Verfahrensgang
AG Berlin-Neukölln (Urteil vom 10.03.1993; Aktenzeichen 4 C 597/92) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 10. März 1993 verkündete Urteil des Amtsgerichts Neukölln – 4 C 597/92 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen und insoweit auf die Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die statthafte Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit zulässig (§§ 516, 518, 519 ZPO).
II.
Auch in der Sache hatte das Rechtsmittel Erfolg und mußte zu einer Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung führen.
1. Die Beklagten sind nicht verpflichtet, die von den Klägern beabsichtigte Durchführung von Heizungssträngen durch ihre Wohnräume zu dulden. Eine solche Duldungspflicht käme nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 541 a bzw. des § 541 b BGB in Betracht.
1. Den Klägern stand aus § 541 b BGB kein Duldungsanspruch zu. § 541 b Abs. 1 BGB bestimmt, daß der Mieter Maßnahmen des Vermieters zur Verbesserung der gemieteten Räume oder sonstiger Teile des Gebäudes oder zur Einsparung von Heizenergie unter bestimmten Voraussetzungen zu dulden hat. Die Durchführung der Heizungsstränge, die dem Anschluß der im 4. OG liegenden Wohnung an die bereits vorhandene zentrale Heizungsanlage dienen sollte, führt nicht zu einer Verbesserung der gemieteten Räume. Die Beklagten haben keinerlei Nutzen von den Heizungsleitungen, da diese nach den Ausführungen des Sachverständigen … im Termin am 1. Februar 1994, isoliert werden müßten und folglich keine Wärme in den nicht an die zentrale Heizungsanlage angeschlossenen Wohnungen abgeben. Die Durchführung der Heizungsleitungen führt auch nicht zu einer Verbesserung der sonstigen Teile des Gebäudes. Der Modernisierungsbegriff umfaßt zwar bereits nach dem Wortlaut des § 541 b Abs. 1 BGB nicht nur Maßnahmen zur Verbesserung der angemieteten Räume, sondern auch sonstiger Teile des Gebäudes. Unter Berücksichtigung der in § 3 MHG, § 11 2. Berechnungsverordnung und dem früheren § 11 Altbaumietenverordnung enthaltenen Definitionen, ist der Modernisierungsbegriff des § 541 b BGB dahingehend zu verstehen, daß er alle baulichen Maßnahmen des Vermieters abdeckt, die die allgemeinen Wohnverhältnisse nachhaltig und auf Dauer verbessern (Blömecke-Blümmel, Die Modernisierung und Instandsetzung von Wohnraum, Teil A, Rn. 21, 24). Folglich sind auch Modernisierungsmaßnahmen außerhalb der eigentlichen Mieträume nach § 541 b BGB zu beurteilen, sofern sie mittelbar auch dem Gebrauchswert der Wohnung zugutekommen, ohne daß sie mit einem Eingriff in die Substanz der Mietwohnung verbunden sind, wie z.B. die Anbringung einer wärmedämmenden Fassade. Gleiches gilt von solchen Maßnahmen, die der Schaffung bzw. Verbesserung von Einrichtungen dienen, die allen Mietern zugute kommen, wie z.B. die Anlage von KFZ-Stellplätzen oder eines Kinderspielplatzes. Auch solche Maßnahmen sind zwar nicht mit einem Eingriff in die Substanz der Mietwohnung verbunden, wirken sich aber gleichwohl auf den Mietvertrag aus, weil sie den Vermieter dazu berechtigen können, gem. § 3 Abs. 1 MHG eine Erhöhung der Miete vorzunehmen. Ein solcher Bezug zum Wohnwert der betreffenden Wohnung fehlt aber völlig, wenn der Vermieter eine bereits seit vielen Jahren ausgebaute Wohnung an die zentrale Heizungsanlage anschließen will. Hiervon werden die Interessen der Mieter in keiner Weise berührt und eine Mieterhöhung in Form eines Wertverbesserungszuschlages gegenüber den Beklagten wäre nicht berechtigt.
Der Anschluß der im 4. OG liegenden Wohnung, die bisher mit einer Gasetagenheizung ausgestattet ist, an die zentrale Heizungsanlage stellt sich vielmehr als eine sogenannte modernisierende Instandsetzungsmaßnahme im Sinne des § 541 a BGB dar, die von den Mietern auch dann zu dulden ist, wenn sie nicht nur dem Erhalt der Mietsache im bisherigen Zustand dient, sondern die wirtschaftlich sachgerechtere Maßnahme darstellt.
Unter die vom Mieter grundsätzlich und unbedingt zu duldenden Erhaltungsmaßnahmen fallen zwar nur Maßnahmen, die zur Sicherung der Sache in ihrem ursprünglichen, wirtschaftlichen Bestand erforderlich sind (Emmerich-Sonnenschein, Miete, 6. Aufl., Rn. 2 zu §§ 541 a, 541 b BGB). Das bedeutet aber nicht, daß der Vermieter gleichsam zur einer „restaurierenden” Instandsetzung verpflichtet wäre. Der Vermieter hat vielmehr das Recht, auch den jeweils neusten Stand der Technik einzuhalten. Die Verpflichtung des Vermieters, die Mietsache in einem zu vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten, bedeutet nicht, daß der (Original-)zustand zu erhalten ist, der bei Mietbeginn bestanden hat (Blömecke-Blümel, a.a.O., Rn. 12).
Zum Schutz des Mieters muß der Anspruch auf Duldung von Maßnahmen, die letztlich der Erhaltung nicht der von ihm, sondern einem anderen Mieter innegehaltenen Wohnräumen diene...