Entscheidungsstichwort (Thema)
Verdacht des Verrats von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen
Verfahrensgang
AG Bielefeld (Beschluss vom 02.08.2002; Aktenzeichen 9 Gs 3345/02) |
StA Bielefeld (Aktenzeichen 56 Js 1053/02) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten der Beteiligten verworfen.
Tatbestand
I.
Die Staatsanwaltschaft Bielefeld ermittelt gegen den Beschuldigten wegen des Verdachts des Verrats von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen und der Verletzung von Privatgeheimnissen, §§ 17 UWG, 203 StGB. Der Beschuldigte soll während der letzten Wochen seiner Tätigkeit als Bilanzbuchhalter für die Wirtschaftsberatungs- und Steuerberatungsgesellschaft R. in … langjährige Mandanten, teils durch Täuschung, zu einem Wechsel zu seinem neuen Arbeitgeber, der Beteiligten, veranlasst haben. Daneben habe er mandantenbezogene Datensätze in erheblichem Umfang kopiert, auf externe Datenträger gespeichert und entwendet. Ferner habe er Dokumente per Telefax an die Beteiligte übersandt und die entsprechenden Sendeprotokolle vernichtet.
Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Bielefeld vom 31.07.2002 hat das Amtsgericht Bielefeld durch Beschluss vom 02.08.2002 – 9 Gs 3345/02 – die Durchsuchung der Geschäftsräume der Beteiligten in … angeordnet. Die Durchsuchung ist am 28.08.2002 durchgeführt worden. Dabei sind die in dem Durchsuchungs-/Sicherstellungsprotokoll vom 28.08.2002 unter lfd. Nrn. 1–3 bezeichneten Gegenstände (Bl. 90 d.A.) beschlagnahmt worden. Das Amtsgericht hat durch Beschluss vom 03.09.2002 – 9 Gs 3780/02 – die Beschlagnahme dieser Gegenstände richterlich bestätigt. Die Durchsicht der Gegenstände ist bislang nicht abgeschlossen.
Gegen die Durchsuchungsanordnung des Amtsgerichts vom 02.08.2002 richtet sich die mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 10.09.2002 eingelegte Beschwerde der Beteiligten.
Zur Begründung ihres Rechtsmittels führt die Beteiligte aus, dass der angefochtene Beschluss den Tatvorwurf nur schlagwortartig bezeichne, ohne hinreichende tatsächliche Angaben über die aufzuklärenden Tatsachen zu enthalten. Ferner sei von vorneherein anzunehmen gewesen, dass nur Beweismittel aufgefunden würden, die gem. § 97 StPO nicht der Beschlagnahme unterliegen. Insoweit richte sich die Beschwerde auch gegen eine zu erwartende Durchsicht der beschlagnahmten Gegenstände.
Die Staatsanwaltschaft führt demgegenüber aus, dass die Durchsuchungsanordnung ausreichend konkret gefasst sei. Die beschlagnahmten Beweismittel bedürften erst der Sichtung, bevor erkennbar werde, welche Gegenstände beschlagnahmefrei sind. Diese Daten würden dann gelöscht. Eine andere Vorgehensweise sei bei lediglich elektronisch gespeicherten Daten bereits technisch nicht möglich.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.
1.)
Die gegen die Durchsuchungsanordnung vom 02.08.2002 gerichtete Beschwerde ist zulässig. Die Durchsuchung ist bislang nicht beendet, denn die Auswertung der beschlagnahmten Gegenstände ist nicht abgeschlossen. Die noch andauernde Durchsicht i.S.d. § 110 StPO ist Bestandteil der Durchsuchungsmaßnahme (Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, Komm., 45. Aufl. 2001, § 105, Rdnr. 15 m.w.N.). Soweit sich die Beteiligte zugleich gegen eine Durchsicht der beschlagnahmten Gegenstände wendet, ist die Beschwerde ebenfalls zulässig, denn die Durchsicht als Teil der andauernden Durchsuchung ist wie diese anfechtbar (Kleinknecht/Meyer-Goßner, a.a.O., § 110, Rdnr. 6). Für eine auf die Untersagung der Durchsicht gerichtete Beschwerde fehlt es nicht an einem schutzwürdigen Rechtsschutzinteresse der Beteiligten, denn die Durchsicht der beschlagnahmten Gegenstände steht unmittelbar bevor bzw. ist ohne weiteres zu erwarten.
2.)
In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg. Die gegen die Beteiligte gerichtete Durchsuchungsanordnung vom 02.08.2002 ist rechtmäßig. Sie entspricht den rechtsstaatlichen Anforderungen, trägt einer angemessenen Beschränkung der Zwangsmaßnahme Rechnung und beachtet den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
a)
Die Anordnung der Durchsuchung nach § 103 StPO erfordert das Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachts gegen den Beschuldigten. Ausreichend ist der auf bestimmte tatsächliche Anhaltspunkt gestützte konkrete Verdacht, dass eine Straftat begangen worden ist und der Verdächtige als Täter oder Teilnehmer in Betracht kommt. Eines hinreichenden oder gar dringenden Tatverdachts bedarf es nicht (BGH NJW 2000, 84).
Der Beschuldigte war bei der Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft R. als Bilanzbuchhalter weitestgehend eigenverantwortlich tätig. Zum 30.06.2002 kündigte er das Anstellungsverhältnis und ist seit dem 01.07.2002 bei der Beteiligten beschäftigt. In unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang damit wurde durch die Fa. R. festgestellt, dass fast der gesamte umsatzbringende Mandantenstamm unter Kündigung des bisherigen Beratungsverhältnisses zu dem neuen Arbeitgeber des Beschuldigte...