Verfahrensgang
AG Berlin-Neukölln (Urteil vom 22.08.1996; Aktenzeichen 7 C 252/96) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 22. August 1996 verkündete Urteil des Amtsgerichts Neukölln – 7 C 252/96 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die statthafte (§ 511 ZPO), form- und fristgerecht eingelegte und begründete (§§ 516, 518, 519 ZPO) Berufung ist zulässig. Die notwendige Beschwer nach § 511a Abs. 1 ZPO ist erreicht. Die Beschwer der Klägerin bemißt sich am Kosteninteresse, das über 1.500.- DM liegt.
Entscheidungsgründe
II.
In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg.
Zu Recht hat das Amtsgericht entschieden, daß ein Räumungsanspruch der Klägerin gemäß § 556 Abs. 1 zu keinem Zeitpunkt bestanden hat, da weder die mit Schreiben vom 9. Mai 1996 ausgesprochene Kündigung noch die in der Klageschrift erneut ausgesprochene Kündigung das Mietverhältnis gemäß § 554 Abs. 1 Nr. 1 BGB beendet hat. Die Beklagten haben sich zu keinem Zeitpunkt mit der Zahlung zweier aufeinanderfolgender monatlicher Mietzinsraten in Verzug befunden.
In Verzug geraten konnten die Beklagten gemäß § 284 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BGB nur, wenn sie zum ersten Tag des Folgemonats den vereinbarten Mietzins noch nicht bezahlt oder zur Zahlung angewiesen hatten (vgl. hierzu Kammerurteil vom 3. März 1995 – 64 S 399/94, GE 1995, 757). Zur Zahlung fällig war der Mietzins gemäß § 551 Abs. 1 Satz 2 BGB mit Ablauf des jeweiligen Monats, da der Mietzins nach dem Vertrag monatsweise zu zahlen war. Da nach § 551 Abs. 1 Satz 2 BGB die Leistungszeit nach dem Kalender bestimmt war, kamen die Beklagten ohne Mahnung in Verzug.
Einen früheren Fälligkeitszeitpunkt haben die Parteien in § 4 Nr. 1 des Mietvertrages nicht wirksam vereinbart. Die Klausel ist im Zusammenhang mit der Klausel in § 7 des Mietvertrages, die ihrerseits wegen Verstoßes gegen § 11 Nr. 2 AGBG unwirksam ist, gemäß § 9 AGBG wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam.
Nach § 7 des Vertrages kann der Mieter gegenüber Mietforderungen mit Gegenforderungen nur aufrechnen oder ein Zurückbehaltungsrecht ausüben, wenn er seine Absicht dem Vermieter mindestens einen Monat vor der Fälligkeit der Miete schriftlich angezeigt hat. Diese Klausel verstößt, wie Kammer in ihrem Urteil vom 22. März 1996 – 64.O.20/85 – (GE 1996, 679) bereits für ein gewerbliches Mietverhältnis entschieden hat, wegen der Einschränkung des Zurückbehaltungsrechts des Mieters gemäß § 320 BGB gegen die Vorschriften des AGB-Gesetzes, hier gegen § 11 Nr. 2a) und b) AGBG (ebenso LG Berlin, Zivilkammer 61, GE 1996, 978).
Die Unwirksamkeit dieser Klausel erfaßt nach § 9 AGBG auch die Vorfälligkeitsklausel in § 4 Nr. 1 des Vertrages. Die Vorfälligkeitsklausel als solche begegnet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unter anderem nur deshalb keinen rechtlichen Bedenken, weil die Klausel den Mieter nicht hindert, seinen Erfüllungsanspruch im Wege des § 320 BGB geltend zu machen (vgl. BGH, GE 1995, 40). Wird dieses Zurückbehaltungsrecht wie hier durch eine andere vertragliche Klausel eingeschränkt, so führte dies, jedenfalls bei Wirksamkeit der das Zurückbehaltungsrecht einschränkenden Klausel, zu einer unangemessenen Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Mieters im Sinne des § 9 AGBG.
Gleiches gilt, wenn die das Zurückbehaltungsrecht einschränkende Klausel ihrerseits wegen Verstoßes gegen die Bestimmungen des AGB-Gesetzes unwirksam ist. Der Bundesgerichtshof hat in seiner bereits zitierten Entscheidung ausgesprochen, daß sich der Verwender einer aus zwei Teilen bestehenden Klausel, deren einer Teil nur Bestand haben kann, wenn der andere Teil unwirksam ist, wegen des Gebotes der Transparenz vorformulierter Vertragsbedingungen nicht auf die Unwirksamkeit des anderen Klauselteils berufen kann. Dies gelte auch bei äußerlich getrennten Klauseln, die sich zumindest in einem bestimmten Anwendungsbereich wechselseitig ausschlössen (a.a.O., S. 41). Danach kann sich die Klägerin hier nicht auf die Unwirksamkeit der Regelung über die Einschränkung des Zurückbehaltungsrechts berufen.
Eine Verpflichtung zur Vorlage gemäß § 541 Abs. 1 Satz 1 ZPO besteht nicht. Das Urteil der Kammer weicht nicht von dem Rechtsentscheid des OLG Hamm vom 15. März 1993 (GE 1993, 365) ab. Gegenstand dieses Rechtsstreits war nur die Frage, ob eine Kombination einer Vorauszahlungs- mit einer Aufrechnungsklausel mit dem AGB-Gesetz vereinbar ist. Das vorliegende Urteil betrifft jedoch die Frage einer Kombination zwischen einer Vorauszahlungs- mit einer Klausel über die Einschränkung des Zurückbehaltungsrechts. Eine Vorlage wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage hält die Kammer nicht für geboten. Zwar hat die Zivilkammer 61 des Landgerichts Berlin in ihrem Urteil vom 24. Juni 1996 (GE 1996, 541) die Klausel für wirksam gehalten, weil sie ein Verstoß gegen das Transparenzgebot nicht für gegeben erachtet hat. Die genannte Kammer hat sich dabei aber nicht mit der Rechtsauffassung in der erwähnten Entscheidung des Bundesgerichtshofs auseinan...