Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Urteil vom 22.07.2002; Aktenzeichen 20 C 64/02)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 22. Juli 2002 verkündete Urteil des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg – 20 C 64/02 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.800,00 EURO vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

I.

Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 2 ZPO n. F. abgesehen. Der Streitstand stellt sich wie folgt dar:

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Räumung der mit – nur von den Beklagten unterschriebenen – Mietvertrag vom B. April 1986 gemieteten Wohnung aufgrund der am 5. Februar 2002 ausgesprochenen Kündigung mit der Begründung in Anspruch, diese hätten die Mieten für Januar und Februar 2002 bis zu diesem Zeitpunkt nicht gezahlt. Da bereits in einem vorangegangenen Räumungsrechtsstreit die Nachzahlung der Mieten im März 2001 die mit Schreiben vom 21.8.2000 ausgesprochene Kündigung geheilt habe, könnten sich die Beklagten nicht auf eine erneute Heilung berufen.

Der Beklagte zu 2) beruft sich darauf, dass er unstreitig bereits aus der Wohnung ausgezogen ist und auch nicht mehr beabsichtigt, in diese wieder einzuziehen. Beide Beklagten berufen sich darauf, dass mangels Unterzeichnung des Mietvertrages seitens des Vermieters die darin enthaltene Vorfälligkeitsklausel nicht gelte, so dass sie aufgrund der Fortgeltung des § 551 BGB a. F. mit ihrer Mietzahlung am 7. Februar 2002 nur mit einer Monatsmiete in Verzug gewesen seien. Selbst bei. Geltung des § 569 b BGB n. F. seien sie im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am 5. Februar 2002 noch nicht mit zwei Monatsmieten in Verzug gewesen, da auch dann Fälligkeit der zweiten Miete erst mit Ablauf des 5. Februar 2002 eingetreten sei, da es sich um einen Sonnabend gehandelt habe.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die eingelegten Berufungen sind gem. § 511 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO statthaft und zulässig, da sie den notwendigen Wert der Beschwer erreichen (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n. F.) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet wurden (§§ 517, 519, 520 ZPO n. F.).

III.

1. Berufung des Beklagten zu 2)

Die Berufung des Beklagten zu 2) hat schon deswegen Erfolg, weil das Rechtsschutzbedürfnis für die Räumungsklage gegen ihn auf Grund seines Auszuges aus der Wohnung und der vorstehend wiedergegebenen Erklärung entfallen ist. Zwar erlischt nach dem RE des BGH vom 2.11.1995 (NJW 1995, 515 = GE 1996, 255) dadurch, dass einer von mehreren Mietern den Besitz an der Wohnung im Gegensatz zu dem anderen aufgibt, nicht der gegen diesen gerichtete Rückgabeanspruch. Für den ausgezogenen Mieter liegt auch nicht Unmöglichkeit vor. Unvermögen liegt auch nicht vor, da nicht auszuschließen ist, dass der ausgezogene Mieter durch Einwirkung auf den verbliebenen Mieter die Rückgabe an den Vermieter herbeiführen kann. Die Räumungsklage ist daher auch gegen den ausgezogenen Mieter zu richten (Schach in Kinne/Schach, Miet- und Mietprozessrecht, 3. Aufl. 2002, § 546 BGB Rn. 2). Das Rechtsschutzbedürfnis für die Räumungsklage entfällt aber, wenn – wie hier – der ausgezogene Mieter erklärt, sich keinerlei Rechte an der streitbefangenen Wohnung mehr zu berühmen. Insoweit reicht die Erklärung im Schriftsatz vom 23.10.2002 aus, dass er nicht mehr beabsichtigt, in die Wohnung wieder einzuziehen. Unabhängig davon war aber seine Berufung aber auch aus den zu 2. angeführten Gründen erfolgreich,

2. Berufung der Beklagten zu 1)

Die Berufung der Beklagten zu 1) – und damit aus diesem Grunde auch diejenige des Beklagten zu 2) – hatte Erfolg, weil im Zeitpunkt des Zugangs der fristlosen Kündigung kein kündigungsbegründender Rückstand gem. § 543 Abs. 2 Nr. 3 Nr. a) BGB bestand, der auf die nach Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes am 1.9.2001 ausgesprochene Kündigung anzuwenden war. Denn die Vorfälligkeitsklausel in § 4 Nr. 1 des nur von den Beklagten unterschriebenen Mietvertrages vom 8.4.1986 war unwirksam, da gem. § 8 des Mietvertrages die Aufrechnung nur nach vorheriger schriftlicher Anzeige einen Monat vor Fälligkeit der Miete zulässig war, wodurch das Minderungsrecht des Mieters eingeschränkt (BGH WuM 1978, 620; OLG Hamm NJW-RR 1989, 274, 275). Wegen der Unwirksamkeit der Aufrechnungsklausel war aber auch die Vorfälligkeitsklausel unwirksam (BGH GE 1995, 40 = NJW 1995, 254 f. = WuM 1995, 28). Unabhängig von der Frage, ob die Regelungen in dem nur von den Beklagten unterschriebenen Mietvertragsformular Bestandteil eines auf dieser Grundlage zustande gekommenen mündlichen Mietvertrages waren oder nicht, galt mithin für die Fälligkeit der Miete die – anstelle der unwirksamen Regelung des Mietvertrages tretende – gesetzliche Regelung des § 551 BGB a. F., wonach die Miete nach dem Ende des jeweiligen Monats zu zahlen war. Diese Regelung ist durch § 556 b BGB als neue gesetzliche Regelung nicht abgelöst worden, da sie nicht für Altverträge gilt (Art. 229 § 3...

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