Entscheidungsstichwort (Thema)
Mietvertrag: Kündigungssperrfrist bei Veräußerung
Orientierungssatz
Eine "Veräußerung" im Sinne des BGB § 564b Abs 2 Nr 2 S 2 ist auch dann anzunehmen, wenn nach Umschreibung des Eigentums ein Nießbrauch zugunsten des Veräußerers in das Grundbuch eingetragen wird.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 12. November 1991 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schöneberg - 11 C 406/91 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
Die auf künftige Räumung gerichtete Klage ist zulässig. Denn wie sich aus §§ 257, 259 ZPO ergibt, ist eine Klage auf künftige Räumung von Wohnraum zwar nicht generell, jedoch dann - und zwar auch vor Ablauf der Widerspruchsfrist des 9556 a BGB - zulässig, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, daß der Mieter die Wohnung nicht rechtzeitig räumt. Diese Besorgnis ist nach allgemeiner Auffassung gerechtfertigt, wenn der Mieter die Wirksamkeit der Kündigung bestritten hat (OLG Karlsruhe, Wohnungswirtschaft und Mietrecht, 1983, 253; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., V Rdnr. 34; Emmerich-Sonnenschein, Miete, 5. Aufl., § 556 Rdnr. 20).
Diese besonderen Voraussetzungen für eine Klage auf künftige Räumung sind vorliegend gegeben, da die Beklagten auch die Wirksamkeit der zuletzt ausgesprochenen Kündigung vom 18. Februar 1991, auf die der Kläger seinen mit der Berufung weiterverfolgten Räumungs- und Herausgabeanspruch gegen die Beklagten stützt, bestreiten und sogar vorprozessual die Erhebung einer Feststellungsklage in Aussicht gestellt haben.
Die Klage ist jedoch nicht begründet.
Die Kündigung des Klägers vom 18. Februar 1991 ist, weil innerhalb der Sperrfrist des § 564 b Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 BGB ausgesprochen, unwirksam (vgl. OLG Hamm, NJW 1981, 584) und hat deshalb nicht zu einer Beendigung des zwischen den Parteien bestehenden Mietverhältnisses geführt. Die Beklagten sind daher zur Räumung und Herausgabe der von ihnen innegehaltenen Wohnung nicht gemäß § 556 Abs. 1 BGB verpflichtet.
Entgegen der Ansicht des Klägers greift die Sperrfrist des § 564 b Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 BGB ein. Denn die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen dieser Vorschrift sind gegeben. An der Streitwohnung ist, nachdem diese den Beklagten mit Mietvertrag vom 6. September 1968 überlassen worden war, im Jahre 1980 Wohnungseigentum begründet worden, das der Kläger sodann mit notariellem Vertrag vom 13. Oktober 1989 schenkweise an seine Tochter veräußert hat. Damit sind die Voraussetzungen des § 564 b Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 BGB erfüllt.
Daran vermag der Umstand nichts zu ändern, daß in dem notariellen Vertrag vom 13. Oktober 1989 die Parteien des Schenkungsvertrages "nach Umschreibung des Eigentums" die Eintragung eines lebenslänglichen Nießbrauchsrechts zugunsten des Schenkers (Klägers) bewilligt und beantragt haben und daraufhin ein Nießbrauch zugunsten des Klägers in das Grundbuch eingetragen worden ist. Denn auch wenn man der Ansicht des Klägers folgte, daß - entgegen dem Wortlaut des § 564 b Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 BGB - für das Eingreifen der Sperrfrist nicht auf die Übertragung des Eigentums, sondern auf die der Vermieterstellung abzustellen ist, käme man zu keinem anderen Ergebnis, weil die Vermieterstellung zumindest für eine logische Sekunde (vgl. Schopp, ZMR 1952, 39; offengelassen für den Fall des "Vorbehalts des Nießbrauchs" von BGH, NJW 1983, 1780 ff., 1781) mit der Eintragung des Eigentums der Tochter des Klägers gemäß § 571 Abs. 1 BGB auf diese übergegangen ist, um danach mit der Eintragung des Nießbrauchs gemäß §§ 577 Satz 1, 571 Abs. 1 BGB auf den Kläger zurückzufallen. Die Eintragung des Nießbrauchs zugunsten des Klägers setzt nämlich die vorangehende Eintragung des Eigentums der Tochter des Klägers voraus. Dementsprechend ist in dem notariellen Vertrag vom 13. Oktober 1989 auch die Eintragung des Nießbrauchs "nach Umschreibung des Eigentums" bewilligt und beantragt worden.
In die nach allem durch die Veräußerung der Wohnung an die Tochter des Klägers ausgelöste Sperrfrist des § 564 b Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 BGB ist der Kläger mit der Eintragung des Nießbrauchs gemäß §§ 577 Satz 1, 571 BGB eingetreten (vgl. für den Fall der Weiterveräußerung durch den Erwerber BayObLG, NJW 1982, 451 f., 452; Emmerich-Sonnenschein, Miete, 6. Aufl., § 564 b Rdnr. 52). Er kann daher erst nach Ablauf der Frist kündigen.
Damit kann dahinstehen, ob die Kündigung auch gegenüber der Beklagten zu 2) ausgesprochen wurde und hätte ausgesprochen werden müssen, und ob der Kläger tatsächlich Eigenbedarf an der Wohnung für seine Tochter im Sinne von § 564 b Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BGB hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen