Entscheidungsstichwort (Thema)
Mietpreisüberhöhung: Zweckentfremdungsverbotverordnung als Indiz für geringes Angebot an vergleichbarem Wohnraum in Berlin. Mietpreisüberhöhung: Unwirksamkeit einer Staffelmietvereinbarung
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Darlegung eines "geringen Angebotes an vergleichbarem Wohnraum" im Sinne von § 5 WiStG kann sich der Mieter bei einem im Jahre 1999 abgeschlossenen Mietvertrag nicht mehr darauf berufen, daß wegen der Existenz einer Zweckentfremdungsverbot-Verordnung und einer Verordnung zur Ausweisung Berlins als Gebiet mit gefährdeter Wohnraumversorgung ein geringes Angebot indiziert sei.
2. Ist eine Staffelmietvereinbarung wegen Überschreitung der 10-Jahres-Frist nach § 10 Abs. 2 MHG unwirksam, so erfaßt die Unwirksamkeit nicht auch den vereinbarten Ausgangsmietzins.
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das am 20.März 2002 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg teilweise geändert:
Die Klage wird abgewiesen, soweit der Beklagte zur Zahlung von mehr als 2.904,92 Euro nebst 4% Jahreszins seit dem 8.Mai 2001 verurteilt worden ist.
II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 8/9 und der Beklagte 1/9 zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger zu 17/20 und dem Beklagten zu 3/20 auferlegt.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenpartei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
V. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger verlangt die Rückzahlung von Mietzinsteilbeträgen für die Zeit von Januar 1997 bis Januar 2001.
Wegen des erstinstanzlichen Parteivortrags und Prozeßgeschehens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen. Das Amtsgericht hat durch das am 20.März 2002 verkündete Urteil den Beklagten zur Rückzahlung eines Teilbetrages von 38.578,14 DM verurteilt und zur Begründung ausgeführt, die zwischen den Parteien getroffenen Staffelmietzinsvereinbarungen seien unwirksam, weshalb der Beklagte nur den ortsüblichen Vergleichsmietzins habe verlangen können.
Gegen das am 26.März 2002 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 19.April 2002 Berufung eingelegt und diese am 17.Mai 2002 begründet.
Er beantragt,
unter Änderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Beide Parteien wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist statthaft und auch sonst zulässig. In der Sache hat sie jedoch nur zum Teil Erfolg. Der Beklagte ist für die Zeit von Januar 1997 bis Juni 1999 zur Rückzahlung von insgesamt 2.904,92 Euro verpflichtet. Die weitergehende Klage ist hingegen unbegründet.
A) Die Berufung ist begründet, soweit sich der Beklagte gegen die Verurteilung zur Rückzahlung von Mietzins aus dem Mietverhältnis über die Wohnung in der ... wendet.
I. Der Beklagte ist insbesondere nicht wegen des Verstoßes der Staffelmietzinsvereinbarung gegen § 10 Abs.2 S.2 MHG zur Rückzahlung des über den ortsüblichen Vergleichsmietzins hinausgehenden Mietzinses verpflichtet. Der Verstoß führt nur zu einer Unwirksamkeit der vereinbarten Staffelerhöhungen, nicht hingegen zur Unwirksamkeit der Vereinbarung über den Ausgangsmietzins. Denn § 10 Abs.2 MHG die (beschränkte) Möglichkeit zur Vereinbarung von Staffelerhöhungen als vorweggenommene Mietzinserhöhungen. Die Vereinbarung des Ausgangsmietzinses wird vom Regelungsbereich des § 10 Abs.2 MHG nicht betroffen, selbst wenn dieser Ausgangsmietzins bisweilen als "erste Staffelstufe" bezeichnet wird.
II. Der Beklagte ist auch nicht nach § 812 BGB i.V.m. § 134 BGB, § 5 WiStG zur Rückzahlung von Mietzins aus diesem Mietverhältnis verpflichtet, denn es ist nicht festzustellen, daß zu dem maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses (vgl. OLG Hamburg, Rechtsentscheid vom 3.März 1999, GE 1999, 441) ein geringes Angebot an vergleichbarem Wohnraum bestand. Die Kammer folgt zwar in ständiger Rechtsprechung der Ansicht, daß sich aus der Existenz der Zweckentfremdungsverbotsverordnung und der Verordnungen zur Bestimmung Berlins als Gebiet mit gefährdeter Wohnraumversorgung ein tatsächliches Indiz dafür ergibt, daß ein geringes Angebot an Wohnungen mit normaler Ausstattung in normaler Lage besteht (GE 1998, 745). Auf ein solches Indiz kann sich der Mieter jedoch jedenfalls für das Jahr 1999 nicht mehr berufen. Denn die Grundlage der Indizwirkung, daß der Verordnungsgeber tatsächliche Feststellungen getroffen hat, die weitere Aufrechterhaltung der Verordnungen rechtfertigen, ist auf der Grundlage der Entscheidung des OVG Berlin vom 13.Juni 2002 (GE 2002, 1128) jedenfalls ab 1999 erschüttert. Zwar hat das OVG das Außerkrafttreten der Zweckentfremdungsverbotsverordnung ers...