Verfahrensgang
AG Berlin-Schöneberg (Urteil vom 11.10.1999; Aktenzeichen 8 C 323/99) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 11. Oktober 1999 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schöneberg – 8 C 323/99 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet, die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Räumung der streitgegenständlichen Wohnung.
Die Kündigung des Betreuers vom 26. Januar 1998 hat das Mietverhältnis nicht beendet. Insoweit wird auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen und lediglich im Hinblick auf die Berufungsbegründung ergänzend ausgeführt:
Zunächst kommt es bei der Beurteilung der Rückwirkung des Beschlusses vom 13. April 1999 nicht entscheidend darauf an, welche Vorstellungen sich die Rechtspflegerin über die Wirkung ihres Beschlusses gemacht hat, sondern auf die objektive Rechtslage nach der ausgesprochenen Ermächtigung. Dem in der Berufungsbegründung angebotenen Zeugenbeweis war insoweit nicht nachzugehen. Im übrigen ergibt sich weder aus dem Beschluß selbst noch aus dem Schreiben des Vormundschaftsgerichts vom 4. Juni 1999 oder dem übrigen Inhalt der Vormundschaftsakten, daß sich die Ermächtigung auf eine bereits ausgesprochene Kündigung des Betreuers bezieht. Das Kündigungsschreiben vom 26. Januar 1999 lag dem Vormundschaftsgericht nicht vor, das Schreiben vom 15. Januar 1999 des Amtsgerichts Spandau erfolgte als Reaktion auf einige vom Betreuer eingereichte Schreiben der Klägerin, in denen sie ein Schreiben des Betreuers vom Oktober 1998 als Kündigung auffaßte.
Der Beschluß vom 13. April 1999 wirkte jedoch auch materiell nicht zurück auf die Kündigung vom Januar 1999. Nach § 1907 Abs. 1 BGB bedarf die Kündigung der Wohnung des Betreuten der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Die Norm enthält zwar keine eigene Verweisung auf die §§ 1825 ff BGB, wegen des inneren Zusammenhangs der die Genehmigung des Gerichts erfordernden Bestimmungen wird jedoch allgemein (Staudinger-Bienwald 13. Bearb. Februar 1999, § 1907 Rn. 29; Schwab in Münchner Kommentar zum BGB, 3. Aufl. § 1907 Rn. 6) von einer entsprechenden Anwendung ausgegangen. Das bedeutet, daß eine ohne Genehmigung erklärte Kündigung entsprechend § 1831 BGB ohne weiteres unheilbar nichtig ist (Staudinger a.a.O. und Engler § 1831 Rn. 3; MüKo-Schwab § 1831 Rn. 1), weil der für Verträge annehmbare Schwebezustand bis zur Genehmigung bei einseitigen Rechtsgeschäften unzumutbare Unsicherheiten schafft. Anders als beim Vertrag kann sich der Empfänger einer einseitigen Erklärung dem Rechtsgeschäft nicht entziehen.
Es ist auch nicht davon auszugehen, daß die Parteien das Mietverhältnis (mit nachträglicher Genehmigung) einvernehmlich beendet hätten. Abgesehen davon, daß einer Kündigung als einseitiger Willenserklärung nur unter besonderen Umständen ein Angebot zur Vertragsaufhebung zu entnehmen ist, kam für die Beklagte zu 1) vertreten durch ihren Betreuer eine solche Aufhebung nur unter der Bedingung in Betracht, daß ein Mietvertrag mit dem Beklagten zu 2) abgeschlossen würde. Die Parteien verhandelten ersichtlich bereits seit Ende 1998 über die Bedingungen eines solchen Mietvertrages und für die Klägerin war auch erkennbar, daß es der Beklagten zu 1) darauf ankam, dem Beklagten zu 2) die Wohnung zu erhalten. Vor diesem Hintergrund kann der Kündigung des Betreuers nicht der Inhalt entnommen werden, das Mietverhältnis unter allen Umständen und unabhängig vom Verbleib des Beklagten zu 2) so schnell wie möglich beenden zu wollen. Mit Schreiben vom 28. April 1999 hat der Betreuer seinen Standpunkt gegenüber der Klägerin nochmals ausdrücklich geäußert. Weshalb es zu in der Folge nicht zu einem Vertragsabschluß gekommen ist, kann hier außer Betracht bleiben.
Soweit die Klägerin ihren Räumungsanspruch in zweiter Instanz auf ihre fristlose Kündigung vom 19. November 1999 stützt, stellt dies eine Klageänderung dar, die von der Kammer nicht als sachdienlich zugelassen wird, weil ein völlig neuer Prozeßstoff in das Verfahren eingeführt wird. Die Beklagten haben dieser Klageänderung ausdrücklich nicht zugestimmt. Bei Zulassung der Klageänderung würde sich das Verfahren verzögern, weil zunächst Beweis zu erheben wäre über den Zugang der Kündigung. Ein Zugang bei der Beklagten zu 1) in ihrer Wohnung würde zum einen Geschäftsfähigkeit erfordern und zum anderen müßte die Beklagte dort noch eine Wohnung gehabt haben. Den Zugang der Kündigung bei ihrem Betreuer haben die Beklagten im Schriftsatz vom 20. März 2000 bestritten, so daß dem Beweisangebot der Klägerin im Schriftsatz vom 26. April 2000 nachzugehen wäre.
Unter Umständen wäre sodann noch Beweis zu erheben über die Behauptung der Beklagten zu 1), der Beklagte zu 2) bewohne als ihr Lebensgefährte die Wohnung seit 1970 und ihr käme es darauf an, durch sein Verbleiben in der Wohnung diese auch für sich selbst zu halten. Hiernach könnte ange...