Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufung in Mietsachen: Beschwer des zur Duldung von Modernisierungsarbeiten verurteilten Mieters
Orientierungssatz
Die Beschwer des zur Duldung von Modernisierungsarbeiten verurteilten Mieters ist gemäß § 3 ZPO unter Heranziehung der Grundsätze des § 9 ZPO auf den 42fachen Betrag der auf Grund der Modernisierung voraussichtlich begründeten Mieterhöhung zu schätzen.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - das am 5. Dezember 2001 verkündete Urteil des Amtsgerichts Tiergarten - 9a C 153/01 - hinsichtlich der Verurteilung zur Zahlung gemäß Nr. 1 des Tenors abgeändert und neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 99,70 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 1 DÜG aus jeweils 19,94 DM seit dem 1. Februar 2001, 1. März 2001, 1. April 2001, 1. Mai 2001 und 1. Juni 2001 zu zahlen.
Im Übrigen wird der Zahlungsantrag abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO a.F. in Verbindung mit § 26 Nr. 5 EGZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Beklagten ist zulässig. Insbesondere ist die gemäß § 511 a ZPO a.F. in Verbindung mit § 26 Nr. 5 EGZPO erforderliche Beschwer von mehr als 1.500,- DM erreicht. Die Beschwer des zur Duldung von Modernisierungsarbeiten verurteilten Mieters ist gemäß § 3 ZPO unter Heranziehung der Grundsätze aus § 9 ZPO auf den 42fachen Betrag der aufgrund der Modernisierung voraussichtlich begründeten Mieterhöhung zu schätzen (BVerfG GE 1996, 600; LG Berlin NZM 1999, 1036; LG Berlin GE 1996, 1115; Kinne/Schach, Mietvertragsrecht, II Rn 12). Die von der Klägerin in diesem Zusammenhang angeführte Entscheidung (LG Berlin GE 2001, 1468) ist nicht einschlägig. Denn diese betraf die Beschwer eines zur Duldung von Instandsetzungsmaßnahmen verurteilten Mieters. In diesem Fall richtet sich dessen Beschwer bei wirtschaftlicher Betrachtung nach seinem Aufwand zur Zutrittsgewährung. Auf die Duldung von Modernisierungsmaßnahmen ist dies nicht übertragbar, denn neben der Verpflichtung, diese zu dulden und ggf. Zutritt zu gewähren, haben Modernisierungsmaßnahmen im Gegensatz zu Instandsetzungsmaßnahmen regelmäßig eine höhere Miete zur Folge. Bei wirtschaftlicher Betrachtung ist dies in der Regel die maßgebliche Grundlage für die Bemessung des Interesses eines Mieters, der sich hiergegen wehrt.
In der Sache ist die Berufung des Beklagten teilweise begründet.
Das Amtsgericht hat den Beklagten zu Recht zur Zahlung der sich aus der Mieterhöhungserklärung wegen gestiegener Betriebskosten vom 13. Oktober 2000 ergebenden höheren Mieten verurteilt. Auch Betriebskostenerhöhungen, die im Laufe mehrerer Jahre angefallen sind, können mit einer Erhöhungserklärung mit Wirkung für die Zukunft geltend gemacht werden. Erhöhte Anforderungen an die Begründung einer solchen Mieterhöhung lassen sich § 4 Abs. 2 MHG nicht entnehmen. Insbesondere sind die Kostensteigerungen nicht, wie der Beklagte meint, in jährlichen Abschnitten aufzuschlüsseln. Ohne Erfolg beanstandet der Beklagte weiter, dass die Kostensteigerungen nach dem Stichtag 31. Dezember 1999 berücksichtigt seien. Ein Vermieter ist nicht gehalten, während des laufenden Jahres jegliche Steigerungen einzelner Betriebskostenarten weiterzugeben, zumal sich letztlich erst aufgrund der Endabrechnungen der Versorgungsunternehmen, die regelmäßig erst im folgenden Jahr erteilt werden, eine Erhöhung oder Verminderung der Kosten insgesamt feststellen lässt. Der Beklagte dringt ferner nicht mit seinem Einwand durch, der Verteilungsmaßstab zwischen Alt- und Neubau sei nicht erkennbar. Ausweislich der streitgegenständlichen Mieterhöhungserklärung werden Kostensteigerungen für die auf den Altbau entfallenden Kosten geltend gemacht und die jeweiligen Aufwendungen nach den angegebenen Stichtagen gegenüber gestellt. Einwendungen gegen diese Kostenansätze hätte der Beklagten ggf. nach Einsicht in die Unterlagen bei der Klägerin konkretisieren müssen.
Der Beklagte beanstandet jedoch mit Recht, dass das Amtsgericht eine Minderung aufgrund der Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück nicht berücksichtigt habe. Der von dem Beklagten geschuldete Mietzins ist in der Zeit vom 16. Oktober 2000 bis zum 31. Dezember 2000 gemäß § 537 BGB a.F. bzw. § 536 BGB n.F. um 20 %, d.h. insgesamt um 72,49 DM gemindert. Das Amtsgericht hat im vorliegenden Fall die Anforderungen an die substantiierte Darlegung der Gebrauchsbeeinträchtigung zu hoch angesetzt. Die Errichtung eines Neubaus auf dem Nachbargrundstück stellt nach der allgemeinen Lebenserfahrung eine Baumaßnahme dar, die zwangsläufig mit nicht unerheblichen Geräuscheinwirkungen verbunden ist. In einem solchen Fall auch ohne eine konkrete Darlegung des Mieters bezüglich des quantitativen und qualitativen Ausmaßes der jeweiligen Beeinträchtigungen eine durchschnittliche Minderungsquote für die gesamte Dauer der Bauarbeiten festzusetzen, auch wenn in einzelnen...