Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnraummiete: Pflicht zur Duldung einer Fenstermodernisierung
Orientierungssatz
Der Gebrauchswert einer Wohnung wird durch den Austausch von Holzkastendoppelfenster bzw. Holzverbundfenster gegen Kunststoffisolierglasfenster nicht verbessert. Der Mieter ist daher nicht zur Duldung dieser Modernisierungsmaßnahme verpflichtet.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - das am 16. Mai 2001 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schöneberg - 103 C 6/01 - abgeändert und neu gefasst:
1. Die Beklagten werden bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes, ersatzweise Ordnungshaft, verurteilt, die Durchführung von Bauarbeiten in den von ihnen bewohnten Mieträumen ... Berlin, ..., 2. Obergeschoss rechts, Wohnung Nr. 8, in der Zeit vom 26. März 2001 bis 8. Juni 2001 zu dulden:
d) Demontage der vorhandenen Eternit Balkonbrüstungsplatte und Einbau einer neuen Balkonbrüstungsplatte der Marke ... Bauplatte-Exterior, Entrosten, zweimaliges Vorstreichen und zweimaliges Streichen der Balkonunterseite mit Betonschutzfarbe
2. Es wird festgestellt, dass der ursprüngliche Klageantrag zu 1 a) erledigt ist.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 22 % und die Beklagten 78 % zu tragen.
Tatbestand
Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO a.F. in Verbindung mit § 26 Nr. 5 EGZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung wahrt die Formen und Fristen der §§ 516, 518, 519 ZPO a.F. in Verbindung mit § 26 Nr. 5 EGZPO. Sie ist gemäß §§ 511, 511 a ZPO a.F. in Verbindung mit § 26 Nr. 5 EGZPO zulässig und teilweise begründet.
In Bezug auf die von der Klägerin mit dem ursprünglichen Klageantrag zu 1 a) geltend gemachte Verpflichtung der Beklagten, die Anbringung einer Vollwärmeschutzfassade zu dulden, war nach zwischenzeitlicher Ausführung der Arbeiten die Erledigung des Rechtsstreits festzustellen. Die Klage war insoweit zulässig und begründet, denn die Beklagten waren aufgrund der Ankündigung mit Schreiben vom 11. November 2000 gemäß § 541 b BGB a.F. verpflichtet, die vorgenannte Maßnahme zu dulden.
Die Arbeiten sind mit dem genannten Schreiben ordnungsgemäß angekündigt worden, indem sie nach Art, Umfang, Ausmaß und Zeitpunkt hinreichend genau beschrieben worden sind. Der genauen Berechnung der zu erwartenden Energieeinsparung oder gar der Beifügung einer Wärmebedarfsberechnung bedurfte es in der Ankündigung nicht. Das Anbringen einer Vollwärmeschutzfassade auf einer bislang nicht gedämmten Fassade stellt als Maßnahme zur Einsparung von Heizenergie eine von den Beklagten grundsätzlich gemäß § 541 b Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. zu duldende Maßnahme dar, ohne dass insoweit ein bestimmtes Maß der Energieeinsparung notwendig ist. Maßnahmen zur Einsparung von Heizenergie sind im Gegensatz zu den sonstigen Modernisierungsmaßnahmen auch umlagefähig, wenn mit ihnen keine Verbesserung des Wohnwerts verbunden ist. Sie brauchen - im Hinblick auf das öffentliche Interesse an Einsparung von Heizenergie - auch für den einzelnen Mieter nicht rentabel zu sein, wenn die erzielte Einsparung von Heizenergie wesentlich und von Dauer ist und damit der Allgemeinheit zugute kommt (OLG Karlsruhe GE 1984, 1079). Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Dämmung von nur drei Außenseiten des Hauses (Vorderfassade, Hoffassade und rechte Giebelwand) insgesamt zu keiner nachhaltigen Energieeinsparung führt, sind nicht ersichtlich.
Ohne Erfolg berufen sich die Beklagten im vorliegenden Fall auf das Vorliegen einer besonderen Härte. Zwar kann sich grundsätzlich aus der aufgrund einer Modernisierung folgenden Mieterhöhung eine solche Härte ergeben, etwa wenn das Ausmaß der Mieterhöhung in keinem vernünftigen und wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zum Umfang der Gebrauchswertverbesserung steht. Im Falle von Maßnahmen zur Einsparung von Heizenergie stellt sich die Frage der Härte aufgrund des Verhältnisses von Mieterhöhung zur Energieeinsparung nicht im Rahmen der Duldung. Denn im Gegensatz zu anderen Modernisierungsmaßnahmen wird hier nach der obergerichtlichen Rechtsprechung im Rahmen der Mieterhöhung nach § 3 MHG eine Begrenzung der Mieterhöhung vorgenommen.
Denn der Mieter muss nicht unbegrenzt jede einseitige Erhöhung des vertraglich vereinbarten Mietzinses hinnehmen. Vielmehr müssen bauliche Maßnahmen auch aus der Sicht des Mieters objektiv wirtschaftlich vertretbar sein. Bei einem Verstoß gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit entfällt aber der Mieterhöhungsanspruch nicht vollständig. Es sind aber nur diejenigen Kosten auf die Mieter umlagefähig, die auch bei Beachtung der Wirtschaftlichkeitsgrundsätze entstanden wären. Unnötige, unzweckmäßige oder überhöhte Aufwendungen müssen außer Betracht bleiben, wobei sich der Maßstab nach dem Standpunkt eines vernünftigen Wohnungsvermieters unter Berücksichtigung eines vertretbaren Kosten-Nutzen-Verhältnisses richtet (OLG Karlsruhe aaO.). In diesem Rahmen werden die Belange des Mieters hinreichen...