Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtlicher Vergleich: Wert des Vergleichsgegenstands liegt über dem Wert des Verfahrensgegenstands
Leitsatz (amtlich)
Wenn bei Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs der Wert des Vergleichsgegenstands den Wert des Verfahrensgegenstands übersteigt, ist die Gebühr nach der Nr. 1900 KV-GKG unabhängig davon zu erheben, ob die Differenz eine Erhöhung der Verfahrensgebühr zur Folge hätte.
Normenkette
KV-GKG Nr. 1900
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 23.09.2008; Aktenzeichen 15 S 20959/07) |
AG München (Aktenzeichen 433 C 13446/07) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Das AG München hat den Beklagten mit Endurteil vom 14.9.2007 zur Zahlung von 1.951,55 EUR nebst Zinsen an die Klägerin verurteilt. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt mit dem Antrag, den Beklagten über den bereits zugesprochenen Betrag hinaus zur Zahlung weiterer 1.314,23 EUR zu verurteilen. Der Beklagte hat im Wege der Anschlussberufung begehrt, ihn lediglich zur Zahlung von 1.574,86 EUR zu verurteilen. In der mündlichen Verhandlung vom 25.6.2008 haben die Parteien einen Vergleich geschlossen, wonach der Beklagte zur Abgeltung sämtlicher gegenseitiger Ansprüche aus dem streitgegenständlichen Mietverhältnis an die Klägerin weitere 250 EUR bezahlen sollte. Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gegeneinander aufgehoben worden. Das LG hat den Streitwert des Berufungsverfahrens auf 1.690,92 EUR und den Gegenstandswert des Vergleichs auf 1.800 EUR festgesetzt.
Die Kostenbeamtin beim LG München I hat mit der Kostenrechnung IV vom 16.7.2008 für das Berufungsverfahren gem. der Nr. 1222 KV-GKG eine Gebühr i.H.v. 146 EUR und für den Vergleich gem. der Nr. 1900 KV-GKG eine Gebühr i.H.v. 10 EUR angesetzt. Wegen des Ansatzes der Vergleichsgebühr hat die Klägerin Erinnerung eingelegt, die mit Beschluss des LG München I vom 23.9.2008 zurückgewiesen worden ist, wobei das Erstgericht die Beschwerde zugelassen hat.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde. Zur Begründung wird ausgeführt, durch die Vorschrift der Nr. 1900 im Kostenverzeichnis zum GKG und deren Vorläufervorschriften solle verhindert werden, dass geringe Beträge eingeklagt und dann im Rahmen des Rechtsstreits ein großer Betrag verglichen werde, um damit zu Lasten der Staatskasse Gerichtskosten einzusparen. Sinn und Zweck der Vorschrift sei es jedoch gerade nicht, bei einem auch nur geringfügigen Abweichen des Streitwerts nach oben eine neue Einnahmequelle zu schaffen. Die Vergleichsgebühr solle deshalb nach dem Willen des Gesetzgebers nur anfallen, wenn durch den Wert des Vergleichs der durch die Verfahrensgebühr abgegoltene Betrag überstiegen werde, wenn also durch den erhöhten Vergleichswert ein Gebührensprung erreicht werde. In diesem Sinne sei der Gesetzeswortlaut vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte der Vorschrift auszulegen.
II. Die Beschwerde ist zulässig, da sie vom LG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen wurde (§ 66 Abs. 2 Satz 2 GKG).
Das Rechtsmittel erweist sich jedoch als unbegründet.
Die Kostenbeamtin beim LG München I hat zu Recht eine 0,25-Gebühr gem. der Nr. 1900 KV-GKG für den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs angesetzt.
1. Das LG hat mit Beschluss vom 26.6.2008 den Streitwert des Berufungsverfahrens auf 1.690,92 EUR und den Gegenstandswert des Vergleichs auf 1.800 EUR festgesetzt. Hieraus errechnet sich, dass der Wert des Vergleichsgegenstands den Wert des Verfahrensgegenstands um 109,08 EUR übersteigt. Dies wird ersichtlich auch von der Klägerin nicht in Frage gestellt. Ebenso besteht Einigkeit darin, dass die nach der Erledigung des Verfahrens durch gerichtlichen Vergleich gem. der Nr. 1222 Ziff. 3 KV-GKG anfallende 2,0-Verfahrensgebühr sich sowohl beim Streitwert des Berufungsverfahrens von 1.690,92 EUR als auch beim Gegenstandswert des Vergleichs von 1.800 EUR auf 146 EUR beläuft, dass also durch den Mehrwert des Vergleichs kein Gebührensprung ausgelöst wurde.
2. Der Senat teilt die Auffassung des LG in der eingehend begründeten Erinnerungsentscheidung, dass nach dem eindeutigen Wortlaut der Nr. 1900 KV-GKG allein auf den Wert abzustellen ist, um den der Vergleichsgegenstand den Verfahrensgegenstand übersteigt, nicht dagegen auf die Frage, ob sich aus den unterschiedlichen Werten des Vergleichs- und des Verfahrensgegenstandes ein Gebührensprung ergibt. Dafür sprechen neben dem eindeutigen und nicht auslegungsfähigen Wortlaut der genannten Bestimmung folgende Erwägungen:
a) Bei der Vergleichsgebühr handelt es sich um eine eigenständige Gebühr, die neben der Verfahrensgebühr zu erheben ist und zwar nach dem Wert des Mehrbetrages. Die allgemeine Verfahrensgebühr erhöht sich also durch einen Prozessvergleich gerade nicht (Meyer, GKG, 10. Aufl., KV 1900 Rz. 166, 176.
b) Bei der Vergleichsgebühr handelt es sich, wie das LG zutreffend festgestellt hat, um eine Handlungs- oder Aktgebühr, mit der pauschal die Mitwirkung des Gerichts...