Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnraummiete: Entfernung einer vom Vermieter bislang geduldeten Balkonverglasung zwecks Fassadensanierung
Orientierungssatz
Ist die Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen an der Fassade des Hauses nicht möglich, ohne eine vom Vermieter bislang geduldete Balkonverglasung zu entfernen, muß der Mieter deren Beseitigung dulden. Der Mieter kann die Entfernung auch dann nicht verweigern, wenn die erneute Anbringung der Verglasung aus Gründen des Denkmalschutzes versagt ist.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 9. November 2001 verkündete Urteil des Amtsgerichts Mitte - 3 C 188/01 - geändert:
Die Beklagten werden verurteilt, die Entfernung der Balkonverglasung vor ihrer Wohnung auf dem Grundstück ... Berlin, Vorderhaus, Erdgeschoss links, zu dulden.
Die Kosten beider Rechtszüge haben die Beklagten zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO a.F. abgesehen.
Für das Berufungsverfahren ist gemäß § 26 Nr. 5 EGZPO die Zivilprozessordnung in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung anzuwenden, da die mündliche Verhandlung auf der die angefochtene Entscheidung beruht, vor diesem Datum stattgefunden hat und geschlossen worden ist.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung der Klägerin ist gemäß § 511 ZPO a.F. statthaft und die gemäß § 511a Abs. 1 ZPO a.F. erforderliche Mindestbeschwer ist erreicht. Denn die Klägerin hat auf Anfrage mitgeteilt, dass die Kosten für das Entfernen der streitgegenständlichen Balkonverglasung 1.917,13 DM betrage. Die Form- und Fristvorschriften der §§ 516, 518 und 519 ZPO a.F. sind erfüllt. Die Berufung ist daher insgesamt zulässig.
II. Die Berufung ist auch begründet.
Die Klägerin kann von den Beklagten die Duldung der Entfernung der Balkonverglasung vor ihrer Wohnung auf dem Grundstück ... Berlin, Vorderhaus, Erdgeschoss links, verlangen. Denn sie hat nachvollziehbar dargelegt, dass eine Reparatur der Balkonbrüstung ohne die Demontage der Balkonverglasung nicht möglich ist. Nach dem substantiierten Vortrag der Klägerin sind die Fugen des aufgesetzten Klinkerkranzes nach Auflage des Denkmalschutzes für die nach Entwürfen von ... sowie ... zwischen 1927 und 1939 erbauten Häuser in der ursprünglichen Farbe herzustellen, weswegen aufgrund der Alterung des Kalkmörtels die Klinkersteine aufzunehmen, zu säubern und mit hellockrigem Zementmörtel neu aufzumauern sind. Danach ist es auch ausgeschlossen, die beschriebenen Arbeiten durchzuführen, ohne die unstreitig auf dem Klinkerkranz befindlichen und mit diesem fest verbundenen Fensterelemente zu entfernen. Diesem Vortrag sind die Beklagten nicht in erheblicher Weise entgegengetreten. Soweit sie meinen, dass das beschriebene Verfahren zur Instandsetzung der Klinkersteine nicht notwendig sei, weil die Denkmalschutzbehörde unter Punkt 4.4 zu den durchzuführenden Putzarbeiten die Anlage von Musterflächen u.a. für das Reinigungsverfahren der Klinkerflächen verlangt habe, was bedeute, dass diese nur gereinigt werden müssten, ist dies unzutreffend. Denn wie von den Beklagten selbst zitiert, sollen auch Musterflächen für die erforderliche Erneuerung von Fenster- und Balkonbrüstungsabdeckungen erfolgen. Daraus ergibt sich, dass auch die Erneuerung der Balkonbrüstungsabdeckungen erforderlich sind. Inwieweit das Verputzen der Fassade auch ohne Entfernung der Balkonverglasung erfolgen kann, ist unerheblich, da die Instandsetzung des Klinkerkranzes auf der Balkonbrüstung einen anderen Teil der insgesamt durchzuführenden Fassadenarbeiten betrifft. Es kommt - anders als die Beklagten meinen - auch nicht darauf an, ob ein Nachbarbalkon "wesentlich größere Flächen von Fassadendefekten aufweist" als ihr eigener. Denn angesichts des von der Klägerin vorgelegten Fotos können die Beklagten den seitens der Klägerin vorgetragenen Zustand ihres Balkons nicht einfach bestreiten.
Es kann daher offen bleiben, ob die Erneuerung der Fenster auch trotz Beibehaltung der Balkonverglasung möglich wäre oder aber schon durchgeführt wurde, weil jedenfalls die Renovierungsbedürftigkeit des Klinkerkranzes der Balkonabdeckung deren Entfernung notwendig macht.
Die Beklagten haben die Instandsetzungsmaßnahmen an dem Mauerwerk, der Balkonabdeckung und den Fenstern gemäß § 541a BGB zu dulden und die dafür notwendige Entfernung der Balkonverglasung hinzunehmen.
Die Beklagten können die Duldung auch nicht deshalb verweigern, weil sie nach der erfolgten Entfernung der Balkonverglasung keinen Anspruch auf deren Wiederanbringung haben. Die Klägerin hat dargelegt, dass ihr im Hinblick auf das denkmalgeschützte Objekt von der Denkmalschutzbehörde eine Wiederanbringung der Verglasung an der streitgegenständlichen Wohnung untersagt worden ist. Damit können die Beklagten ihre Duldung der Sanierungsmaßnahmen nicht von einer Wiederanbringung der Verglasung abhängig machen. Denn sie verlangen insoweit etwas, was der Klägerin aufgrund der ablehnenden Haltun...