Entscheidungsstichwort (Thema)
Heilung einer unwirksamen Staffelmietvereinbarung durch Gesetzesänderung
Leitsatz (amtlich)
Eine vor dem Inkrafttreten des Vierten Mietrechtsänderungsgesetzes (juris: MietRÄndG 4) getroffene Staffelmietvereinbarung, die lediglich den Erhöhungsbetrag aufweist und deshalb unwirksam war, wird auch durch die Gesetzesänderung nicht geheilt.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 12. Juli 1995 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schöneberg - 7 C 151/95 - geändert:
Der Beklagte wird verurteilt, der Mieterhöhung des monatlichen Mietzinses für die in ... Berlin, ..., Vorderhaus, rechter Aufgang, Dachgeschoß links gelegene Wohnung vom 1. März 1995 an von 1.573,21 DM um 315,96 DM auf 1.889,17 DM zuzustimmen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 20 %, der Beklagte 80 %.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist zum größten Teil begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Zustimmung zur Erhöhung des monatlichen Mietzinses für die Wohnung ..., ... Berlin, Vorderhaus, rechter Aufgang, Dachgeschoß links auf 1.889,17 DM ab 1. März 1995.
Eine Mieterhöhung nach § 2 MHG zum 1. März 1995 ist nicht ausgeschlossen. Soweit im erstinstanzlichen Urteil zwar für den Zeitraum ab 16. Dezember 1994 eine wirksame Staffelmietvereinbarung verneint wird, jedoch im Wege ergänzender Vertragsauslegung gleichwohl eine gestaffelte Mieterhöhung angenommen wird, die der Erhöhungsmöglichkeit nach § 2 MHG vorgeht, wird dies der Systematik des Miethöhegesetzes nicht gerecht.
Nach § 10 Abs. 1 MHG ist grundsätzlich jede Vereinbarung unwirksam, die zum Nachteil des Mieters von den Vorschriften der §§ 1 - 9 MHG abweicht, mit Ausnahme des hier nicht vorliegenden Falles, daß ein Mieter während des Bestehens des Mietverhältnisses einer Mieterhöhung um einen bestimmten Betrag zugestimmt hat. Die Regelung unter § 23 des Mietvertrages, wonach automatisch und ohne Zustimmungserfordernis des Mieters der Mietzins alle zwei Jahre um 60,00 DM steigt, ist grundsätzlich nachteilig für den Mieter. Daß sie im konkreten Fall aufgrund der Mietpreisentwicklung in Berlin vom Beklagten als Vorteil empfunden wird, ist dagegen unerheblich, da die Zulässigkeit einer von §§ 1 - 9 MHG abweichenden Mietzinsvereinbarung nicht unterschiedlich beurteilt werden kann, je nachdem, in welchem Zeitraum der Mietzins um welchen Betrag erhöht werden soll. Eine solche Form einer relativen Unwirksamkeit ist dem Zivilrecht fremd.
Von dieser grundsätzlichen Unwirksamkeit macht § 10 Abs. 2 MHG für dieser Vorschrift entsprechende Staffelmietvereinbarungen eine Ausnahme. Dafür, daß die von den Parteien getroffene Vereinbarung lediglich bis zum 15. Dezember 1994 der Vorschrift von § 10 Abs. 2 MHG a. F. entsprach, kann auf das Urteil der Kammer vom 24. April 1992, Seite 3/4 aus dem Vorprozeß 65 S 334/91 verwiesen werden. An der Nichtigkeit der darüber hinausgehenden Regelung ändert die Neuregelung des Vierten Mietrechtsänderungsgesetzes vom 21. Juli 1993 nichts. Eine aufgrund der bisherigen Rechtslage unwirksame vertragliche Vereinbarung kann nicht ohne ausdrückliche Regelung des Gesetzgebers durch eine spätere Gesetzesänderung geheilt werden. Da also die Ausnahmeregelung des § 10 Abs. 2 MHG a. F. nicht eingreift, bleibt es bei der grundsätzlichen Unwirksamkeit der Vereinbarung nach § 10 Abs. 1 MHG, ohne daß es darauf ankommt, was die Parteien übereinstimmend gewollt haben.
Das Mieterhöhungsverlangen des Klägers scheitert auch nicht deshalb, weil er an einer Erhöhung über die unwirksam vereinbarten Staffeln hinaus gemäß § 242 BGB gehindert wäre. Zum einen würde hierdurch im Ergebnis eine nur relative Unwirksamkeit herbeigeführt (vgl. dazu oben). Im übrigen ist das Vertrauen des Mieters weder in besonderem Maße schutzwürdig, noch liegt in der unwirksamen Staffelmietvereinbarung eine Selbstbeschränkung des Klägers in der Weise, daß es ihm wegen des allgemeinen Verbots widersprüchlichen Verhaltens verwehrt ist, in vollem Umfang auf die ortsübliche Vergleichsmiete zurückzugreifen. Zur Begründung wird auf die Ausführungen der Kammer in ihrem Urteil vom 23. Oktober 1992 - 65 S 115/92 - (GE 1993, 95 (96)) verwiesen.
Das Zustimmungsverlangen nach § 2 MHG vom 12. Dezember 1994 ist formwirksam. Daß das Zustimmungsverlangen im Namen des Klägers erfolgt ist, kommt ausreichend deutlich dadurch zum Ausdruck, daß der Prozeßbevollmächtigte des Klägers es "als Verwalter des Hauses" geltend gemacht hat.
Allerdings ist in dem Mieterhöhungsverlangen die Kappungsgrenze nicht eingehalten worden, weil der Erhöhungsbetrag von 30 % von dem Mietzins von 1.513,21 DM aus errechnet worden ist und hiervon 60,00 DM (Erhöhungsbetrag zum 15. Dezember 1992) abgezogen worden sind. Korrekt hätte aber der Erhöhungsbetrag ausgehend von dem um 60,00 DM geringeren Mietzins von vor Dezember 1992 berechnet werden müs...