Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnraummiete: Rückzahlung überzahlter Miete bei formungültiger Mieterhöhung im sozialen Wohnungsbau
Leitsatz (amtlich)
Waren die Mieterhöhungserklärungen nach § 10 WoBindG unwirksam, kann der Mieter Rückforderungsansprüche geltend machen, es sei denn, es war eine zulässige Mietgleitklausel im Sinne des § 4 Abs. 8 Satz 1 NMV vereinbart. Bei einer formungültigen Mieterhöhungserklärung besteht ein Rückzahlungsanspruch trotz wirksamer Mietgleitklausel dann, wenn der Mieter die erhöhte Miete unter Vorbehalt gezahlt hat.
Orientierungssatz
Zitierung: Abgrenzung BGH, 22. April 1981, VIII ZR 103/80, NJW 1982, 1587.
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 18. Dezember 2002 verkündete Urteil des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg - 5 C 1/01 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Von der Darstellung des Tatbestandes wird im Übrigen gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
II.
A. Die Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO).
B. In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg.
Die Kläger haben einen Anspruch auf Rückzahlung überzahlter Miete i.H.v. 8.414,35 EUR aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB.
Auf die zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen. Insbesondere hat das Amtsgericht zu Recht ausgeführt, dass die von den Klägern gezahlten Mieten im Umfang der Verurteilung ohne rechtlichen Grund geleistet wurden. Wer Herausgabe wegen Erfüllung einer Nichtschuld verlangt, hat darzulegen und zu beweisen, dass er zur Erfüllung einer bestimmten Verbindlichkeit geleistet und die Verbindlichkeit nicht bestanden hat (vgl. BGH NJW-RR 1992, 1214). Für das Fehlen eines die Vermögensverschiebung rechtfertigenden Grundes trifft den Bereicherungsgläubiger die Darlegungs- und Beweislast (vgl. BGH NJW 1995, 727; BGHZ 128, 167). Dabei genügt jedoch regelmäßig der Beweis, dass die vom Bereicherungsschuldner - auch hilfsweise - behaupteten Rechtsgründe nicht bestehen (vgl. BGH NJW 1990, 392). Demgegenüber braucht er im Einzelnen nicht darzulegen und zu beweisen, dass der Leistung auch kein anderer Rechtsgrund zugrunde liegt (BGH NJW 1999, 2887, vgl. auch BGH NJW 2003, 1039). Die Kläger haben vorliegend dargelegt, dass die im Mietvertrag bestimmte Eingangskostenmiete ohne Umlagenvorschuss i.H.v. 452,06 DM bis Mai 1995 seine Gültigkeit behielt, weil die bis dahin erklärten Mieterhöhungserklärungen unwirksam sind. Sie genügen nicht den Anforderungen der §§ 4 Abs. 7 NMV 1970, 10 Abs. 1 WoBindG. Bei den Erklärungen vom 20. August 1991 (Bl. 30 d.A.), vom 20. Januar 1992 (Bl. 31 f. d.A.), vom 11. August 1992 (Bl. 33 ff. d.A.), vom 5. Mai 1993 (Bl. 37 d.A.), vom 12. August 1993 (Bl. 38 d.A.), 18. Februar 1994 (Bl. 40 d.A.) und vom 25. Februar 1994 (Bl. 39 d.A.) sind unwirksam, denn es fehlt jeweils an einer hinreichenden Erläuterung der Erhöhung in der Erklärung. Ferner fehlt es bei den Erklärungen vom 20. Januar 1992 und 11. August 1992 an der zur Wahrung der Schriftform erforderlichen Unterschrift bzw. im Hinblick auf § 10 Abs. 1 Satz 5 WoBindG an der Bezeichnung der konkret handelnden Person (vgl. LG Hamburg WuM 1993, 65). Soweit die Beklagte demgegenüber geltend macht, dass es auf die Wirksamkeit der Erklärung gar nicht ankommt, weil die Kläger die Kostenmiete schulden und die gezahlten Beträge auch nur diese decken, so überzeugt dies nicht. Dem Vermieter steht nicht ohne weiteres die Kostenmiete zu. §§ 8, 10 Abs. 1 WoBindG bestimmen, dass der Vermieter die Kostenmiete verlangen kann, daraus folgt nicht, dass sie ihm zusteht. Rechtsgrundlage kann daher entweder nur eine vertragliche Vereinbarung sein oder aber die wirksame Erhöhungserklärung nach § 10 Abs. 1 WoBindG, die die Mieterhöhung gestaltend herbeiführt (OLG Karlsruhe WM 1986, 166 = GE 1986, 553 = NJW-RR 1986, 887; LG Berlin - Zivilkammer 64 - MM 1989, 88; Kammer in WuM 2000, 307 f.). Die Mietgleitklausel in § 3 Nr. 6 des Mietvertrags vom 13. Januar 1989 (Bl. 5 ff. d.A.) stellt auch in Verbindung mit der Anlage zum Mietvertrag keinen Rechtsgrund für die Mieterhöhung dar. Die Klausel bestimmt, dass alle allgemeinen oder im konkreten Fall eintretenden Mieterhöhungen und/oder Erhöhungen sowie Neueinführungen von Nebenkosten und Grundstückslasten jeder Art vom Zeitpunkt des Eintritts ab vereinbart und vom Mieter zu zahlen sind. In der Anlage wird auf die Preisgebundenheit der Wohnung Bezug genommen und bestimmt, dass die Miete nur so hoch sein darf, dass die laufenden Aufwendungen des Vermieters gedeckt werden. Eine ausdrückliche Bestimmung, dass die jeweils zulässige Kostenmiete als vertragliche Miete vereinbart und von den Klägern geschuldet ist, kann dem Vertrag darüber hinaus nicht entnommen w...