Verfahrensgang

AG Bochum (Aktenzeichen 43 II 62/88)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Die Antragsgegner werden verpflichtet, den Streitverkündeten die Haltung von Schlangen in der Wohnung im Erdgeschoß des Hauses …, in … zu untersagen und die Entfernung aller dort befindlichen Schlagen binnen zwei Wochen nach Rechtskraft des Beschlusses zu veranlassen.

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz tragen die Antragsgegner.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Geschäftswert wird auf 5.000,– DM festgesetzt.

 

Gründe

Antragstellerin und Antragsgegner sind Wohnungseigentümer der Wohnungseigentumsanlage … in …. Die Antragsgegner haben ihre Wohnung an die Streitverkündeten vermietet und ihnen im Mietvertrag die Schlangenhaltung genehmigt. Die Streitverkündeten halten in einem Zimmer der Wohnung in 27 Terrarien ca. 40 Schlangen, von denen etwa 3/4 giftig sind.

Ordnungsrechtliche Bedenken gegen die Schlangenhaltung sind seitens der Stadt Bochum außer einer Auflage, daß vor dem Fenster des Zimmers ein Maschengitter anzubringen sei, nicht geäußert worden.

Die Antragstellerin fühlt sich durch die Tierhaltung in der Nutzung ihres Wohnungseigentums beeinträchtigt. Sie macht zum einen geltend, daß aus dem Zimmer, in dem die Schlange gehalten werden, Gerüche in ihr darübergelegenes Schlafzimmer dringen. Desweiteren könne sie, seitdem sie von der Schlangenhaltung erfahren habe, nicht mehr ruhig schlafen.

Sie hat erstinstanzlich beantragt, die Antragsgegner zu verpflichten, den Streitverkündeten die Haltung von Schlangen in der Wohnung zu untersagen und deren Entfernung zu veranlassen.

Die Antragsgegner und die Streitverkündeten haben beantragt, den Antrag der Antragstellerin zurückzuweisen. Sie haben geltend gemacht, daß die Schlange keinen Geruch entwickeln, im übrigen artgerecht und sicher gehalten würden, so daß eine Gefährdung für Mitbewohner von den Schlangen nicht ausgehen könne.

Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Amtsgericht die Antragsgegner und die Streitverkündeten unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags verpflichtet, die in der Wohnung des Streitverkündeten gehaltenen Giftschlangen zu entfernen.

Gegen diese Entscheidung wenden sich die Beteiligten mit den gem. § 145 Abs. 1 WEG zulässigen sofortigen Beschwerden.

Die Beteiligten sind durch den Berichterstatter der Kammer persönlich angehört worden. Für Ergebnis der Anhörung wird auf die Sitzungsniederschrift v. 12.11.1988 Bezug genommen.

In der Sache war dem Antrag der Antragstellerin in vollen Umfang stattzugeben. Da weder eine Hausordnung existiert, noch die Teilungserklärung eine Regelung über Tierhaltung enthält, richtet sich die Entscheidung nach §§ 13, 14 WEG. Danach darf der einzelne Wohnungseigentümer von den im Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nur in solcher Weise Gebrauch machen, daß dadurch keinen der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Die Frage, ob die Schlangenhaltung in einer Eigentumswohnung nach den genannten Vorschriften zulässig ist, ist soweit ersichtlich, bisher nicht entschieden; lediglich in einer erstinstanzlichen Entscheidung (vgl. AG Rüsselsheim in ZMR 1987 Seite 272) ist ausgeführt worden, daß ein Vermieter aus Gesichtspunkten der Fürsorge gegenüber den Mitmietern gehalten sei, seinem Mieter die Genehmigung der Haltung zweiter Königsphyton-Schlangen in der Mietwohnung zu versagen. Die Kammer vertritt die Auffassung, daß die Haltung von 40 Schlangen, von denen 3/4 Giftschlangen sind, in den 27 Terrarien in einer Eigentumswohnung einen übermäßigen Gebrauch des Sondereigentums im Sinne der §§ 13, 14 WEG darstellt. Ein Wohnungseigentümer ist daher gehalten, seinem Mieter eine derartige Tierhaltung zu untersagen.

Die Antragstellerin fühlt sich durch die Schlangenhaltung in der unter ihr eigene liegenden Wohnung zu Recht in der Benutzung ihre Eigentums gestört. Zwar ist bei der hier zu entscheidenden Frage nicht jede Überempfindlichkeit eines Wohnungseigentümers zu berücksichtigen. Die Schlangenhaltung, zumal in dem hier betriebenen Ausmaß, in einer Wohnung ist außergewöhnlich, stößt bei weiten Bevölkerungsschichten auf emotionale Vorbehalte und führt zu Ängsten. Wenn dies zum Teil auch darauf zurückzuführen ist, daß über Verhaltensweisen und Gewohnheiten von Schlangen weitgehend Unkenntnis besteht, so sind die verbreiteten Ängste nicht ganz ungerechtfertigt. Schlangen gelten in der Regel als gefährlich. Bei den Giftschlangen versteht sich dies von selbst. Aber auch ungiftige Schlangen können gefährlich sein. Im vorliegenden Fall kann zwar davon ausgegangen werden, daß die Tiere artgerecht und sicher aufgehoben sind, und daß eine akute konkrete Gefährdung einer der Wohnungseigentümer nicht festzustellen ist. Es kann dennoch die Gefahr eines Entweichens einer Schlange aufgrund eines nicht vorhersehbaren Zufalls oder aufgrund...

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