Verfahrensgang
AG Herne-Wanne (Beschluss vom 08.11.2005) |
Gründe
Die ehemaligen Angeklagten sind durch Urteil des Amtsgerichts Herne-Wanne vom 12.04.05 freigesprochen worden. Eine dagegen von der Staatsanwaltschaft eingelegte Berufung ist vor deren Begründung zurückgenommen worden.
Mit am 26.07.05 eingegangenen Anträgen begehrten die Verteidiger der Freigesprochenen pp1 und pp2 die Festsetzung der ihren Mandanten entstandenen Auslagen wie folgt:
1. Instanz 2. Instanz Summe
Freigesprochener: 1.589,20 EUR 649,60 EUR 2.238,80 EUR
Freigesprochene 1.667,27 EUR 649,60 EUR 2.316,87 EUR
Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf Bl. 275 und 27815 Bezug genommen.
Mit den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschlüssen wurden die erstattungsfähigen Auslagen wir folgt festgesetzt
1. Instanz 2. Instanz Summe
Freigesprochener: 1.310,80 EUR 0,00 EUR 1.310,80 EUR
Freigesprochene 1.388,87 EUR 0,00 EUR 1.388,87 EUR
Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf Bl. 286 und 290 Bezug genommen.
Die Absetzungen sind wie folgt begründet:
1. Die Bedeutung, der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit und die Schwierigkeit lägen zwar über dem Durchschnitt der bei dem Amtsgericht verhandelten Strafsachen, seien jedoch nicht als außergewöhnlich hoch zu bewerten. Kompensiert würde dies durch die unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnisse der Freigesprochenen, so dass die Gebühren im einzelnen wie folgt zu bemessen wären:
Gebühr zuerkannte statt beantragter
VV 4100 250,00 EUR 300,00 EUR
VV 4106 200,00 EUR 250,00 EUR
VV 4108 330,00 EUR 400,00 EUR
VV 4108 330,00 EUR 400,00 EUR.
2. Auslagen für die zweite Instanz seien grundsätzlich nicht erstattungsfähig, da das Rechtsmittel vor dessen Berufung zurückgenommen worden sei. Eine anwaltliche Beratung sei ohne Berufungsbegründung effektiv nicht möglich.
Mit ihren Beschwerden verfolgen die Freigesprochenen ihre Festsetzungsanträge in ursprünglicher Höhe unter Bezugnahme auf die hierfür angegebene Begründung weiter und führen ergänzend aus, dass der Auftrag zur Vertretung in der Berufungsinstanz bereits am Tage der Verkündung des erstinstanzlichen Urteils erteilt worden wäre, als die Staatsanwältin die Einlegung einer Berufung ankündigte. Sie hätten daraufhin mehrfach fernmündlichen Kontakt zur sachbearbeitenden Staatsanwältin aufgenommen und so eine Rücknahme der Berufung erreicht.
II.
Die statthaften und zulässig eingelegten Beschwerden sind unbegründet.
Die durch den Rechtspfleger beim Amtsgericht Herne-Wanne festgesetzten Gebühren sind zutreffend und berücksichtigen sämtliche Aspekte der anwaltlichen Tätigkeit angemessen. Die Gebührenbestimmung der beteiligten Rechtsanwälte, die die Höchstgebühren in Ansatz gebracht haben, ist aufgrund von Unbilligkeit nicht bindend.
Aufgrund des Freispruchs des Amtsgerichts Herne-Wanne hat die Staatskasse den früheren Angeklagten die eigenen notwendigen Auslagen zu erstatten. Die Höhe der zu erstattenden Gebühren setzt nach der für Rahmengebühren einschlägigen Vorschrift des § 14 Satz 1 RVG grundsätzlich der Rechtsanwalt unter Berücksichtigung alter Umstände nach billigem Ermessen fest. Hat - wie hier - ein Dritter die Gebühren zu ersetzen, ist diese Bestimmung verbindlich, sofern sie nicht unbillig ist, § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG.
Vorliegend entspricht die Festsetzung der Höchstgebühren nicht dem billigen Ermessen. Ob eine Unbilligkeit im Sinn dieser Vorschrift vorliegt, muss anhand der Umstände des Einzelfalls geprüft werden. Dabei ist dem Umstand Rechung zu tragen, dass dem Verteidiger ein Ermessen zusteht, so dass nicht jede abweichende Wertung dazu führen kann, dass das anwaltliche Ermessen durch das gerichtliche Ermessen ersetzt wird. Andererseits ist eine Korrektur auch nicht auf die Fälle der groben Unbilligkeit beschränkt (vgl. Gerold/Schmidt/v.Eicken/Madert/Müller-Rabe, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 16. Auflage, § 14 Rdnr. 12). Unbilligkeit liegt nach gefestigter Rechtsprechung entsprechend dann vor, wenn die Bestimmung durch den Rechtsanwalt um mehr als 20% von den angemessenen Gebühren abweicht (vgl. Gerold/Schmidt/v.Eicken/Madert/Müller-Rabe, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 16. Auflage, § 14 Rdnr. 34; Hartmann, Kostengesetze, § 14, Rdnr. 24). Indizien für die Unbilligkeit sind dabei die völlig fehlende Nichtbeachtung eines auf der Hand liegenden Umstandes sowie die Zugrundelegung eines abwegigen Maßstabes (Gerold/Schmidt/v.Eicken/ Madert/Müller-Rabe, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 16. Auflage, § 14 Rdnr. 13).
Unter Berücksichtigung dieser Umstände begegnet die Festsetzung von Höchstgebühren erheblichen Bedenken. Auch die Frage, ob Höchstgebühren angemessen sind, ist eine Einzelfallentscheidung. Man darf den Höchstwert des Rahmens nur bei überdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen und einer besonderen Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit ansetzen, nicht schon dann, wenn die Sache zwar eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung hat, rechtlich aber einfach gelagert ist (Mü VersR 77, 1036, aM AG Betzdorf AnwBl 84, 454). Die Höchstgebühr ist andererseits ...