Verfahrensgang

AG Berlin-Neukölln (Urteil vom 14.10.1996; Aktenzeichen 10 C 331/96)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 14. Oktober 1996 verkündete Urteil des Amtsgerichts Neukölln – 10 C 331/96 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung ist nach § 511 ZPO statthaft und nach § 511 a ZPO zulässig. Sie ist nach den §§ 516, 518, 519 ZPO in der vorgeschriebenen Form und Frist eingelegt und begründet worden.

II.

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Duldung der mit der Klage geltend gemachten Umbauarbeiten aus § 541 b BGB. Der Umbau des Balkons zu einem Wintergarten stellt keine Modernisierungsmaßnahme im Sinne des § 541 b Abs. 1 BGB dar.

1.

Nach § 541 b Abs. 1 Satz 1 BGB hat der Mieter Maßnahmen zur Verbesserung der gemieteten Räume, zur Einsparung von Heizenergie oder zur Schaffung neuen Wohnraums zu dulden, es sei denn, daß die Maßnahme für ihn oder seine Familie eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters und anderer Mieter in dem Gebäude nicht zu rechtfertigen wäre. Eine Maßnahme zur Verbesserung der gemieteten Räume im Sinne dieser Bestimmung ist jede bauliche Veränderung der Mietsache, die im Rahmen ihres Zwecks den Gebrauchswert erhöht und eine bessere Benutzung ermöglicht. Eine Maßnahme zur Einsparung von Heizenergie ist eine Maßnahme, durch die nachhaltig Heizenergie einspart. Geschaffen wird neuer Wohnraum, der vorher nicht vorhanden war (vgl. Palandt-Putzo, BGB, 55. Aufl., § 541 b, Rdnr. 7–9).

2.

Die Beurteilung, ob eine Maßnahme der Verbesserung dient, erfolgt alleine nach objektiven Gesichtspunkten durch Abwägung der Vor- und Nachteile nach der Verkehrsauffassung (vgl. KG, RES V, 34, 38). Es kommt nicht darauf an, ob sie für den einzelnen Mieter eine Verbesserung bringt, ob er die verbessernden Einrichtungen nutzen will oder nicht. Offenbleiben kann in diesem Zusammenhang, ob der Umbau eines Balkons in einen Wintergarten ausschließlich dem Begriff der Verbesserungsmaßnahme oder auch oder ausschließlich dem Begriff der Schaffung neuen Wohnraums unterfällt. Der Gesetzgeber hat im Vierten Mietrechtsänderungsgesetz vom 21. Juli 1993 (vgl. BGBl. 1993 Teil I S. 1257) dieses zusätzliche Merkmal lediglich zur Klarstellung für solche Fälle in das Gesetz mitaufgenommen, in denen zweifelhaft sein kann, ob die bauliche Maßnahme ihrer Natur nach als Verbesserung von Wohnraum einzustufen ist, wie dies insbesondere bei reinen An- und Aufstockungsbauten der Fall sein kann (vgl. Blömeke/Blümmel/Kinne/Lorenz, A, S. 6). Die Gesetzesneufassung bezweckte hingegen nicht eine Einschränkung des bisherigen Anwendungsbereichs der Vorschrift, die dann einträte, wenn man bei Umbaumaßnahmen, die für den Mieter objektiv nicht nur Vor- sondern auch Nachteile haben, von der sonst gebotenen Interessenabwägung absähe.

3.

Die danach rechtlich gebotene objektive Interessenabwägung fällt zu Lasten des Klägers aus.

3.1.

Vorteilhaft ist es allerdings für den Mieter, daß er den Wintergarten ganzjährig nutzen kann und dadurch vollwertigen Wohnraum dazugewinnt. Unstreitig möchte der Kläger für den Umbau wärmedämmende Fenster verwenden, die eine Nutzung auch im Winter zu Wohnzwecken ermöglicht.

Dieser Vorteil wird aber bereits dadurch wieder erheblich eingeschränkt, daß der neu geschaffene Wohnraum mit unstreitig etwa 8 Quadratmeter vergleichsweise klein und damit in den Nutzungsmöglichkeiten sehr eingeschränkt ist.

3.2.

Diesem danach bereits eingeschränkten Vorteil steht als gewichtiger Nachteil gegenüber, daß der Mieter nach dem Umbau den Balkon nicht mehr als solchen nutzen kann. Ein Balkon ist insbesondere in Großstädten ein bedeutender Ersatz für den fehlenden privaten Garten. Er hat einen hohen Nutzwert zu Freizeit- und Erholungszwecken, da er es den Mietern ermöglicht, sich unter Wahrung der Privatsphäre im Freien aufzuhalten. Diesem hohen Wert entspricht es, daß die Schaffung eines Balkons ihrerseits als Wohnwertverbesserung eingestuft wird (vgl. Blömeke/Blümmel/Kinne/Lorenz, B, „Balkon”). Der Wintergarten hingegen schränkt diese Möglichkeit ein. Auch wenn der Wintergarten durch öffnen der Fenster lüftbar ist, so darf doch nicht außer Acht gelassen werden, daß er dennoch ein umschlossener Raum bleibt, der das Eindringen von Sonnenlicht nur eingeschränkt zuläßt und damit im Gegensatz zu einem Balkon ein Sonnenbad erschwert. Hinzukommt, daß die Nutzung des ohnehin kleinen Raumes (5,23 m × 1,53 m) bei gleichzeitiger Öffnung sämtlicher Fenster und auch bei der Öffnung einzelner Fenster eingeschränkt wird, da sich zwei der drei mittleren Fenster der Frontseite gegenseitig behindern, so daß sie nicht um 180 Grad, sondern lediglich um 90 Grad aufgeklappt werden können und dadurch in den Raum hineinragen. Diese Nachteile werden auch nicht dadurch aufgewogen, daß den Mietern ein zum Haus gehörender Garten zur Verfügung steht. Di...

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