Leitsatz (amtlich)
1. Modernisiert ein Wohnungsmieter mit Zustimmung des Vermieters auf eigene Kosten das Badezimmer der Wohnung, baut dort neue Sanitärobjekte ein und bringt erstmals Fliesen an, so mag ein nachfolgend durch Erwerb des Grundstücks nach § 566 BGB in das Mietverhältnis eingetretener Vermieter zwar Eigentümer dieser Einbauten geworden sein. Die formale Eigentümerstellung des Vermieters hindert den Mieter aber nicht an einer neuerlichen Modernisierung des Badezimmers, denn er bleibt gemäß § 539 Abs. 2 BGB berechtigt, die von ihm eingebrachten Einbauten wieder wegzunehmen und durch neue zu ersetzen.
2. Nimmt ein Wohnungsmieter eigenmächtig bauliche Maßnahmen in der Wohnung vor, so stellt allein dies und die unterbliebene Einbindung des Vermieters noch nicht notwendig einen Grund für die Kündigung des Mietverhältnisses dar. Handelt es sich objektiv um eine wohnwertverbessernde Modernisierung und trägt der Vermieter einen sachlichen Grund für die Verweigerung einer rechtzeitig erbetenen Erlaubnis nicht vor, liegt eine hinreichend erhebliche Verletzung mietvertraglicher Pflichten nicht vor.
Das kann selbst dann gelten, wenn die Maßnahme mangelhaft ausgeführt wurde, sodass die angestrebte Wohnwertverbesserung in Frage steht. Dem Vermieter mag dann zwar ein Anspruch auf Rückbau und Wiederherstellung des vorherigen Zustandes zustehen. Ist dem Mieter der von ihm geschaffene Zustand gleichwohl genehm und hat er dafür erhebliche Kosten auf sich genommen, so kann es dem Vermieter zuzumuten sein, seinen Anspruch auf Wiederherstellung des vormaligen Zustandes bis zum Ende des Mietverhältnisses und der Fälligkeit seines Anspruchs auf Rückgabe der Mietsache im ordnungsgemäßen Zustand zurückzustellen.
3. Der fachgerechte Einbau einer abgehängten Decke mit Beleuchtungselementen stellt einen Eingriff in die Bausubstanz nicht dar und bedarf deswegen keiner vorherigen Erlaubnis des Vermieters.
4. Je nach den Umständen des Einzelfalls rechtfertigt der Versuch eines Mieters, das Prozessgericht über für den Rechtsstreit relevante Tatsachen zu täuschen, nicht zwangsläufig die Kündigung des Mietverhältnisses. Ging von dem Täuschungsversuch objektiv keine Gefahr für das Vermögen und die berechtigten wirtschaftlichen Interessen des Vermieters aus und hat der Vermieter seinerseits wiederholt die Vertragsrechte des Mieters missachtet, indem er die Existenz eines Mietverhältnisses in Abrede gestellt sowie zahlreiche unberechtigte Kündigungen erklärt hat, mag der einmalige Verstoß des Mieters gegen seine Vertragspflichten noch nicht hinreichend schwer wiegen, um die Beendung des Mietverhältnisses zu rechtfertigen.
Verfahrensgang
AG Berlin-Charlottenburg (Urteil vom 13.01.2023; Aktenzeichen 221 C 350/21) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 13. Januar 2023 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg – 221 C 350/21 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision der Klägerin wird zugelassen.
Der Streitwert wird auch für den Berufungsrechtszug auf bis zu 7.000,00 EUR (12 × 501,55 EUR) festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Klägerin als Vermieterin nimmt die Beklagten auf Räumung der seit Dezember 1972 der Beklagten zu 2) vermieteten Wohnung in Anspruch. Sie stützt sich auf Kündigungserklärungen vom 27. August 2021 und aus der Klageschrift vom 4. November 2021 wegen ungenehmigter Umbaumaßnahmen und wegen Verweigerung einer Wohnungsbesichtigung sowie auf Kündigungserklärungen vom 1. März 2022 und vom 15. Dezember 2022 wegen unwahren Parteivortrags vor und während des Rechtsstreits.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes einschließlich der im ersten Rechtszug zur Verhandlung gestellten Sachanträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angegriffenen Urteils Bezug genommen, das der Klägerin am 16. Januar 2023 zugestellt worden ist. Ergänzend wird auf den als Anlage B7 zur Klageerwiderung (vgl. Bl. I/75 ff. d. A.) eingeführten vorgerichtlichen Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 18. August 2021 Bezug genommen. Die Beklagte ließ dort unter anderem folgendes vortragen: Die von der Klägerin gerügten Baumaßnahmen „gehen überwiegend auf Baumaßnahmen aus dem Jahre 1991 zurück und geschahen allesamt in Abstimmung mit der (damaligen) Eigentümerin.” Weiter heißt es auf Seite 3 des Schreibens auszugsweise: „1. Der Einzug einer neuen Wand zwischen Küche und Bad mit transparenten Glaselementen fand im Jahre 1991 in Absprache mit der damaligen Eigentümerin statt. Ebenso wurde seinerzeit die jetzt dort vorhandene Verfliesung eingebracht.” Entsprechend heißt es auch in der Klageerwiderung: „Die von der Klägerin beschriebenen Maßnahmen (3 Durchbrüche für transpar...