Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwangsräumung einer Mietwohnung nach fristloser Kündigung und Androhung einer Räumungs- und Zahlungsklage. Schadensersatzanspruch wegen Wegnahme bzw. Beschädigung einzelner Gegenstände. Hausverwalter als Verrichtungsgehilfe des Vermieters. Voraussetzungen einer Selbsthilfe nach § 229 BGB oder einer Dereliktion nicht gegeben. Beaufsichtigungs- oder Auswahlverschulden
Leitsatz (redaktionell)
Wird eine Mietwohnung nach fristloser Kündigung und Androhung einer Räumungs- und Zahlungsklage durch ein vom Vermieter bzw. dessen Hausverwalter beauftragtes Entrümpelungsunternehmen vollständig geräumt, hat der Mieter einen Schadensersatzanspruch gem. § 831 Abs. 1 S. 1 BGB gegen den Vermieter, wenn bei der Räumung Gegenstände beschädigt oder entwendet wurden und wenn weder die Voraussetzungen der Selbsthilfe des Vermieters noch eine Dereliktion vorliegen.
Normenkette
BGB § 831 Abs. 1 S. 1, § 229
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.444,73 Euro nebst jährlichen Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2005 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des 1,1fachen des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Gegenstand des Rechtsstreits ist eine Schadenersatzforderung wegen Räumung der vom Kläger seit März 2004 bewohnten Mietwohnung im 1. Obergeschoss der … in Berlin-…. Die Beklagte ist von der Eigentümerin mit der Hausverwaltung dieses Gebäudes betraut und vermietete mit schriftlichem Mietvertrag vom 24. Februar 2004 (Anlage K 2) diese Wohnung an einen Herrn …. Dieser wiederum schloss unter dem gleichen Datum Untermietverträge über je einen Wohnraum – nebst Mitbenutzung von einem gemeinsamen Raum, Küche und Bad – mit dem Kläger sowie dem Zeugen … ab. Die Übergabe der (gesamten) Wohnung erfolgte am 27. Februar 2004 an den Kläger (Anlage K 4).
Wegen Ausbleibens von Mietzahlungen erklärte die Klägerin namens und in Vollmacht der Vermieterin am 21. Juli 2004 gegenüber dem Hauptmieter die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses (Anlage B 1; Bl. 30 d.A.). Hierauf meldeten sich Herr … und der Kläger schriftlich bei der Beklagten, deren (nunmehrige) Prozessbevollmächtigte sie mit Schreiben vom 30. September 2004 zur Räumung und Herausgabe aufforderten und ihnen widrigenfalls die Erhebung einer Räumungs- und Zahlungsklage androhten (im Einzelnen Anlage B 2; Bl. 31 f. d.A.).
Dies geschah nicht; vielmehr erteilte eine Mitarbeiterin der Klägerin, Frau … dem Entrümpelungsunternehmen „Herrmann …” den Auftrag, die Wohnung vollständig zu räumen. Dies geschah am 18. Februar 2005, wobei die Beklagtenseite den Schlüssel zur Öffnung der Räumlichkeiten bereitstellte.
Mit der Klage verfolgt der Kläger den Ersatz seines hierbei weggekommenen oder bis zur Unbrauchbarkeit beschädigten Eigentums, wozu er die Beklagte vorprozessual vergeblich mit Fristsetzung auf den 1. April 2005 auffordern ließ.
Im Einzelnen behauptet der Kläger, folgende Gegenstände seien bei der von der Beklagten veranlassten Zwangsräumung abhanden gekommen:
- Akkuschrauber BOSCH
- Schlagbohrer AEG
- Handrührgerät und Toaster AKA
- Spiegelreflexkamera PRAKTIKA
- 2 Rückspiegel TATRA
- Notebook YAKUMO
- CDs: Windows XP, Office 2000, ca. 200 Audio
weiterhin,
zwei von den besagten Beauftragten mitgenommene Geräte, nämlich
- ein PC-Drucker EPSON
- ein Videorecorder PHILIPS
seien ihm zwar am 4. März 2005 zurückgegeben worden, jedoch in einem beschädigten/nicht mehr nutzbaren Zustand, hierbei hätten zudem dem Drucker der Papiereinzugsschacht und das Kabel, dem Recorder die Fernbedienung gefehlt.
Weiterhin ist zwischen den Parteien der Wert folgender Gegenstände streitig, deren Entfernung die Beklagte einräumt:
- 1 „alte Lampe”, vom Kläger als „flämische Krone, deutsche Handarbeit” bezeichnet
- 3 Deckenlampen aus Aluminium
- 1 Staubsauger EIO
- 1 Badezimmerschrank ALIBERT
- 1 WC-Bürsten-Gamitur
- 7–8 aufklappbare Sortierkisten mit Schrauben und Dübeln
- 1 Schreibtischstuhl
- 2teilige Schreibtischkombination.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.403,17 Euro nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01.04.2005 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen … und …. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Sitzung vom 1. Februar 2006 (Bl. 84 bis 98 d.A.) verwiesen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen, insbesondere auch wegen diverser geringfügiger Klageerweiterungen bzw. Teilklagerücknahmen, wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und ihre Anlagen verwiesen. Wegen der zuletzt geltend gemachten Zusammensetzung der Klagesumme wird die Aufstellung im Schriftsatz vom 14. Juli 2005 (Bl. 45 d.A.) in Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist teilweise begründet. Der Kläger hat gemäß § 831 Abs. 1 Satz 1 BGB dem Grunde nach Anspruch auf Schadenersatz gegen die Beklag...