Leitsatz (amtlich)
Zur Entnahme von Körperzellen in Form der Entnahme einer Speichelprobe
Verfahrensgang
AG Bonn (Entscheidung vom 17.01.2012; Aktenzeichen 60 Ls 42/11) |
Tenor
Die Beschwerde wird als unbegründet verworfen; jedoch wird der Beschluss klarstellend wie folgt neu gefasst:
Gegen den Angeklagten wird die Entnahme von Körperzellen in Form der Entnahme einer Speichelprobe - im Falle der Weigerung in Form der Entnahme einer Blutprobe durch einen Arzt - sowie deren molekulargenetische Untersuchung zur Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters zum Zwecke der Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren und zur Speicherung dieses DNA-Identifizierungsmusters in der Datei des Bundeskriminalamtes angeordnet.
Mit der Durchführung wird das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf als Behördengutachter beauftragt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Angeklagte.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Bonn hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 17.01.2012 gestützt auf § 81a StPO die körperliche Untersuchung des Angeklagten zum Zwecke einer nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchzuführenden Speichel-, Haar- und Blutprobenentnahme angeordnet und gestützt auf § 81g StPO in Verbindung mit 81e StPO die molekulargenetische Untersuchung von Körperzellen des Angeklagten zum Zwecke der Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren und zur Feststellung des gewonnen DNA-Identifizierungs-musters sowie die Aufnahme des gewonnen Identifizierungsmusters in die Datei des Bundeskriminalamtes angeordnet. Mit der Durchführung der Untersuchung hat das Amtsgericht das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen als Behördengutachter beauftragt.
Die Anordnung ist gestützt auf die Verurteilung des Angeklagten durch das Amtsgericht Bonn vom selben Tag. Der Angeklagte wurde wegen Beihilfe zum Wohnungseinbruchsdiebstahl zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 10 Euro verurteilt. Wegen der vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen wird auf den Inhalt dieses Urteils Bezug genommen.
Gegen den DNA-Beschluss des Amtsgerichts Bonn richtet sich die Beschwerde des Verteidigers des Angeklagten. Das Amtsgericht hat dieser nicht abgeholfen.
II.
Die gemäß § 304 Abs. 1 StPO zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Voraussetzung des § 81g StPO liegen vor.
Der Angeklagte ist aufgrund der Verurteilung durch das Amtsgericht der Beihilfe zum Wohnungseinbruchsdiebstahl dringend verdächtig. Dabei handelt es sich um eine Straftat von erheblicher Bedeutung im Sinne von § 81g Abs. 1 Satz 1 StPO.
Dem Angeklagten muss auch die erforderliche Negativprognose gestellt werden. Die Anforderungen, die an diese Prognose zu stellen sind, bemessen sich in erster Linie an der Güterabwägung, die zwischen der Art des Grundrechtseingriffs (Entnahme von Körperzellen i.d.R. durch Mundhöhlenabstrich sowie Speicherung der Daten) und der Wahrscheinlichkeit, dass der Betroffene erneut entsprechende Straftaten begehen wird, vorzunehmen ist. Da der Rechtseingriff des § 81g StPO vergleichsweise gering ist, sind an die Wiederholungsprognose nicht die gleichen Anforderungen zu stellen, wie an die Prognose zukünftig straffreien Verhaltens zur Gewährung einer Bewährungsstrafe (vgl. BVerfG in NJW 2001, 881). Die Entnahme von DNA-Material und die Prognose zukünftig straffreien Verhaltens unterliegen völlig unterschiedlichen Zwecken und dementsprechend verschiedenen Rechtmäßigkeitskriterien. Selbst die Gewährung einer Strafaussetzung zur Bewährung bedeutet keine Gewähr für eine straffreie Zukunft des Betroffenen. Zudem handelt es sich bei der Entnahme von DNA-Material nach § 81g StPO um eine vorsorgende und künftige Strafverfolgung unterstützende erkennungsdienstliche Maßnahme.
An diesem Zweck orientiert ist sie schon dann zulässig, wenn nach den Gesamtumständen des Falles begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Betroffene auch künftig strafrechtlich in Erscheinung treten wird. Solche Anhaltspunkte bieten etwa bei mehreren Straftaten die Rückfallgeschwindigkeit, der seit der letzten Tatbegehung verstrichene Zeitablauf, das Verhalten des Betroffenen innerhalb einer Bewährungszeit, seine Lebensumstände und Motivation bei der früheren Tatbegehung und seine Persönlichkeit (BVerfG a.a.O.).
Ausgehend von diesen Kriterien besteht beim Angeklagten durchaus Grund zu der Annahme, dass gegen ihn erneut Strafverfahren wegen einschlägiger Taten zu führen sind. Der Angeklagte ist in der Vergangenheit immer wieder - auch einschlägig - straffällig geworden. Im Jahre 2007 wurde er wegen Körperverletzung und in den Jahren 2008 und 2010 jeweils wegen Diebstahls verurteilt. Die ihm aktuell zur Last gelegte Tat liegt keine 5 Monate nach der letzten Verurteilung. Er ist drogenabhängig. Er ist zwei Mal zur Hauptverhandlung nicht erschienen, weshalb er in Ungehorsamshaft genommen werden musste. Vor diesem Hintergrund sprechen gewichtige Gesichtspunkte dafür, dass gegen ihn auch in Zukunft Strafverfahren wegen einer Straftat von erheblicher Bedeutung zu führen sind.
Die Anordnu...