Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines bei jedem Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,-- DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten,

zu unterlassen,

künftig im Wege der eMail-Werbung an den Kläger heranzutreten bzw. herantreten zu lassen, es sei denn, der Kläger hat der jeweiligen Sendung zuvor zugestimmt oder das Einverständnis des Klägers kann vermutet werden.

1. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

2. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 45.000,00 DM vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt vom Beklagten Unterlassung der unaufgeforderten Zusendung von Werbe-eMails.

Der Kläger ist Rechtsanwalt. Er verfügt bei dem in Berlin ansässigen Internet-Service-Provider “…” über einen eMail-Anschluß mit der Adresse “….de”. Der Beklagte betreibt eine Agentur zur Vermietung von Jahrmarktgeräten und anderem Festzubehör. Am 17. Februar 1998 erhielt der Kläger unter der oben genannten Adresse eine eMail des Beklagten, in der dieser für seine Agentur warb. Geschäftliche Kontakte zwischen Kläger und Beklagtem bestanden nicht.

Der Kläger trägt vor, er könne sich nicht gegen den Empfang von eMails wehren und müsse Zeit und Geld aufwenden, um eine unerwünschte Sendung zu löschen. Dadurch verbrauche er “online-Zeit”, wofür er Telefongebühren und Nutzungsgebühren an seinen “Provider” zahlen müsse. Außerdem bestehe die Gefahr des “Überlaufens” seiner beim Provider eingerichteten Mailbox, wenn eMail-Werbung ihm unbeschränkt zugesandt werden könne.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, es bei Vermeidung eines bei jedem Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,-- DM, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten,

zu unterlassen,

künftig im Wege der eMail-Werbung an den Kläger heranzutreten bzw. herantreten zu lassen, es sei denn, der Kläger hat der jeweiligen Sendung zuvor zugestimmt oder das Einverständnis des Klägers kann vermutet werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er rügt die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Berlin. Die Versendung der Werbung an den Kläger sei ein Versehen gewesen. Der Kläger habe seine eMail-Adresse der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, weshalb er mit gelegentlichen Werbenachrichten rechnen müsse. Schließlich ist er der Auffassung, ein eMail-Werbeverbot verstoße gegen Art. 10 der EU-Fernabsatz-Richtlinie.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im einzelnen wird auf den Inhalt der zwischen ihren Verfahrensbevollmächtigten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig.

Das Landgericht Berlin ist gemäß §§ 32 ZPO, 24 Abs. 2 S. 1 UWG örtlich zuständig. Diese Vorschriften knüpfen jeweils an den Begehungsort der angegriffenen Handlung an. Zuständig ist danach das Gericht, in dessen Bezirk irgendein Tatbestandsmerkmal verwirklicht ist. Bei Versendung einer eMail ist dies jedenfalls auch der jeweilige Standort des Empfängercomputers. Im übrigen gilt, wie bei Wettbewerbsverstößen durch Presse, Funk und Fernsehen auch für das Internet als Begehungsort jeder Ort, an dem das Medium vertrieben wird, es also dritten Personen bestimmungsgemäß zur Kenntnis gelangt (Baumbach-Hefermehl, 20. Aufl., § 24 Rdn. 6). Selbst wenn man hier nur auf den Standort des die eMail empfangenen Computers des Klägers abstellte, wäre das Landgericht Berlin örtlich zuständig, da dieser seinen Wohn- und Geschäftssitz in Berlin hat. Auch sofern man den Standort des Providers für maßgeblich hält, begründet dies die Zuständigkeit des Landgerichts Berlin. Denn auch der Computer des Providers “…” des Klägers befindet sich in Berlin.

Die Klage ist begründet.

Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Unterlassung entsprechend §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.

Dieser Auffangtatbestand des gesetzlichen Unternehmensschutzes kommt vorliegend zur Anwendung, da andere Anspruchsgrundlagen nicht einschlägig sind.

Ein Wettbewerbsverstoß gemäß § 1 UWG liegt nicht vor. Zwar stellt die Versendung der Werbe-eMail durch den Beklagten eine Handlung im geschäftlichen Verkehr dar. Dieser Handlung fehlt jedoch im Verhältnis der Parteien untereinander jegliche wettbewerbliche Relevanz. Denn zwischen dem Vermieter von Jahrmarktgeräten und einem Rechtsanwalt besteht keine Konkurrenzsituation.

Eine Eigentumsverletzung gemäß § 823 Abs. 1 BGB ist nicht erkennbar. Durch den Empfang unerwünschter eMails werden auf Seiten des Klägers keine materiellen Rechtsgüter beeinträchtigt, sondern lediglich Zeit, Arbeitsaufwand und Speicherplatz seines Computers, die als Vermögen nicht dem Eigentumsschutz unterfallen (vgl.: Schmittmann, CR 98, 499). Dies ist anders als bei der Telefaxwerbung, bei der regelmäßig das Eigentum des Empfängers an Papier und Toner betroffen ist (vgl.: BGH, GRUR 96, 208 – Telefaxwerbung).

Ob die unerwünschte Zusendung von Werbe-eMails in a...

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