Verfahrensgang

AG Berlin-Spandau (Urteil vom 20.07.1998; Aktenzeichen 8 C 202/98)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 20. Juli 1998 verkündete Urteil des Amtsgerichts Spandau – 8 C 202/98 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die statthafte (§ 511 ZPO), den notwendigen Wert der Beschwer erreichende (§ 511 a Abs. 1 ZPO), form- und fristgerecht eingelegte und begründete (§§ 516, 518, 519 ZPO) Berufung ist zulässig.

II.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Räumungsanspruch gegen den Beklagten gemäß § 556 Abs. 1 BGB nicht zu. Denn das Mietverhältnis der Parteien besteht fort:

Die erste fristlose Kündigung vom 23. März 1998 ist durch Zahlung unwirksam geworden. Die Klägerin hat vom BA Spandau zwei Zahlungen über 1.524,54 DM (= 4 Monatsmieten) und weitere 381,13 DM erhalten. Diese Zahlungen decken die geltend gemachten Mietzinsen von November 1997 bis einschließlich April 1998. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen, die sich die Kammer zu eigen macht (§ 543 Abs. 1 ZPO). Für den Monat Mai 1998 hat die Klägerin weder Mietzins noch Nutzungsentschädigung geltend gemacht.

Die mit Schriftsatz vom 16. Mai 1998 erklärte Kündigung konnte das Mietverhältnis ebenfalls nicht beenden. Zum einen hat das Amtsgericht zutreffend festgestellt, daß der Mietzinsrückstand nicht auf die Kosten der Thermenwartung gestützt werden konnte; auch insoweit schließt sich die Kammer den zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts an. Zum anderen waren die rückständigen Mietzinsen bereits Gegenstand der Kündigung vom 23. März 1998. Ist die fristlose Kündigung innerhalb der Schonfrist unwirksam geworden, so lebt sie nicht dadurch wieder auf, daß der Mieter innerhalb der Frist erneut in Zahlungsverzug gerät (vgl. Kinne in Kinne/Schach, Mietvertrags- und Mietprozeßrecht, Teil I § 554 RN 53); gilt dies auch für die Kündigung wegen rückständige Mietzinsen, die bereits Anlaß zu einer vorangegangenen Kündigung mit den gleichen rückständigen Mietzinsen gaben.

Auch die auf § 554 Abs. 1 BGB gestützte Kündigung vom 6. November 1998 hat das Mietverhältnis nicht beendet. Diese Kündigung ist ebenfalls gemäß § 554 Abs. 1 Nr. 1 BGB unwirksam, da der Beklagte zum Zeitpunkt der Kündigung nicht mit zwei aufeinanderfolgenden Mieten für die Monate Oktober und November 1998 in Verzug war. Insoweit ist zwar unstreitig, daß der Beklagte diese Mieten nicht gezahlt hat. Die Mieten waren zum Zeitpunkt der Kündigung am 6. November 1998 bzw. bei deren Zugang … noch nicht fällig, weshalb der Beklagte noch nicht in Verzug mit der Mietzinszahlung war. In Verzug geraten konnte der Beklagte nach § 284 Abs. 2 S. 1, Abs. 1 S. 1 BGB nur, wenn er zum ersten Tag des Folgemonats den Mietzins noch nicht bezahlt oder zur Zahlung angewiesen hatte. Zur Zahlung fällig war der Mietzins gemäß § 551 Abs. 1 S. 2 BGB mit Ablauf des jeweiligen Monats, da der Mietzins nach dem Vertrag monatsweise zu zahlen war. Da gemäß § 551 Abs. 1 S. 2 BGB die Leistungszeit nach dem Kalender bestimmt war, konnte der Beklagte nur insoweit auch ohne Mahnung in Verzug geraten.

Einen früheren Fälligkeitszeitpunkt haben die Parteien nicht wirksam vereinbart. Der Mietvertrag enthält zwar in § 4 Nr. 1 eine Regelung, wonach der Mietzins monatlich im voraus, spätestens am dritten Werktag eines Monats zu zahlen ist. Diese Klausel ist jedoch wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam. Die Unwirksamkeit folgt aus dem Umstand, daß der Mietvertrag in § 9 eine Klausel enthält, wonach die Aufrechnung und die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts wegen Gegenforderungen (des Mieters) davon abhängen soll, daß der Mieter diese Absicht mindestens einen Monat vorher dem Vermieter anzeigen muß. Eine derartige Klausel ist wegen Verstoßes gegen § 11 Nr. 2 AGBG unwirksam, da sie das Zurückbehaltungsrecht des Mieters aus § 320 BGB einschränkt (vgl. Urteile der Kammer vom 22. März 1996 – 64 O 20/95, GE 1996, 679 und vom 3. März 1995 – 64 S 399/94 – GE 1995, 757; LG Berlin (ZK 61) GE 1996, 978). Die Unwirksamkeit dieser Klausel erfaßt auch die Vorfälligkeitsklausel in § 4 Nr. 1 des Mietvertrages (vgl. Urteil der Kammer vom 11. Februar 1997 – 64 S 445/96 –, GE 1997, 621 m.w.N.).

Die Kammer weicht mit dieser Entscheidung auch nicht von dem Rechtsentscheid des OLG Hamm (MDR 1993, 336 ff.) ab. Gegenstand dieses Rechtsentscheides war zwar eine Mietvertragsklausel, die mit der hiesigen wortgleich ist. Das OLG hat in dem o.g. Rechtsentscheid jedoch festgestellt, daß die Vorfälligkeitsklausel wirksam sei, da wegen der verwendeten Aufrechnungsklausel keine unangemessene Benachteiligung des Mieters bestehe (a.a.O. S. 338). Dagegen stützt das OLG seine Erwägungen nicht auf die Einschränkung des Zurückbehaltungsrechts, die es jedoch wegen Verstoßes gegen § 11 Nr. 2 b AGBG für unwirksam hielt (a.a.O. S. 338). Die Kammer hält jedoch die Vorfällig...

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