rechtskräftig

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Schöneberg (Urteil vom 06.04.2022; Aktenzeichen 774 C 22/21)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 6.4.2022 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schöneberg wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Dieses und das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Schöneberg sind vorläufig vollstreckbar.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß den §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 511 Abs. 1 ZPO statthaft und die gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Mindestbeschwer ist erreicht. Die Form- und Fristvorschriften der §§ 517, 519 und 520 ZPO sind erfüllt.

2. Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Der in der Eigentümerversammlung vom 10.8.2021 zu TOP 16 gefasste Beschluss hinsichtlich des Wirtschaftsplanes für das Jahr 2022 ist – wie das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung im Ergebnis zutreffend ausführt – für unbegründet zu erklären, da er ordnungsgemäßer Verwaltung widerspricht.

In den Wirtschaftsplan für das Jahr 2022 sind bezüglich der Vorauszahlungen der Eigentümer nicht die nach Teil II § 13 Abs. 2 der Teilungserklärung vorgesehenen Verteilerschlüssel für die Warmwasserversorgung und die Heizkosten angewendet worden. Danach sollen diese zu

50 % nach dem erfassten Verbrauch und zu 50 % nach der beheizten Fläche umgelegt werden. Der Einzelwirtschaftsplan für die Klägerinnen für das Jahr 2022 sieht jedoch unstreitig eine Verteilung der Kosten für die Heizung und die Warmwasserversorgung nach der Wohnfläche vor. Dies entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.

Zwar ist grundsätzlich zu berücksichtigen, dass der Wirtschaftsplan im Gegensatz zu einer Jahresabrechnung nicht bereits entstandene und damit der Höhe nach feststehende Ausgaben und Einnahmen enthält, sondern lediglich die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben im kommenden Abrechnungsjahr. Deshalb ist bei der Aufstellung des Wirtschaftsplanes grundsätzlich eine auch großzügige Schätzung vor allem auf Ausgabenseite zulässig, um so Nachforderungen zu vermeiden (LG München I Urt. v. 14.11.2011 – 1 S 4681/11, BeckRS 2012, 9947, beck-online). Vorliegend beanstanden die Klägerinnen jedoch nicht eine zu großzügige Schätzung auf der Ausgabenseite, sondern allein die Anwendung eines falschen Verteilerschlüssels.

Die Verteilung der Kosten im Wirtschaftsplan hat jedoch grundsätzlich nach dem jeweils maßgeblichen Kostenverteilungsschlüssel zu erfolgen (Bärmann/Pick/Emmerich, 20. Aufl. 2020, WEG § 28 Rn. 39; LG München I Urt. v. 14.11.2011 – 1 S 4681/11, BeckRS 2012, 9947; Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG § 28 Rn. 54, 55; jeweils zitiert nach beck-online).

Hinsichtlich der Anwendung des Kostenverteilungsschlüssels besteht auch kein Ermessen der Beklagten. Neben der Fläche hätte auch der Verbrauch in den Verteilungsmaßstab des Wirtschaftsplans für das Jahr 2022 aufgenommen werden müssen. Das ist vorliegend nicht erfolgt und widerspricht ordnungsgemäßer Verwaltung.

Auch der Einwand der Beklagten, dass der im Wirtschaftsplan gewählte Umlagemaßstab zu 50 % korrekt sei, vermag ihrer Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn ein lediglich zu 50 % korrekter Verteilerschlüssel entspricht gerade nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, sondern nur ein vollständig richtig gewählter Umlagemaßstab.

Die Berufung der Beklagten hat auch nicht deshalb Erfolg, weil die Anwendung eines unzutreffenden Verteilungsschlüssels dann nicht zur Anfechtbarkeit des Beschlusses führt, wenn die Höhe der Beitragspflicht nur geringfügig von der nach dem richtigen Verteilungsschlüssel zu leistenden Beitrag abweicht (Bärmann/Becker, 14. Aufl. 2018, WEG § 28 Rn. 29). Wie das Amtsgericht zutreffend feststellt, übertrifft der nunmehr beschlossene Vorschuss auf die Heiz- und Warmwasserkosten den sich unter Berücksichtigung des richtigen Verteilerschlüssels ergebenden Vorschuss um fast das Doppelte und stellt damit keine nur geringfügige Differenz dar. Auch wenn im Ergebnis von den Klägerinnen monatlich lediglich eine um 50 EUR höhere Vorauszahlung zu leisten ist, ist dieser Betrag immerhin 1/7 der nach dem beschlossenen Einzelwirtschaftsplan für das Jahr 2022 monatlich von den Klägerinnen zu zahlenden Vorauszahlungen.

Unerheblich ist auch, ob sich in den Vorjahren zwischen den geforderten Vorauszahlungen und den tatsächlichen Abrechnungsbeträgen wesentliche Differenzen ergeben hätten.

Dass die tatsächlichen Kosten in einem Wirtschaftsplan nur vorläufig geschätzt werden und sich hinsichtlich der Heiz- und Warmwasserkosten auch wesentliche Abweichungen ergeben können, weil diese wesentlich von den Außentemperaturen, dem individuellen Verbrauch und der Entwicklung der Energiekosten abhängen, liegt in der Natur der Sache. Hätte die Beklagte hier vorausschauend Vorsorge treffen wollen, hätte sie die geschätzten Ausgaben jedoch insgesamt höher ansetzen können. Die Anwendung eines falschen Verteilerschlüssels ist dadurch jedoch nic...

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