Entscheidungsstichwort (Thema)

Ersatzanspruch des Mieters bei nicht notwendigen Aufwendungen. Zum Ersatzanspruch des Mieters bei nicht notwendigen Aufwendungen

 

Orientierungssatz

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

1. Kosten einer von ihm in Auftrag gegebenen notwendigen Reparatur in der Wohnung kann der Mieter vom Vermieter insoweit zur Erstattung verlangen, als der Vermieter durch die Maßnahme bereichert ist.

2. BGB § 547 Abs 2 ist die Auffangvorschrift, die dem Mieter auch dann einen Anspruch wegen seiner Aufwendungen gibt, wenn diese Aufwendungen nicht notwendige Aufwendungen im Sinne des BGB § 547 Abs 1 waren, aber zu einer Bereicherung des Vermieters führen (Vergleiche BGH, 1974-02-13, VIII ZR 233/72, NJW 1974, 743).

 

Tatbestand

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Der Kläger ist Mieter einer 3-Zimmerwohnung in dem Haus. Der monatliche Mietzins beträgt 790,- DM. Die Beklagten sind Vermieter dieser Wohnung. Die Hausverwaltung wird von dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten geführt, in dessen Büro ein Anrufbeantworter eingerichtet ist. Ferner betreiben die Beklagten in der X.-Straße ein Geschäft.

Der Kläger behauptet, am 12.11.1985 habe er festgestellt, daß in seiner Wohnung die Heizung ausgefallen sei und auch kein warmes Wasser mehr habe bezogen werden können. Er habe am 13. 11. vergeblich versucht, die Hausverwaltung der Beklagten telefonisch zu erreichen, um den Mangel mitzuteilen. Als ihm dies nicht gelungen sei, da nur der Anrufbeantworter eingeschaltet war, habe er die Firma, die die Wartung der Heizung durchführte, angerufen und einen Reparaturauftrag erteilt. Die Reparatur sei am 14. 11. durchgeführt worden; hierfür habe er 867,08 DM aufgewendet. In der Rechnung heißt es unter der Rubrik 'Bezeichnung der Arbeit': "Vaillant VCW 18-9 sinemat springt nicht an! Gebläse, Gleichstrommagnet u. Elektr.-Regler defekt, erneuert ...".

Die Beklagten lehnten die Erstattung der 867,08 DM ab. Sie meinen, daß dem Kläger der geltend gemachte Anspruch schon deshalb nicht zustehe, weil er sie bzw. die Hausverwaltung von dem Schaden hätte unterrichten müssen. Dies sei auch möglich gewesen, weil entweder das Büro der Hausverwaltung besetzt oder der Anrufbeantworter in Betrieb gewesen sei. Sie meinen weiter, der Kläger sei nicht berechtigt gewesen, die Reparatur selbst ausführen zu lassen, da ein dringender Notfall nicht vorgelegen habe.

 

Entscheidungsgründe

Die Beklagten sind gem. §§ 547 Abs. 2, 684, 812 Abs. 1 BGB zur Zahlung von 867,08 DM an den Kläger verpflichtet. Zur Begründung kann zunächst vollinhaltlich auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen werden, wobei das AG Wedding den Anspruch des Klägers nach den Vorschriften der §§ 538 Abs. 2, 547 Abs. 1 BGB richtigerweise verneint hat.

Ergänzend wird ausgeführt, daß auch nach dem Vortrag der Beklagten in der Berufungsinstanz der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung nicht zu verneinen ist. Soweit die Beklagten in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des BGH v. 30.3.1983 (NJW 1984, 1552, 1554) abheben, kann dem allein deshalb nicht gefolgt werden, weil hierin nur auf die Anspruchskonkurrenz zwischen § 538 Abs. 2 und § 547 Abs. 1 BGB abgestellt worden ist. Bei § 547 Abs. 1 handelt es sich um notwendige Verwendungen, die vorliegend in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung der Beklagten und derjenigen des AG Wedding nicht vorliegen. Der BGH hat jedoch in seinem früheren Urteil v. 13.2.1974 (NJW 1974, 743) entschieden, daß bei sonstigen Verwendungen gemäß § 547 Abs. 2 nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag zu verfahren ist, d.h. daß ein Anspruch des Mieters in der Regel nur dann besteht, wenn seine Aufwendungen dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Vermieters entsprechen oder wenn der Vermieter ungerechtfertigt bereichert ist. Aus alledem wird deutlich, daß § 547 BGB sich als Auffangsvorschrift darstellt, die dem Mieter auch dann einen Ersatzanspruch über § 547 Abs. 2, 684, 812 Abs. 1 BGB gewährt, wenn durch seine sonstigen Verwendungen auf die Mietsache der Vermieter ungerechtfertigt bereichert ist. Würde man entsprechend der Auffassung des Beklagten § 547 BGB in seinen beiden Alternativen durch § 538 Abs. 2 BGB als verdrängt ansehen, so wäre der Vermieter jedenfalls bei nicht vorliegendem Verzug stets durch die Aufwendungen des Mieters, welche er auf die Mietsache gemacht hat, tatsächlich bereichert, ohne daß der Mieter gegen ihn einen Anspruch hatte. Dies entspricht nicht der Gesetzeslage. Durch diesen Auffangtatbestand des § 547 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 684, 812 Abs. 1 BGB ist der Vermieter letztlich auch nicht schutzlos gestellt, da der Mieter gerade nicht Ersatz der von ihm tatsächlich erbrachten Aufwendungen verlangen kann, sondern sein Anspruch darauf beschränkt ist, in welchem Umfang sich eine echte Bereicherung des Vermieters ergeben hat. So ist es z.B. dem Mieter verwehrt, Mehrkosten infolge einer besonders aufwendigen Reparatur oder vom Handwerker vorgenommener Aufschläge für Nachtarbeit oder Feiertagsarbe...

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