Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergleichsgebühr. selbstständiges Beweisverfahren
Leitsatz (amtlich)
Wird in einem selbstständigen Beweisverfahren die nicht anhängige Hauptsache verglichen, fällt neben der Gebühr nach GKG KV Nr. 1610 keine Vergleichsgebühr nach GKG KV Nr. 1900 an.
Normenkette
GKG KV Nr. 1900
Tenor
Auf die Erinnerung der Antragsgegner wird der Kostenansatz der Gerichtskasse wie folgt abgeändert: die Gebühr GKG Kostenverzeichnis Nr. 1900 ist nicht in Höhe von 15,59 EUR zu Lasten der Antragsgegner in Ansatz zu bringen, der Gesamtansatz wird mithin auf 314,75 Euro gekürzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet
Gründe
Die zulässige Erinnerung der Antragsgegner hat in der Sache Erfolg. Der Ansatz einer Vergleichsgebühr nach Kostenverzeichnis Nr. 1900 zum GKG ist nach Auffassung des Gerichts nicht gerechtfertigt.
Eine Gebühr in Höhe von 0,25 ist nach Kostenverzeichnis Nr. 1900 bei Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs anzusetzen, soweit der Wert des Vergleichsgegenstandes den Wert des Verfahrensgegenstandes übersteigt. Insoweit wird in der Literatur teilweise die Auffassung vertreten, die Vergleichsgebühr Nr. 1900 falle neben der Gebühr Nr. 1610 an, wenn in einem selbständigen Beweisverfahren die nicht anhängige Hauptsache verglichen werde. Begründet wird dies damit, der Streitgegenstand im Sinne der Nr. 1610 sei die Sicherstellung bestimmter Beweise, während Vergleichsgegenstand der Anspruch selbst sei (Oestreich/Hellstab/Trenkle, GKG, Lose-Blatt-Sammlung, Nummer 1610 KV Rdnr 5).
Dem vermag das Gericht nicht zu folgen. Eine derartige Auslegung steht weder mit dem Wortlaut noch mit dem Sinn und Zweck der Nummer 1900 zum Kostenverzeichnis im Einklang. Nach dem Wortlaut ist die zusätzliche Gebühr nur in Ansatz zu bringen, wenn der Wert des Vergleichsgegenstandes den Wert des Verfahrensgegenstandes übersteigt. Der Wert des Verfahrensgegenstandes bemisst sich nach inzwischen ganz herrschender und fast einhelliger Auffassung jedoch gerade nach dem Wert der Hauptsache und wird nicht - wie dies früher teilweise vertreten wurde - lediglich mit einem Bruchteil wegen der eingeschränkten Bedeutung des selbständigen Beweisverfahrens angesetzt. Verfahrensgegenstand ist auch im selbständigen Beweisverfahren demnach dem Wert nach der Anspruch, um den die Parteien in der Hauptsache streiten. Nach dem eindeutigen Wortlaut kann eine zusätzliche Gebühr nach Kostenverzeichnis Nr. 1900 danach nur in Ansatz gebracht werden, wenn die Parteien in dem Vergleich eine weitergehende Regelung treffen, die darüber hinausgehende Ansprüche einbezieht, die nicht allein die Hauptsache betreffen, zu der das selbständige Beweisverfahren durchgeführt wird.
Diese Auslegung steht auch mit Sinn und Zweck des selbständigen Beweisverfahrens und der dazu erlassenen Kostenvorschrift in Einklang. Nach § 492 III ZPO kann das Gericht z.B. die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist. Die Vorschriften der ZPO sehen demnach bereits vor, dass Bestandteil des selbständigen Beweisverfahrens gerade auch die Erörterung der Hauptsache mit dem Ziel einer gütlichen Beilegung des Rechtsstreits ist. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist der Begriff "Verfahrensgegenstand" im Sinne der im selbständigen Beweisverfahren zugrundeliegenden Hauptsache zu verstehen. Geht der Vergleichsgegenstand nicht darüber hinaus, ist der Ansatz einer Gebühr nach Kostenverzeichnis Nr. 1900 nicht gerechtfertigt (so insbesondere auch Zöller/Hergeth, ZPO, 29. Auflage, § 490 Rdnr 9).
Vorliegend entspricht der Wert des Verfahrensgegenstandes dem Wert des Vergleichsgegenstandes. Der Vergleich verhält sich lediglich zu den Mängelbeseitigungsansprüchen, deren Wert die Antragstellerseite in der Hauptsache mit 17.000,00 EUR beziffert hat. Dementsprechend ist der Wert auch festgesetzt worden. Ein darüber hinausgehender Wert für den Vergleich ist nicht erkennbar.
Fundstellen