Verfahrensgang

AG Berlin-Neukölln (Urteil vom 11.01.1999; Aktenzeichen 14 C 391/98)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 11. Januar 1999 verkündete Urteil des Amtsgerichts Neukölln – 14 C 391/98 – abgeändert:

Es wird festgestellt, dass der Beklagte dem Kläger alle Schäden zu ersetzen hat, die dem Kläger dadurch entstehen, dass der Beklagte dem Kläger die Wohnung im 4. OG und DG des Seitenflügels des Hauses … Berlin, nicht mehr zum vertragsgemäßen Gebrauch zur Verfügung stellen kann.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die statthafte (§ 511 ZPO), den notwendigen Wert der Beschwer erreichende (§ 511 a Abs. 1 ZPO), form- und fristgerecht eingelegte und begründete (§§ 516, 518, 519 ZPO) Berufung ist zulässig.

II.

Die Berufung ist auch begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Feststellungsanspruch gegen den Beklagten zu. Das Feststellungsinteresse des Klägers ergibt sich aus dem Umstand, dass ihm dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zusteht, den er derzeit nicht beziffern kann, während der Beklagte diesen Anspruch leugnet.

Der Schadensersatzanspruch des Klägers ergibt sich aus § 538 Abs. 1 1. Alt BGB. Denn die Mietsache ist mit einem Mangel im Sinne des § 537 Abs. 1 BGB behaftet. Diesen Mangel stellt im vorliegenden Fall die ehemals bauordnungswidrige Verbindung und Nutzung des Wohnraumes (vgl. hierzu Schach in Kinne/Schach, Mietvertrags- und Mietprozessrecht, 2. Aufl., Teil I, § 537 RN 6) im 4. OG und Dachgeschoss dar. Diese Räume sind dem Kläger insgesamt als eine Wohnung vermietet worden, weshalb der Beklagte dem Kläger zur Überlassung in diesem Zustand verpflichtet ist (§§ 535 S. 1, 536 BGB). Die Bauordnungswidrigkeit bestand von Beginn des Mietverhältnisses an, weshalb der Beklagte verschuldensunabhängig haftet.

Dem Anspruch steht die Kenntnis des Klägers vom Mangel nicht entgegen (§ 539 S. 1 BGB). Die dahingehende Behauptung des Beklagten ist unsubstantiiert, da er nicht mitteilt, aus welchen Gründen oder Umständen auf eine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers geschlossen werden kann. Aus diesem Grund führt das Bestreiten des Klägers nicht zu einer Beweisaufnahme. Denn mangels ausreichendem Tatsachenvortrages des Beklagten wäre eine Anhörung der benannten Zeugen eine unzulässige Ausforschung.

Der Anspruch des Klägers ist entgegen der Ansicht des Amtsgerichts auch nicht in entsprechender Anwendung von § 539 S. 2 BGB verwirkt. Denn der Kläger hat den von ihm beanstandeten Zustand seit Oktober 1997 mehrfach gegenüber dem Beklagten gerügt, weshalb von einer Verwirkung durch Kenntnis des Mangels und Zahlung des Mietzinses ohne Mangelrüge nicht ausgegangen werden kann. Die jeweiligen Abstände zwischen den Schreiben des Klägers (bzw. des Mietervereins) waren auch nicht derart lang, dass Verwirkung eintreten konnte. Insoweit kommt eine Verwirkung nur bei einer mehrmonatigen vorbehaltslosen Mietzinszahlung in Betracht, die vorliegend nicht gegeben war.

III.

Die Kostenentscheidung beruht für beide Instanzen auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Kinne, Dieken, Groth

 

Fundstellen

Haufe-Index 1474109

ZMR 1999, 823

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?