Verfahrensgang

AG Berlin-Wedding (Urteil vom 05.09.2005; Aktenzeichen 18 C 210/05)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 10.11.2006; Aktenzeichen 5 StR 386/06)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 5. September 2005 verkündete Urteil des Amtsgerichts Wedding – 18 C 210/05 – geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 540 Abs. 2, § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung ist gemäß § 511 Abs. 1 ZPO statthaft und die gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Mindestbeschwer ist erreicht. Die Mindestbeschwer richtet sich nicht nach dem Streitwert des ersten Rechtszuges, der auf der Grundlage einer monatlichen Minderung der Miete um 5 % = 31,30 € × 12 Monate = 375,60 € beträgt, sondern nach der materiellen Beschwer der Beklagten, nämlich nach den Kosten, die der Beklagten entstehen würden, wenn sie dem Urteil folgen müsste. Die Beklagte hat nachvollziehbar dargelegt, dass die Kosten für die Wiederherstellung der schadhaft gewordenen Müllabwurfanlage innerhalb des Hauses sich auf 19.904,14 € belaufen würden. Dieser Betrag verringert sich nicht dadurch, dass er auf die einzelnen Mieter aufgeteilt wird, wie die Kläger meinen. Der Tenor des Urteils ist darauf gerichtet, die Müllabwurfanlage wieder in Betrieb zu nehmen. Dies würde bedeuten, dass die Beklagte die gesamte Anlage instandsetzen müsste, wenn sie dem Urteil folgen würde. Die Beklagte hat dargelegt, dass der Müllschacht in der fünften Etage des achtgeschossigen Gebäudes auseinander gebrochen sei und aus brandschutztechnischen Gründen eine komplette Erneuerung der Anlage erforderlich gewesen wäre. Dieser Vortrag ist nachvollziehbar. Im Rahmen der Prüfung der Beschwer kommt die Einholung eines Gutachtens zur Klärung der Frage des Kostenaufwandes nicht in Betracht. Die Form- und Fristvorschriften der §§ 517, 519 und 520 ZPO sind gewahrt. Die Berufung ist damit insgesamt zulässig.

II. Sie hat auch Erfolg

Die Kläger können von der Beklagten nicht gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB verlangen, dass diese die Müllabwurfanlage im Hause …, wieder in Betrieb setzt und die für Kläger maßgebliche Klappe der Müllschluckeranlage wieder zugänglich macht.

1. Die Kläger sind unstreitig auf Grund eines mit der Beklagten am 20. November 2003 geschlossenen Vertrages Mieter einer im Erdgeschoss des Hauses …, gelegenen Wohnung. Das im Jahre 1968 mit öffentlichen Mitteln errichtete Haus war seit Beginn an mit einer Müllabwurfanlage ausgestattet. Eine Klappe für die Entsorgung des Hausmülls befand sich außerhalb der Wohnung der Kläger in einem Flur in einer Entfernung von 14 m von deren Eingangstür. Mit einem Schreiben vom 24. Februar 2005 teilte die Beklagte den Mietern des Hauses mit, dass die Müllabwurfanlage komplett außer Betrieb genommen werden müsse und die Müllschluckerklappen unzugänglich gemacht werden müssten. Die Mieter wurden aufgefordert, den Hausmüll ab dem 15. März 2005 zu dem bereits vorhandenen Müllhaus zu bringen. Zusätzliche Container würden bereit gestellt. Diese Maßnahmen seien erforderlich, weil der Aufwand an Kosten für eine Reparatur des Müllabwurfschachtes unangemessen hoch sei, da der gesamte Schacht erneuert werden müsste.

2. a) Grundsätzlich darf ein Vermieter nicht eigenmächtig diejenigen Anlagen eines Hauses ändern, die er bei Abschluss des Vertrages dem Mieter zum gemeinschaftlichen Gebrauch mit anderen Mietern überlassen hat. Dazu kann auch eine Müllabwurfanlage gehören. Diese bietet für den Mieter den Vorteil, dass er sich mit seinem Hausmüll nicht zu den in der Regel außerhalb des Hauses auf dem Grundstück bereitgestellten Müllgefäßen begeben muss.

b) Eine andere Betrachtungsweise kann allerdings geboten sein, wenn der Vermieter – wie hier – sich im Mietvertrag vorbehalten hat, die Benutzung der gemeinschaftlichen Anlage zu ändern. Ein solcher Vorbehalt muss, wenn er in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder in einem Formularvertrag enthalten ist, sich an den Grenzen des § 307 BGB messen lassen. Danach sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben übermäßig benachteiligen. Eine solche Benachteiligung kann insbesondere gegeben sein, wenn wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so eingeschränkt werden, dass der Vertragszweck gefährdet wird, § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB.

c) Ein Vorbehalt zur Änderung der Benutzung gemeinschaftlicher Anlagen und Einrichtungen erweckt unter dem dargestellten Gesichtspunkt keine Bedenken, wenn dies im Interesse einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Hauses dringend notwendig und für den Mieter zumutbar ist. Dadurch wird eine zulässige Begrenzung der Änderungsbefugnis des Vermieters geschaffen, deren Einhaltung im Streitfall überprüfbar ist.

d) Die von der Beklagten vorgenommene Ä...

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