Verfahrensgang
AG Berlin-Mitte (Urteil vom 08.09.2022; Aktenzeichen 117 C 257/21) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 8. September 2022 verkündete Urteil des Amtsgerichts Mitte – 117 C 257/21 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Das Mietverhältnis zwischen den Parteien über die Wohnung im Hause …straße … in … Berlin, Ebene …, bestehend aus zwei Zimmern, Küche, Bad und Flur wird bis zum 31. Januar 2024 zu den bisherigen mietvertraglichen Bedingungen und ab dem 1. Februar 2024 auf bestimmte Zeit bis zum 31. Januar 2026 mit der Maßgabe fortgesetzt, dass die monatliche Nettokaltmiete ab dem 1. Februar 2024 458,30 EUR beträgt und im Übrigen die sonstigen bisherigen Bedingungen des Mietvertrages fortgelten.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß §§ 313a Abs. 1, 540 Abs. 2, 544 Abs. 2 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Berufung ist unbegründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung aus den §§ 546 Abs. 1, 985 BGB. Die von der Klägerin ausgesprochene Eigenbedarfskündigung hat nicht zur Beendigung des Mietverhältnisses geführt. Die Beklagten haben der Kündigung gemäß §§ 574 Abs. 1, Abs. 2, 574a Abs. 1 Satz 1 BGB wirksam widersprochen, da die Beendigung des Mietverhältnisses für den Beklagten zu 2) mangels angemessenen Ersatzwohnraums zu zumutbaren Bedingungen eine unzumutbare Härte darstellen würde. Sie haben gemäß §§ 574a Abs. 2 Satz 1 BGB, 308a Abs. 1 Satz 1 ZPO einen Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses auf bestimmte Zeit zu den aus dem Tenor ersichtlichen Bedingungen.
1)
Die Berufung rügt allerdings im Ausgangspunkt zu Recht, dass die Kündigung vom 18. Februar 2021 als Eigenbedarfskündigung gemäß §§ 573 Abs. 1, 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB wirksam ist. Danach besteht ein berechtigtes Interesse des Vermieters zur ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses, wenn er die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt. Diese Voraussetzungen sind, anders als es das Amtsgericht angenommen hat, erfüllt:
Die Kündigungserklärung vom 18. Februar 2021 ist zunächst formell wirksam:
Gemäß § 573 Abs. 3 Satz 1 BGB setzt die Wirksamkeit einer Kündigungserklärung voraus, dass die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses in dem Kündigungsschreiben angegeben sind. Der Zweck dieser Vorschrift besteht darin, dem Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition zu verschaffen und ihn dadurch in die Lage zu versetzen, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen (vgl. BT-Drs. 6/1549, 6?f. zu § 564?a I 2 BGB aF). Diesem Zweck wird im Allgemeinen Genüge getan, wenn das Kündigungsschreiben den Kündigungsgrund so bezeichnet, dass er identifiziert und von anderen Gründen unterschieden werden kann; bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs ist daher grundsätzlich die Angabe der Person, für die die Wohnung benötigt wird, und die Darlegung des Interesses, das diese Person an der Erlangung der Wohnung hat, ausreichend (vgl. BGH, Urt. v. 22. Mai 2019 – VIII ZR 167/17, NZM 2019, 527, beckonline Tz. 19 m.w.N.; Kammer, Beschl. v. 14. Februar 2023 – 67 S 288/22, ZMR 2023, beckonline Tz. 3).
Diesen Anforderungen genügt die Kündigungserklärung vom 18. Februar 2021. Aus dieser ließ sich für die Beklagten zweifelsfrei entnehmen, dass die Klägerin als Eigentümerin der streitgegenständlichen Wohnung diese in Zukunft selbst zu nutzen beabsichtigt, da sie in Berlin in einem Restaurant arbeiten wird, an dem sie Anteile erworben hat.
Es ist für die Formwahrung unschädlich, dass die Klägerin in dem Kündigungsschreiben keine Angaben zu ihrer familiären Situation sowie dazu gemacht hat, dass auch ihr Sohn jedenfalls mittelfristig die streitgegenständliche Wohnung mit ihr bewohnen soll. Zwar ist die konkrete und eine Individualisierung zulassende Bezeichnung der Bedarfsperson erforderlich, wenn ausschließlich für diese Eigenbedarf geltend gemacht wird (vgl. BGH, Urt. v. 22. Mai 2019, a.a.O., Tz. 19; Kammer, Beschl. v. 14. Februar 2023, a.a.O., Tz. 3). Im hier vorliegenden Fall macht die Klägerin jedoch den Eigenbedarf auch für ihre eigene Person geltend, so dass es für die formale Begründung der Kündigung nicht darauf ankommt, ob neben ihr auch noch eine in der Kündigungserklärung unerwähnte Bedarfsperson in die streitgegenständliche Wohnung einzuziehen beabsichtigt.
Der von der Klägerin geltend gemachte Eigenbedarf besteht, auch wenn die Beklagten den Eigennutzungswillen der Klägerin bestritten haben. Die Voraussetzungen von § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB sind schon dann erfüllt, wenn der Eigennutzungswunsch tatsächlich besteht und auf vernünftigen, der Rechtsordnung nicht widersprechenden Erwägungen...