Verfahrensgang

AG Berlin-Neukölln (Urteil vom 22.10.2020; Aktenzeichen 20 C 27/20)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Neukölln vom 22. Oktober 2020 teilweise abgeändert und wir folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin wird auf die Widerklage verurteilt, an die Beklagten 822,93 EUR zu zahlen.

Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz hat die Klägerin zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß §§ 313 a, 540 Abs. 2, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie ist teilweise begründet. Die der Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang eine andere Entscheidung, §§ 513, 529, 546 ZPO.

1. Zutreffend hat das Amtsgericht einen weitergehenden Schadenersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagten aus §§ 280 Abs. 1 Satz 1, 241 Abs. 2, 249 Abs. 2 BGB iVm § 4 Ziff. 6 des Mietvertrages vom 13. Februar 2006 verneint.

Eine schuldhafte Verletzung vertraglicher (Neben-)Pflichten liegt nicht vor.

Der Pflichtenkreis der Beklagten und ein etwaiges Verschulden der Beklagten wird hier – bezüglich der im Streit stehenden Türrahmen und Tür(en) – durch die von der Rechtsvorgängerin der Klägerin vorformulierte Mietvertragsklausel zur Übertragung der Ausführung der Schönheitsreparaturen bestimmt. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hat (unter anderem) diesen Teil der sie nach dem Gesetz treffenden Instandhaltungspflicht, § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB, auf die Beklagten als Mieterinnen übertragen.

Die formularvertragliche Regelung formuliert als Verpflichtung des Mieters (unter anderem) „das Streichen der Innentüren.”

Die vom Amtsgericht festgestellte Unklarheit des Wortlautes der mietvertraglichen Formularklausel und die von ihm zugrunde gelegten möglichen Auslegungsergebnisse sind nicht zu beanstanden. Das von der Klägerin gewünschte Ergebnis einer Verpflichtung der Beklagten, die nach dem Vortrag der Klägerin unter Hinweis auf das Übergabeprotokoll bei Übergabe der Wohnung im Jahre 2006 an sie abgeschliffenen Türrahmen und Türen zu ölen, lässt sich schon mit dem Wortlaut der Klausel nicht in Übereinstimmung bringen. Sie selbst differenziert zwischen Ölen und Streichen; ein Ölen sieht die Klausel nicht vor.

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden (st. Rspr.; BGH, Urt. v. 3.12.2014 – VIII ZR 224/13, nach juris Rn. 16; Urt. v. 18. Juli 2012 – VIII ZR 337/11, juris; v. 9. April 2014 – VIII ZR 404/12, nach juris Rn. 57; jew. mwN).

Dies zugrunde gelegt, haben die Beklagten zu Recht geltend gemacht, dass Altbautüren üblicherweise mit einem weißen Farbanstrich versehen werden und sie die übernommene Schönheitsreparaturverpflichtung mangels abweichender Vorgaben dahin verstehen durften, dass die Rahmen und Türen – wie allgemein üblich – weiß zu streichen sind. Eine vom üblichen Standard abweichende Verpflichtung der Beklagten hätte die Rechtsvorgängerin der Klägerin klar zum Ausdruck bringen müssen, § 305c BGB; die Klägerin muss gemäß § 566 BGB die mietvertragliche Klausel für und gegen sich wirken lassen.

Soweit die Klägerin in ihrer Stellungnahme zum Hinweis der Kammer geltend macht, dass allgemeine Schönheitsreparaturklauseln notwendigerweise abstrakt formuliert sind, so rechtfertigt das vor dem Hintergrund der Maßstäbe in den §§ 305ff. BGB keine abweichende rechtliche Beurteilung. Wenn die Verwenderin vom Üblichen (und dem Gesetz) abweichende Verpflichtungen des Mieters als Verbraucher, § 13 BGB, (vor-)formulieren möchte, muss sie dafür Sorge tragen, dass diese sich aus dem (Formular-)Vertrag klar ergeben. Aus § 305c BGB ergibt sich eindeutig, dass jede Unklarheit zu Lasten des Verwenders der Klausel geht.

Ebenfalls ohne Erfolg macht sie geltend, dass ein Farbanstrich auf einer geölten Tür nicht fachgerecht ausgeführt werden könne. Dass der von den Beklagten aufgebrachte Farbanstrich nicht fachgerecht sei, hat sie erstinstanzlich nicht behauptet. Soweit sie meint, dass die Beklagten hätten erkennen müssen, dass das Aufbringen eines Farbanstrichs auf einer geölten Tür nicht fachgerecht ist, lässt sie bereits im Ansatz unberücksichtigt, dass sie selbst (nur) die Übergabe in „abgeschliffenem” Zustand vorgetragen hat, was in Übereinstimmung zum Vortrag der Beklagten steht, die eine Übergabe abgebeizter Türrahmen und Tür(en) vorgetragen haben.

Die Beklagten mussten ohne abweichende Anweisungen der Vermieterin nicht erkennen, dass auf abgebeizten Türen/Rahmen kein Farbanstrich aufgebracht werden darf bzw. dies nicht fachgerecht ist.

Die formularvertragliche Vorgabe „fachgerecht” bezi...

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