Nachgehend

BGH (Beschluss vom 10.11.2011; Aktenzeichen 5 StR 397/11)

 

Tenor

  • 1.

    Es wird festgestellt, dass der Ausschluss der Klägerin aus dem Beklagten vom 17. Juni 2010 unwirksam ist.

  • 2.

    Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

  • 3.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Ausschließungsbeschlusses.

Die Klägerin ist auf dem Gebiet der Wohnungslosen- und Jugendhilfe tätig. Sie wurde durch ihren früheren Geschäftsführer, Herrn ..., gegründet, der 50% der Gesellschaftsanteile hielt. Weitere 50% hält der Verein ... e.V., ein gemeinnütziger Verein.

Der Beklagte ist ein Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege. Ihm gehören Unternehmen der Gemeinwirtschaft aus dem Bereich der Evangelischen Kirche an. Auch die Klägerin war jedenfalls bis zum 17. Juni 2010 Mitglied des Beklagten.

Der Beklagte ist aufgrund einer Satzung organisiert, in der es u.a. heißt:

"§ 3 Zweck und Aufgaben

...

2. Im Rahmen dieses diakonisch-missionarischen Auftrages fördert und unterstützt es die diakonische Arbeit seiner Mitglieder. Es regt die Errichtung hierfür erforderlicher Einrichtungen, Dienstleistungen und Arbeitsgebiete an, berät hierzu die Mitglieder bei der nachhaltigen Verfolgung ihrer diakonischen Zwecke...

3. Es gibt den Mitgliedern, den Kirchengemeinden und Kirchenkreisen Anregung zum diakonischen Handeln, berät sie, unterstützt die vorhandene diakonische Arbeit und hilft ihnen, diese Arbeit selbständig und in eigener Verantwortung vorzuführen.

...

§ 5 Mitgliedschaft

(1) 1. Mitglieder des diakonischen Werkes können juristische Personen und nicht eingetragene Vereine werden. Mitglieder müssen einen diakonischen Auftrag wahrnehmen, die Bekenntnisgrundlage einer der beteiligten Kirchen annehmen. Ihre Satzung sowie tatsächliche Geschäftsführung müssen diesen Grundlagen entsprechen.

...

(3) Voraussetzung für die Mitgliedschaft ist, dass die angeschlossenen Rechtsträger nach Satzung und tatsächlicher Geschäftsführung die Voraussetzung für die Anerkennung als unmittelbar gemeinnützig, mildtätig oder kirchlich im Sinne des Abschnitts "steuerbegünstigte Zwecke" der Abgabenordnung von 1977 in der jeweils gültigen Fassung erfüllen.

(4) Mitglied kann nicht sein, wer einer Vereinigung angehört, deren Zwecksetzung oder Geschäftsführung mit § 5 Abs. 1 nicht vereinbar ist.

(5) Mitglied kann nicht sein, dessen Zwecksetzung oder Geschäftsführung mit dem in der Präambel und den § 5 Abs. 1 aufgeführten Grundbestimmungen nicht vereinbar ist.

§ 6 Aufnahme, Austritt und Ausschluss von Mitgliedern

...

(3) Mitglieder, die nach Satzung oder tatsächlicher Geschäftsführung die Voraussetzung für die Mitgliedschaft gemäß § 5 Abs. 3, 4 und 5 nicht mehr erfüllen

oder den Satzungsbestimmungen des diakonischen Werkes zuwider handeln, können ausgeschlossen werden. Mitglieder, die sich in Auflösung oder Liquidation befinden oder die die Gemeinnützigkeit verloren haben, können im vereinfachten Verfahren ausgeschlossen werden. Die formelle Feststellung der Beendigung der Mitgliedschaft trifft im vereinfachten Ausschlussverfahren der diakonische Rat, in allen anderen Fällen auf Empfehlung des diakonischen Rates die Mitgliederversammlung.

...

§ 12 Aufgaben der Mitgliederversammlung

Die Mitgliederversammlung hat folgende Aufgaben:

...

7. Beschlussfassung zum Ausschluss auf Empfehlung des diakonischen Rates hin, wenn es sich nicht um die formelle Feststellung der Beendigung der Mitgliedschaft durch den diakonischen Rat handelt gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz.

...

§ 14 Aufgaben des diakonischen Rates

(1) Der diakonische Rat hat folgende Aufgaben:

...

14. Er fasst ... den Beschluss zum Ausschluss gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 1. Halbsatz und gibt die Empfehlung auf Ausschluss gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 2. Halbsatz."

Nachdem aufgrund einer Verkehrskontrolle aufgefallen und dementsprechend in der Presse darüber berichtet worden war, dass die Klägerin als Dienstfahrzeug u.a. einen Maserati Quattro Porte nutzte, wurde seitens des Beklagten Kritik am Geschäftsgebaren der Klägerin laut. Dies bezog sich insbesondere auch auf das Gehalt des seinerzeitigen Geschäftsführers Ebert sowie die Konditionen, zu denen er von der Klägerin ein Haus in Potsdam gemietet hatte.

Im Februar 2010 änderte die Klägerin ihre Satzung und führte in Abstimmung mit dem Beklagten einen Aufsichtsrat ein, dem zunächst der seinerzeitige Vorstand des Beklagten, Herr Dane, angehörte. Dieser wurde am 11. März 2010 wieder entlassen. Am folgenden Tag legte Herr Ehlert sein Amt als Geschäftsführer nieder. Er übertrug in der Folge seine Geschäftsanteile an der Klägerin auf ein Treuhänder, der diese seitdem hält.

In der Folge entstanden bei dem Beklagten Überlegungen, die Klägerin aus dem Verein auszuschließen. Dementsprechend übersandte der Vorstand des Beklagten mit Schreiben vom 28. April 2010 ein Anhörungsschreiben zum eingeleiteten Ausschlussverfahren an die Klägerin. Ausweislich dessen sollt...

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