Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnraummiete: Entfernung einer mit Zustimmung des Vermieters angebrachten Loggiaverglasung

 

Orientierungssatz

Widerruft der Vermieter aus berechtigtem Grund die noch von der volkseigenen Wohnungsverwaltung erteilte Zustimmung zur Verglasung einer Loggia, muß der Mieter die Verglasung beseitigen. Die Vorschrift des § 112 Abs. 2 S. 2 ZGB steht dem Widerruf nicht entgegen, da es sich bei der Verglasung nicht um eine im gesellschaftlichen Interesse liegende Verbesserung der Wohnung handelt.

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 02. August 2001 verkündete Urteil des Amtsgerichts Mitte - 16 C 428/00 - wird zurückgewiesen.

II. Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird das am 02. August 2001 verkündete Urteil des Amtsgerichts Mitte - 16 C 428/00 - geändert und neu gefasst:

Die Beklagte wird zugunsten des Herrn R G, straße ..., ... B, verurteilt, die Loggiaverglasung in der von ihr bewohnten Wohnung im Hause ... Straße ..., Vorderhaus, ... Obergeschoss links, ... B, fachgerecht zu beseitigen und an der Außen- und Innenwand der Loggia die erforderlichen Putz- sowie Maler- und Anstricharbeiten dergestalt fachgerecht vorzunehmen, dass ein einheitliches Erscheinungsbild der Gesamtfassade hinsichtlich Material-, Struktur- und Farbgebung gewahrt wird.

III. Die Kosten beider Rechtszüge hat die Beklagte zu tragen.

IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.500,00 Euro vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO a. F. abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

I. 1. Die Berufung der Beklagten ist gemäß § 511 ZPO a. F. statthaft und die gemäß § 511 a Abs. 1 ZPO a. F. erforderliche Mindestbeschwer ist erreicht. Der Beschwerdewert bemisst sich für die Beklagte auf der Grundlage einer fiktiven Minderungsquote, die sich ergeben könnte, wenn der Abbau der streitgegenständlichen Loggiaverglasung einen Mangel der Mietsache begründen würde. Auf der Grundlage einer angemessenen Minderungsquote von 10 % der geschuldeten Nettokaltmiete (376,09 DM) zuzüglich des Modernisierungszuschlages (3,02 DM) ergibt sich ein monatlicher Betrag in Höhe von 37,91 DM. Der fiktive Minderungsbetrag ist entsprechend § 9 Satz 1 ZPO mit dem Faktor 42 zu multiplizieren, so dass sich für die Beklagte ein Beschwerdewert von 1.592,22 DM. Die Form- und Fristvorschriften der §§ 516, 518 und 519 ZPO a. F. sind erfüllt. Die Berufung der Beklagten ist damit insgesamt zulässig.

2. Soweit die Klägerin im zweiten Rechtszug verlangt hat, dass die Beklagte die streitgegenständlichen Loggiaverglasung selbst abbauen solle, stellt sich ihr Antrag als unselbständige Anschlussberufung dar. Die unselbständige Anschlussberufung der Klägerin ist nach § 521 Abs. 1 ZPO a. F. zulässig.

II. Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg, während die unselbständige Anschlussberufung der Klägerin begründet ist.

1. Die Klägerin ist zur Geltendmachung der streitgegenständlichen Forderungen aktivlegitimiert, obwohl sie die von der Beklagten innegehaltene Wohnung während des Rechtsstreits an Herrn R G veräußert hat, der am 15. Februar 2002 als neuer Eigentümer in das Grundbuch eingetragen worden ist. Gemäß § 265 Abs. 1 ZPO ist die Klägerin nicht daran gehindert gewesen, die von der Beklagten innegehaltene Wohnung während des Rechtsstreits an Herrn R G zu veräußern. § 266 Abs. 1 ZPO ist auf die vorliegende Fallkonstellation nicht anwendbar, so dass die Vorschrift des § 265 Abs. 3 ZPO gilt. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass die Klägerin zur Geltendmachung der streitgegenständlichen Forderung nicht mehr befugt sei, denn das Urteil wirkt nach § 325 Abs. 1 ZPO gegen deren Rechtsnachfolger.

2. Die Klägerin hat gemäß § 550 BGB a. F. einen Anspruch gegen die Beklagte auf Abbau der streitgegenständlichen Loggiaverglasung. Bei baulichen Veränderungen der Mietsache kann ein Vermieter die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes verlangen, wenn die von ihm erteilte Zustimmung widerrufen wird. Die streitgegenständliche Loggiaverglasung gehört nicht zur vertragsgemäßen Ausstattung der von der Beklagten innegehaltenen Wohnung.

a) In § 2 Nr. 1 des Mietvertrages, der am 06. Juni 1983 zwischen der volkseigenen Wohnungsverwaltung B-P Berg und der Beklagten zustande gekommen ist, wurde von den Vertragsparteien festgehalten, dass die gemietete Wohnung mit einer Loggia ausgestattet sei. Entgegen der Auffassung der Beklagten lässt sich der Verwendung des Begriffs "Loggia" gerade nicht entnehmen, dass es sich um einen verglasten Raum handele. Im Duden (Bd. 5: Fremdwörterbuch), der das Standardwerk zur deutschen Sprache darstellt, findet sich folgende Definition des Begriffs "Loggia":

"1. Bogengang; gewölbte, von Pfeilern oder Säulen getragene, ein- oder mehrseitig offene Bogenhalle, die meist vor das Erdgeschoss gebaut oder auch selbständiger Bau ist

2. nach einer Seite offener, überdeckter, kaum oder gar nicht vorspringender Raum im (Ober)geschoss eines Hauses".

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