Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Urteil vom 28.03.2003; Aktenzeichen 222 C 320/02)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 06.07.2004; Aktenzeichen 5 StR 204/04)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers wird unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung des Beklagten das am 28. März 2003 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg – 222 C 320/02 – geändert und neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger, vertreten durch die Mitarbeiter der Firma … Hausverwaltung GmbH, Herrn … sowie Frau … mit einer Ankündigungspflicht von einer Woche werktäglich von 10.00–13.00 Uhr und 15.00–18.00 Uhr Zutritt zu der von ihm genutzten Wohnung in … Berlin, …straße … zu gewähren.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten beider Rechtszüge haben der Kläger zu 1/5 und der Beklagte zu 4/5 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

 

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten ist teilweise begründet. Das angefochtene Urteil muss geändert werden, da der Klage zwar überwiegend, aber nicht vollständig stattzugeben ist.

1) Berufung und Anschlussberufung sind zulässig.

Die Berufung des Beklagten ist statthaft gemäß § 511 Abs. 1 ZPO. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt die gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO geforderten 600 EUR. Die Berufungsfrist nach § 517 ZPO und die Begründungsfrist nach § 520 Abs. 2 ZPO wurden eingehalten. Die Anforderungen an die Berufungsschrift nach § 519 ZPO und an die Berufungsbegründung nach § 520 Abs. 3 ZPO sind erfüllt. Der vom Kläger zweitinstanzlich gestellte Hilfsantrag stellt eine gemäß § 524 ZPO zulässige Anschlussberufung dar. Insbesondere ist die Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO gewahrt.

2) Die Berufung des Beklagten ist teilweise begründet. Das Urteil ist abzuändern, da die Klage zwar überwiegend, letztlich aber nur im Umfang des klägerischen Hilfsantrages aus der Anschlussberufung Erfolg hat.

Der Kläger kann von dem Beklagten verlangen, ihm, vertreten durch die Mitarbeiter der Firma … Hausverwaltung GmbH, Herrn … sowie Frau …, mit einer Ankündigungspflicht von einer Woche werktäglich von 10–13 Uhr und 15–18 Uhr Zutritt zu der von ihm genutzten Wohnung in … Berlin, …straße … zu gewähren.

Es kann dahinstehen, ob es sich bei der Abänderung des Urteils noch um ein vom ursprünglichen Klägerantrag umfasstes Minus handelt, oder ob insoweit schon eine andere Sachentscheidung („aliud”) vorliegt, denn in letzterem Fall ist die Abänderung jedenfalls im Rahmen des als Anschlussberufung auszulegenden Hilfsantrags des Klägers zulässig.

Dieser Anspruch ergibt sich allerdings nicht schon aus der formularmäßigen Vereinbarung in § 16 Nr. 1 des Mietvertrages vom 01. Oktober 1967.

Zwar ist der Kläger jedenfalls am 10. Juli 2003 gemäß § 566 BGB in den Mietvertrag eingetreten und damit alleiniger Vermieter. Dies ergibt sich aus der Eintragung des Klägers im Grundbuch, welche vom Kläger erstmals in der Berufungsinstanz vorgetragen wurde und wegen § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO zu berücksichtigen war. Der Nichtvortrag in der ersten Instanz beruhte schon deshalb nicht auf einer Nachlässigkeit des Klägers, weil die Eintragung erst nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils stattfand. Somit ist dieses Angriffsmittel unproblematisch erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung entstanden und war daher zu berücksichtigen (vgl. Thomas/Putzo, § 631 ZPO, Rn. 16).

Jedoch verstößt die Klausel gegen das Verbot, den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen zu benachteiligen, § 307 Abs. 1 BGB. Die Vorschrift des § 307 BGB ist vorliegend anwendbar, da es sich bei der Klausel um eine allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 BGB handelt und diese in den Vertrag miteinbezogen wurde. In der Klausel wird geregelt, dass der „Vermieter und sein Beauftragter … die Mieträume werktäglich von 10–13 und 15–18 Uhr zur Prüfung ihres Zustandes betreten können”. Was die Klausel nicht enthält, ist eine Bestimmung, welche dieses Zutrittsrecht von einer vorherigen Terminabsprache mit dem Vermieter abhängig macht Eine solche ist indes notwendig, da es dem Mieter schon allein aufgrund seines Rechts auf Privatsphäre als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG und dem Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 GG gestattet sein muss, einem Besucher ungewollte Einblicke in den persönlichen Lebensbereich zu verwehren. Zudem ist gerade bei Dauerschuldverhältnissen auf die berechtigten Interessen der Parteien Rücksicht zu nehmen. Dazu gehört auch, die Berufstätigkeit des Mieters zu berücksichtigen. Somit kann insbesondere ein vormittäglicher Besuch zur üblichen Arbeitszeit ohne Absprache grundsätzlich nicht möglich sein. Wenn der Vermieter sich durch eine formularmäßige Vereinbarung nicht von seiner grundsätzlichen Ankündigungspflicht frei zeichnen kann (allgemeine Meinung, vgl. Schmidt-Futterer, § 535 BGB, Rn...

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