Entscheidungsstichwort (Thema)

Mietpreisüberhöhung: Vereinbarung einer überhöhten Miete im laufenden Mietverhältnis

 

Leitsatz (amtlich)

Bei Vereinbarung einer überhöhten Miete im laufenden Mietverhältnis, die der Vermieter nicht einseitig durchsetzen kann, wird keine Mangellage im Sinne des § 5 WiStG ausgenutzt (hier: Umstellung einer Bruttomiete auf eine Nettomiete).

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das am 5. September 2001 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schöneberg - 14 C 199/01 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 a.F. ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Kläger ist unbegründet, denn das Amtsgericht hat zu Recht entschieden, dass den Klägern gegenüber dem Beklagten gemäß den §§ 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative, 134 BGB, 5 WiStG keine Rückzahlungsansprüche zustehen, denn die Voraussetzungen des § 5 WiStG liegen nicht vor.

Die Anwendung der Vorschrift des § 5 WiStG erfordert, dass ein Vermieter für die Vermietung von Wohnräumen unangemessen hohe Entgelte fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, wobei ein unangemessen hohes Entgelt anzunehmen ist, wenn es infolge der Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbarem Wohnraum die üblichen Entgelte um mehr als 20 % übersteigt. Dies ist dann der Fall, wenn statt des beanstandeten Mietzinses bei einem ausgewogenen Wohnungsmarkt ein Geringerer vereinbart worden wäre (Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., II Rn. 689; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., III Rn. 63; Blank in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 7. Aufl., nach § 535, 536 Rn. 70). Hiernach ergeben sich zeitliche Vorgaben für das Vorliegen der einzelnen Tatbestandsmerkmale durch eine kausale Verknüpfung. Erforderlich ist gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 WiStG ein Kausalzusammenhang zwischen einem geringen Angebot und einem die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 20 % übersteigenden Entgelts. Verbindendes handlungsbezogenes Zwischenglied ist die Ausnutzung in den Handlungsformen des Forderns, Sich-Versprechen-Lassens oder Annehmens. Das Vorhandensein eines geringen Angebots ist nur so lange tatbestandserheblich, wie es als mitbestimmend für das Verhalten des Vermieters in Betracht kommt (vgl. Rechtsentscheid des HansOLG Hamburg vom 3. März 1999, GE 1999, 441; negativer Rechtsentscheid des OLG Braunschweig, RiM 3, 3436). Die Kausalität kann zwar bei Abschluss eines neuen Mietvertrages generell vermutet werden (Beuermann, GE 1997, 582; Bohnert, Ordnungswidrige Mietpreiserhöhung, 2. Aufl., Seite 555; und wohl auch HansOLG Hamburg, a.a.O.), weil aller Anschein dafür spricht, dass ein Mieter sich bei einem ausgewogenen Wohnungsmarkt nicht auf einen für ihn ungünstigen Mietzins einlässt, sondern eine günstigere vergleichbare Wohnung anmietet. Anders verhält es sich hier hingegen bei einer Vereinbarung einer überhöhten Miete im laufenden Mietverhältnis, die der Vermieter nicht einseitig durchsetzen kann. Hier mag zwar grundsätzlich die Verwirklichung des Tatbestandes von § 5 WiStG nicht ausgeschlossen sein (Bub, a.a.O. II Rn. 681 b; Beuermann, Miete und Mieterhöhung bei preisfreiem Wohnraum, 3. Aufl., § 5 WiStG, Rn. 15 b; derselbe, GE 1997, 582; Sternel, a.a.O., Rn. 58), es bedarf jedoch der Feststellung, dass die Mangellage an vergleichbarem Wohnraum zumindest mit ursächlich für die Vereinbarung war, weil der Mieter viele Gründe haben kann, einem Erhöhungsverlangen zuzustimmen oder einen erhöhten Mietzins zu vereinbaren (ebenso LG Hamburg, GE 2001, 991; LG Berlin, GE 1999, 1133; und wohl auch Sternel, a.a.O.).

Hiernach ist eine Verwirklichung des Tatbestandes des § 5 WiStG für den vorliegend maßgeblichen Zeitraum nicht anzunehmen, denn die von den Klägern behauptete Mietzinsüberhöhung seit Januar 1997 resultiert aus der Vereinbarung vom 26. Mai 1995, mit der die Mietzinsstruktur verändert wurde, und nicht aus der Mietzinsvereinbarung vom 2. März 1992. Für die Vereinbarung vom 26. Mai 1995 war jedoch ein Mangel an vergleichbarem Wohnraum nicht ursächlich, denn ein Mieter, der sich während des laufenden Mietverhältnisses einer vermeintlich unberechtigten Mietzinsforderung gegenüber sieht, ist nicht der typischen durch § 5 WiStG sanktionierten Marktverzerrung aufgrund einer Mangellage ausgesetzt, sondern kann dem Vermieter das Risiko der Durchsetzung einfach durch Nichterfüllung auferlegen (ebenso LG Berlin, GE 1999, 1133 und die Rechtsprechung der Kammer zu 65 S 303/99 und 65 S 104/01).

Die Ansicht der Zivilkammer 62 des Landgerichts Berlin (GE 2001, 554), wonach auch im laufenden Mietverhältnis beim Fordern eines überhöhten Entgeltes bei geringem Angebot grundsätzlich von einem Ausnutzen auszugehen ist, teilt die Kammer nicht. Mit dem Begriff "annehmen" wird vielmehr deutlich gemacht, dass es sich bei § WiStG um ein Dauerdelikt handelt (Beuermann, Miete und Mieterhöhung bei preisfreiem Wohnraum, a....

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