Verfahrensgang
AG Berlin-Neukölln (Urteil vom 15.01.2002; Aktenzeichen 6 C 301/00) |
Tenor
Das Versäumnisurteil des Landgerichts Berlin vom 15. Januar 2002 – 64 S 300/01 – wird aufrecht erhalten.
Die Beklagte hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 3.350,00 EUR abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Der Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 31. Mai 2002 gewährt.
Tatbestand
Zur Prüfung der Zulässigkeit der Berufung ist gemäß § 26 Nr. 5 EGZPO die ZPO in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung anzuwenden, da die mündliche Verhandlung, auf der die angefochtene Entscheidung beruht, vor diesem Datum stattgefunden hat und geschlossen worden ist. Für das weitere Berufungsverfahren sind jedoch bereits die Vorschriften der ZPO in der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung anzuwenden. In diesem Sinne ist die Überleitungsvorschrift des § 26 Nr. 5 EGZPO auszulegen, denn insbesondere nach dem Willen des Gesetzgebers soll es zu einer schnellstmögliche Anwendung der neuen Vorschriften kommen, was bei den Vorschriften möglich ist, die das Berufungsverfahren nach Einlegung der Berufung regeln.
I.
Gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Die Kläger greifen mit ihrer Berufung das Urteil des Amtsgerichts mit der Begründung an, dass ihrer Ansicht nach sich die Beklagte das Zahlungsverhalten des Sozialamtes dergestalt zurechnen lassen müsse, das schuldhafte Nichtzahlungen gemäß § 278 BGB wie eigenes Verschulden der Beklagten zu behandeln sei.
Entscheidungsgründe
II.
1.)
Die statthafte (§ 511 ZPO a.F.), den notwendigen Wert der Beschwer erreichende (§ 511 a Abs. 1 ZPO a.F.), form- und fristgerecht eingelegte und begründete (§§ 516, 518, 519 ZPO a.F.) Berufung ist zulässig.
2.)
Die Berufung hat in der Sache Erfolg. Den Klägern steht der geltend gemachte Räumungsanspruch gegen die Beklagte gemäß § 556 Abs. 1 BGB a.F. bzw. § 546 Abs. 1 BGB n.F. zu. Auf das Verhältnis der Parteien sind gemäß Art. 229 § 3 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB sowie deshalb die mittlerweile außer Kraft getretenen bzw. geänderten mietrechtlichen Vorschriften des BGB anzuwenden, weil der Mietvertrag vor dem 1. September 2001 abgeschlossen worden ist und es sich bei der Verpflichtung zur Zahlung der Miete und der Frage der Wirksamkeit der Kündigung vom 28.06.2000, der Beklagten zugegangen am 10. August 2000, um einen abgeschlossenen Sachverhalt handelt, für den es bei der Anwendung der bis zum 31. August 2001 geltenden Vorschriften bleibt.
Jedenfalls die fristlose Kündigung in der Klageschrift vom 28. Juni 2000 hat das Mietverhältnis der Parteien beendet. Die Kündigung war gemäß § 554 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB a.F. wirksam. Die Beklagte befand sich für mehrere aufeinanderfolgende Monate mit der Zahlung der Vollständigen Miete in Verzug. Insoweit ist zwischen den Parteien außer Streit, dass das Sozialamt für mehrere Monate die Miete nicht an die Kläger gezahlt hat.
Die Beklagte hat sich dieses Zahlungsverhalten des Sozialamtes bzw. die unterbliebenen Zahlungen und das daraus folgende Verschulden zurechnen zu lassen. Verschulden des Sozialamtes muss sich die Beklagte gemäß § 278 BGB zurechnen lassen. Dem steht nicht entgegen, dass nach dem Rechtsentscheid des Kammergerichts vom 11. Dezember 1997 (Grundeigentum 1998, 120–122 = WuM 1998, 85–87) der Mieter sich im Rahmen des §554 a BGB a.F. ein Verschulden des Sozialamtes nicht gemäß § 278 BGB zurechnen lassen muss. Diese Vorschrift setzt ein eigenes Verschulden des Mieters voraus. Anders als § 554a BGB a.F. stellt §554 Abs. 1 BGB/nicht auf eigenes (persönliches) Verschulden des Mieters ab. Entscheidend ist allein der Verzug mit der Zahlung des Mietzinses, in dessen Rahmen sich der Mieter auch eines Dritten bedienen kann, dessen Verschulden dann zurechenbar bleibt (LG Berlin, Grundeigentum 2001, 552 = 64 S 334/00).
Nach Ansicht der Kammer war die Revision nicht zuzulassen. Insbesondere liegen die Voraussetzungen des § 545 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht vor. Es bedarf keiner Klärung durch den Bundesgerichtshof, ob sich ein Mieter das Zahlungsverhalten des Sozialamtes im Rahmen des § 554 BGB (a.F.) über § 278 BGB zurechnen lassen muss. In Rechtsprechung und Literatur (vgl. LG Karlsruhe, ZMR 1981, 421; LG Mönchengladbach, ZMR 1993, 571; LG Berlin, Urteil vom 18.10.1994, 64 S 190/94; LG Berlin, Grundeigentum 2001, 552; Kraemer, NZM 2001, 553 [561]; Blank/Börstinghaus, § 554 Rn. 13 f. m.w.N.) wird diese Ansicht im oben genannten Sinne vertreten. Gegenteilige Rechtsprechung (vgl. LG Köln, WuM 1990, 548; AG Bergisch-Gladbach, WuM 1989, 630; AG Neumünster, WuM 1990, 549) ist jeweils zu einer auf § 554 a BGB gestützten Kündigung ergangen, und begründet aus diesem Grund keine Abweichung, die einer höchstrichterlichen Klärung bedürfte.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. ...