Normenkette
StGB §§ 211, 177 Abs. 1, 2 S. 2 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 1, §§ 52, 57a Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Nachgehend
Tenor
Der Angeklagte wird wegen Mordes in Tateinheit mit besonders schwerer Vergewaltigung zu einer
lebenslangen Freiheitsstrafe
verurteilt.
Die besondere Schwere der Schuld wird festgestellt.
Der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens und die den Nebenklägern erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe
I.
Der zum Zeitpunkt des Urteils 24 Jahre alte Angeklagte wuchs im gemeinsamen Haushalt seiner Eltern mit seinen beiden jüngeren Geschwistern in N. auf. Als er vier Jahre alt war, trennte sich seine Mutter von ihrem alkoholkranken Ehemann, der sie regelmäßig geschlagen hatte. Sie lernte einen neuen Lebenspartner kennen, der in der Familie die Rolle des Stiefvaters übernahm. In den ersten Jahren entwickelte sich die Beziehung des Angeklagten zu seinem Stiefvater zunächst positiv. 1994/1995 zog die Familie aus beruflichen Gründen nach B. Der Stiefvater ging dann dazu über, den Angeklagten mit Schlägen zu bestrafen, wobei er ihn zum Teil auch für Handlungen zur Rechenschaft zog, die nicht er, sondern seine Geschwister zu verantworten hatten. Im Winter 2008/2009 kam es zum letzten Mal zu einem körperlichen Übergriff des Stiefvaters auf den Angeklagten. Das familiäre Zusammenleben war auch von Streitereien zwischen dem Stiefvater und der Mutter des Angeklagten, die aber die körperlichen Übergriffe auf ihren Sohn duldete, geprägt.
Der Angeklagte sah sich zunehmend in der Rolle des Außenseiters und Einzelgängers und schottete sich immer mehr von seinen Mitmenschen ab. In der Familie wurde wenig geredet, und es herrschte ein Klima der Gefühlskälte. Der Angeklagte sprach über seine Probleme oder Gefühle mit niemandem. Gegenüber seinem Stiefvater entwickelte er Hassgefühle und stellte sich wiederholt vor, ihn zu erschießen. Die ungünstigen Lebensverhältnisse, die fehlende emotionale Wärme und das Erleben von körperlicher Gewalt und Erniedrigung führten dazu, dass sich bei dem Angeklagten eine schizoide Persönlichkeitsstörung mit paranoiden und dissozialen Zügen (ICD 10: F 60.1) entwickelte.
Der Angeklagte wurde altersgerecht eingeschult, musste aber auf Grund erheblicher Lernprobleme die dritte Klasse wiederholen und besuchte ab der fünften Klasse eine Lernbehindertenschule, die er im Sommer 2003 im Alter von 17 Jahren nach Beendigung der neunten Klasse ohne Abschluss verließ. Im September 2003 begann er auf Betreiben seiner Mutter widerwillig einen Berufsvorbereitungskurs im Bereich Metallverarbeitung, den er aber bereits nach zwei oder drei Monaten abbrach. Seiner Mutter gelang es dann, ihm Anfang 2004 eine Arbeit als Einpacker in einer Champignonfabrik, in der sie selbst arbeitete, zu beschaffen. Aber auch diese Tätigkeit missfiel dem Angeklagten, und er beging im Februar 2004 an seinem Arbeitsplatz einen Diebstahl, was - wie von ihm beabsichtigt - seine Kündigung nach sich zog. Als sein Stiefvater von dem Diebstahl erfahren hatte, verprügelte er den Angeklagten, der daraufhin von zu Hause fortlief und zunächst eine Woche auf der Straße lebte. Sodann fand er Unterkunft in einer betreuten Kriseneinrichtung des Jugendamtes, in der er bis Ende August 2004 wohnte. Im Anschluss zog er in eine betreute Einzelwohnung, die er schließlich verlor.
Danach wohnte der Angeklagte mit der Zeugin T. zusammen, die er in der betreuten Wohngemeinschaft kennen gelernt hatte und mit der er seitdem eine partnerschaftliche Beziehung führte. Während seine Freundin regelmäßig zur Arbeit ging, kümmerte sich der arbeitslose Angeklagte um den Haushalt und spielte - vor allem nachts - jeweils mehrere Stunden am Computer. Die Zeugin T. wurde Ende 2005 von dem Angeklagten schwanger, trennte sich Anfang 2006 aber von ihm, weil sie sich eine gemeinsame Zukunft mit ihm nicht vorstellen konnte, da er wiederholt (Einbruch-) Diebstähle begangen hatte und kein Interesse an ihrer Schwangerschaft zeigte.
Auf Vermittlung seiner Mutter, die inzwischen als Sortiererin auf dem A.-Recyclinghof in B. war, nahm der Angeklagte am 23. Januar 2006 eine Arbeitsstelle bei dem Entsorgungsunternehmen E. auf dem Recyclinghof an. Er arbeitete fortan im Schichtdienst für das Subunternehmen von A. als Sortierer und Staplerfahrer. Seiner Arbeit auf dem Recyclinghof ging er beanstandungsfrei nach. Er erschien lediglich einige Male verspätet zur Frühschicht, da er in der Nacht mehrere Stunden am Computer gespielt und dann verschlafen hatte. Seine Umwelt nahm den Angeklagten als still und verschlossen, aber nicht als psychisch auffällig wahr.
Der Angeklagte ist wegen (Einbruch-) Diebstählen vorbelastet und vorbestraft:
Am 22. Juni 2004, rechtskräftig seit dem 30. Juni 2004, verurteilte ihn das Amtsgericht Tiergarten in Berlin (393 Ds 23/94 Jug) wegen Diebstahls in zwei Fällen zu 40 Stunden Freizeitarbeiten, von denen er trotz mehrfacher Mahnungen nur sechzehn Stunden ableistete. Die Verurteilung erfolgte, weil der Ange...