenen Wohnungsmarkt ein geringerer vereinbart worden wäre (Bub in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., II Rdnr. 689; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl. III Rdnr. 63; Blank in Schmidt/Futterer, Mietrecht, 7. Aufl., nach §§ 535, 536 Rdnr. 70). Hiernach ergeben sich zeitliche Vorgaben für das Vorliegen der einzelnen Tatbestandsmerkmale durch ihre kausale Verknüpfung. Erforderlich ist gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 WiStG ein Kausalzusammenhang zwischen einem geringen Angebot und einem die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 20 % übersteigenden Entgelts. Verbindendes handlungsbezogenes Zwischenglied ist die Ausnutzung in den Handlungsformen des Forderns, sich Versprechenlassens oder Annehmens. Das Vorhandensein eines geringen Angebots ist nur solange tatbestandserheblich, wie es als mitbestimmend für das Verhalten des Vermieters in Betracht kommt (vgl. RE des HansOLG Hamburg vom 3. März 1999, GE 1999, 441; negativer Rechtsentscheid des OLG Braunschweig, RiM 3, 3436). Die Kausalität kann zwar bei Abschluss eines neuen Mietvertrages generell vermutet werden (Beuermann, GE 1997, 582; Bohnert, Ordnungswidrige Mietpreiserhöhung, 2. Aufl., Seite 555; und wohl auch HansOLG Hamburg a.a.O.), weil aller Anschein dafür spricht, dass ein Mieter sich bei einem ausgewogenen Wohnungsmarkt nicht auf einen für ihn ungünstigen Mietzins einlässt, sondern eine günstigere vergleichbare Wohnung anmietet. Anders verhält es sich hingegen bei der Vereinbarung einer überhöhten Miete im laufenden Mietverhältnis, die der Vermieter nicht einseitig durchsetzen kann. Hier mag zwar grundsätzlich die Verwirklichung des Tatbestandes von § 5 WiStG nicht ausgeschlossen sein (Bub, a.a.O., II Rdnr. 681 b; Beuermann, Miete und Mieterhöhung bei preisfreiem Wohnraum, 3. Aufl., § 5 WiStG, Rdnr. 15 b; ders., GE 1997, 582; Sternel, a.a.O., Rdnr. 58), es bedarf jedoch der Feststellung, dass die Mangellage an vergleichbarem Wohnraum zumindest mitursächlich für die Vereinbarung war, weil der Mieter viele Gründe haben kann, einem Erhöhungsverlangen uzustimmen oder einen erhöhten Mietzins zu vereinbaren (ebenso LG Hamburg, GE 2001, 991; LG Berlin, GE 1999, 1133; und wohl auch Sternel, a.a.O.).

Hiernach ist eine Verwirklichung des Tatbestandes des § 5 WiStG für den vorliegend maßgeblichen Zeitraum nicht anzunehmen, denn die vom Kläger behauptete Mietzinsüberhöhung seit September 2000 resultiert aus der Mieterhöhung aus dem Jahre 1994 und nicht aus der Mietzinsvereinbarung vom 3. August 1991. Für die Vereinbarung eines erhöhten Mietzinses im Jahre 1994 war ein Mangel an vergleichbarem Wohnraum nicht ursächlich, denn ein Mieter, der sich während des laufenden Mietverhältnisses einer vermeintlich unberechtigten Mietzinsforderung gegenüber sieht, ist nicht der typischen durch § 5 WiStG sanktionierten Marktverzerrung aufgrund einer Mangellage ausgesetzt, sondern kann dem Vermieter das Risiko der Durchsetzung einfach durch Nichterfüllung auferlegen (ebenso LG Berlin, GE 1999, 1133 und Rechtsprechung der Kammer, 65 S 303/99).

Die Ansicht der Zivilkammer 62 des Landgerichts Berlin (GE 2001, 554), wonach auch im laufenden Mietverhältnis beim Fordern eines überhöhten Entgeltes bei geringem Angebot grundsätzlich von einem Ausnutzen auszugehen ist, teilt die Kammer nicht. Mit dem Begriff „Annehmen” wird vielmehr deutlich gemacht, dass es sich bei § 5 WiStG um ein Dauerdelikt handelt (Beuermann, Miete und Mieterhöhung bei preisfreiem Wohnraum, 3. Aufl., § 5 WiStG, Rdnr. 6 a). Für die Maßgeblichkeit des ursächlichen, nicht aber des zeitlichen Zusammenhangs zwischen geringem Angebot an vergleichbarem Wohnraum und überhöhtem Entgelt spricht entschieden der Zweck des § 5 WiStG, Wettbewerbsstörungen am Wohnungsmarkt zu unterbinden. In diesem Zusammenhang kann der Mieter auch nicht darauf ver...

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