Entscheidungsstichwort (Thema)
Mieterhöhung in Berlin: Darlegungslast für das wohnwerterhöhende Merkmal "Lage an einer besonders ruhigen Straße"
Orientierungssatz
Der Vermieter trägt die Darlegungslast für das Vorliegen des im Berliner Mietspiegel 2002 vorgesehenen wohnwerterhöhenden Merkmals "Lage an einer besonders ruhigen Straße". Allein der Umstand, dass die zulässige Höchstgeschwindigkeit in der Straße vor dem Haus auf 30 km/h begrenzt ist, genügt nicht, eine besonders ruhige Straße anzunehmen, weil diese Begrenzung in den Wohnstraßen Berlins im Wesentlichen flächendeckend eingeführt worden ist.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten zu 2. wird das am 31. Oktober 2001 verkündete Urteil des Amtsgerichts Tiergarten - 4 C 127/01 - abgeändert und neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO a. F. in Verbindung mit § 26 Nr. 5 EGZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Beklagten zu 2. ist begründet.
Die in I. Instanz auch in Anspruch genommene Mitmieterin, die Beklagte zu 1., hat gegen das Urteil zwar keine Berufung eingelegt. Die Berufung des Beklagten zu 2. wirkt indes auch zu ihren Gunsten, denn mehrere Mieter sind im Rahmen der Zustimmung zur Mieterhöhung nach § 2 MHG als notwendige Streitgenossen im Sinne von § 62 Abs. 2 ZPO anzusehen (KG GE 1986, 225; Zöller-Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 62 ZPO, Rn 32).
Die Beklagten sind aufgrund des Mieterhöhungsverlangens der Kläger vom 23. November 2000 nicht gemäß § 2 MHG in Verbindung mit Art. 229 § 3 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB verpflichtet, einer Erhöhung der Bruttokaltmiete für ihre Wohnung zuzustimmen. Die von ihnen derzeit gezahlte Miete in Höhe von monatlich 840,- DM liegt über der ortsüblichen Miete.
Die Höhe der ortsüblichen Miete ist anhand des Berliner Mietspiegels zu ermitteln. Die Mietspiegel sind als allgemeinkundige Tatsache nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer wegen der zugrunde liegenden Erhebungen auf breiter Basis vorzugsweise zur Ermittlung der ortsüblichen Miete geeignet. Einschlägig ist hierbei das Rasterfeld J 1 des Mietspiegels 2000.
Hinsichtlich der Spanneneinordnung anhand der Orientierungshilfe zum Mietspiegel gilt folgendes:
Die Ausführungen des Amtsgerichts in Bezug auf die negative Wertung der Merkmalgruppen 1 (Bad/WC) und 2 (Küche) werden von den Parteien in der Berufungsinstanz nicht in Frage gestellt.
Die Merkmalgruppe 3 (Wohnung/Gebäude) ist positiv zu werten. Das Vorbringen des Beklagten zu 2. in der Berufungsinstanz zum Vorliegen von wohnwertmindernden Merkmalen führt zu keiner anderen Bewertung. Seine Angaben zu einer angeblich unzureichenden Wärmedämmung entbehren jeder Substantiierung. Allein die Tatsache, dass keine nachträglichen Maßnahmen zur Verbesserung der Wärmedämmung vorgenommen worden sein sollen, belegt eine gegenüber vergleichbaren Bauten dieses Baualters unzureichende Wärmedämmung ebensowenig, wie die Behauptung, die Wohnung kühle im Winter sehr schnell aus. Auf die von dem Beklagten zu 2. weiter als wohnwertmindernd eingewandte unzureichende Elektroinstallation kommt es nicht an. Dabei kann unterstellt werden, dass bei Beginn des Mietverhältnisses die Voraussetzungen hierfür tatsächlich bestanden haben, denn diesem einen negativen Merkmal stehen mindestens zwei wohnwerterhöhende Merkmale gegenüber, nämlich der Kabelanschluss und die Gegensprechanlage. Auf das Vorliegen von weiteren wohnwerterhöhenden Merkmalen kommt es deshalb ebenfalls nicht an.
Die Merkmalgruppe 4 (Wohnumfeld) ist hingegen neutral zu werten. Allein der Umstand, dass die zulässige Höchstgeschwindigkeit in der Straße vor dem Haus auf 30 km/h begrenzt ist, genügt nicht, eine besonders ruhige Straße anzunehmen. Denn diese Begrenzung ist in Berlin in den Wohnstraßen im Wesentlichen flächendeckend eingeführt worden. Weitere Anhaltspunkte tragen die Kläger insoweit nicht vor, vielmehr weist der Beklagte zu 2. unwidersprochen auf Kopfsteinpflaster sowie in der näheren Umgebung vorhandene Geschäfte und Gaststätten hin, die am Vorliegen einer besonders ruhigen Straße durchaus Zweifel aufkommen lassen.
Danach liegen eine positive, eine neutrale und zwei negative Merkmalsgruppen vor, sodass von dem vom Mietspiegel ausgewiesenen Mittelwert ein Abzug von 25 % der Spanne zum Unterwert zu machen ist.
Ein Zuschlag für das Sondermerkmal "hochwertiger Bodenbelag" war nicht zu berücksichtigen. Denn von den vier Wohnräumen der Wohnung sind lediglich zwei und damit nicht die Überwiegende Anzahl der Wohnräume mit Parkett ausgestattet, deren Fläche auch nicht mehr als die Hälfte der gesamten Wohnfläche beträgt.
Die ortsübliche Bruttokaltmiete gemäß § 2 MHG berechnet sich danach wie folgt:
|
Mietspiegel 2000 (West) |
|
Rasterfeld J1 (Mittelwert) |
5,04 DM/qm |
abzüglich 25 % der Spanne |
|
zum Unterwert (3,90 DM/qm) |
- 0,29 DM/qm |
Zuschlag für Bruttokaltmiete |
2,32 DM/qm |
|
7,07 DM/qm |
|
|
x 118,32 qm Wohnungsgröße |
|
ortsübliche Bruttokaltmiete |
836,52 DM |
Die v...