Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Durchführung eines Insolvenzverfahrens. Voraussetzungen für das Vorliegen von Insolvenzgründen. Anforderungen an einen Schuldenbereinigungsplan
Leitsatz (amtlich)
Die Beiordnung eines RA gemäß § 4a Abs. 2 InsO ist grundsätzlich auch schon für das Eröffnungsverfahren möglich.
Fehlende Deutschkenntnisse allein rechtfertigen die Beiordnung eines Anwalts nicht. Im Rahmen der besonderen Fürsorgepflicht des Gerichts hat dieses unter Umständen einen Dolmetscher hinzuzuziehen.
Die Absicht des Schuldners, einen Insolvenzplan vorzulegen, begründet keinen Anspruch auf Beiordnung eines RA. Die Beiordnung eines RA ist nur dann erforderlich, wenn der Schuldner Pflichtaufgaben im Rahmen des Insolvenzverfahrens zu erfüllen hat. Das bloße Recht zur Erstellung eines Insolvenzplans reicht insoweit nicht aus.
Normenkette
InsO §§ 4a, 4d Abs. 1, § 4a Abs. 2, § 4 Abs. 4
Tatbestand
I.
Der Schuldner stellte mit Schriftsatz v. 4.12.2001 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, Gewährung der Restschuldbefreiung, Stundung der Verfahrenskosten, Beiordnung eines RA und Durchführung des Verfahrens im Rahmen der Eigenverwaltung. Er betrieb in den Jahren 1992 – 1995 ein Restaurant, zunächst 1992/93 in V., sodann 1994/95 in W. Daraus sind Verbindlichkeiten verblieben, insbesondere auch Forderungen der AOK.
Der Schuldner macht geltend, er verdiene als angestellter Kellner mtl. 1.550 DM netto. Er lebe von seiner Ehefrau getrennt und sei zwei Kindern im Alter von 8 und 13 Jahren unterhaltsverpflichtet. Der Schuldner ist in Italien geboren und italienischer Staatsbürger. Er hat weder eine Schulausbildung noch eine Ausbildung absolviert. Im Jahr 1977 ist er nach Deutschland eingewandert.
Zur Begründung seines Beiordnungsantrags führte der Schuldner aus, er sei nicht in der Lage, im Rahmen des deutschen Rechtswesens seine Interessen selbstständig zu vertreten. Er beabsichtige einen Insolvenzplan einzureichen, der lediglich durch einen Anwalt erstellt werden könne.
Unter dem 14.1.2001 reichte der Schuldner eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ein, auf die Bezug genommen wird. Ferner erstellte er unter dem 23.1.2001 ein Vermögensverzeichnis, auf das ebenfalls verwiesen wird.
Mit Schriftsatz v. 7.2.2002 begehrte der Schuldner die Beiordnung von RA B. für das Eröffnungsverfahren, mit der Begründung, er sei nicht in der Lage, ohne anwaltliche Hilfe den geforderten 13-seitigen Bogen auszufüllen.
Durch Beschl. v. 15.2.2002 wies das AG Bochum den Antrag des Schuldners auf Beiordnung eines RA für das Eröffnungsverfahren zurück. Zur Begründung führte es aus, dass die Beiordnung eines RA im Eröffnungsverfahren gem. § 4a InsO nicht in Betracht komme, weil Voraussetzung dafür die Stundung der Kosten des Verfahrens sei. Eine Stundungsentscheidung sei vorliegend jedoch noch nicht ergangen. Für die Kosten des Eröffnungsverfahrens sei eine positive Stundungsentscheidung regelmäßig nicht zu treffen, weil bei Masselosigkeit für diesen Verfahrensabschnitt keine Kosten anfielen. I.Ü. sei Masse zur Deckung der Kosten vorhanden.
Gegen diesen dem Schuldner am 27.2.2002 zugestellten Beschluss hat dieser mit Schriftsatz v. 1.3.2002, eingegangen bei Gericht am 5.3.2002, sofortige Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beiordnung von RA B. für das Beschwerdeverfahren beantragt. Zur Begründung hat der Schuldner ausgeführt, dass er aufgrund seiner fehlenden Deutschkenntnisse nicht in der Lage sei, ohne die Beiordnung eines RA seine Rechte durchzusetzen. Da das Gericht eine ihn belastende Entscheidung getroffen habe, sei insoweit die Fürsorgepflicht nicht erfüllbar.
Zur Begründung der Beschwerde hat er ausgeführt, dass auch bei Masselosigkeit die Mindestgebühr für das Insolvenzverfahren anfalle und daher in jedem Fall Gebühren entstünden.
Das AG Bochum hat der Beschwerde mit Beschl. v. 6.3.2002 nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
Mit Schriftsatz v. 3.4.2002 hat der Schuldner hilfsweise die Bewilligung von PKH für das Beschwerdeverfahren beantragt.
Entscheidungsgründe
II.
Die gem. § 4d Abs. 1, 4 InsO, §§ 567, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Schuldners ist begründet.
Die Beiordnung eines RA gem. § 4a Abs. 2 InsO ist grds. auch schon für das Eröffnungsverfahren möglich. Sie setzt gem. § 4a Abs. 2 InsO die Stundung der Verfahrenskosten voraus. Eine Stundung der Verfahrenskosten kommt nach § 4a Abs. 1 InsO in sämtlichen Verfahrensabschnitten des Insolvenzverfahrens in Betracht, wozu insbesondere auch das Eröffnungsverfahren gehört (vgl. FKInsO/Kohte, 3. Aufl, § 4a Rn. 18).
Im Eröffnungsverfahren fallen bereits Gerichtskosten an, die demgemäß gestundet werden können. Die Gebühren im Insolvenzverfahren sind gem. § 61 Abs. 1 Nr. 2 GKG mit der Einreichung der Antragsschrift fällig. Nach der Anlage 1 zu § 11 Abs. 1 GKG KV 5110 entsteht für das Verfahren über den Antrag des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine 0,5-Gebühr, die bei Masselosigkeit mit ...