Leitsatz (redaktionell)
Hat der Benutzer einer Internet-Domain ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Verwendung dieser Domain, so kann er sich auf den Grundsatz berufen, dass jeder sich unter seinem Namen im geschäftlichen Verkehr betätigen darf, mit der Folge, dass § 12 BGB nicht anwendbar ist. Vielmehr gilt in diesem Fall das Prioritätsprinzip, so dass derjenige, der das Kürzel zuerst verwendet hat, dieses auch weiterhin im Internet nutzen darf.
Normenkette
BGB § 12
Tenor
Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin die Unterlassung der Benutzung und Freigabe einer sogenannten Internet-Domain. Und zwar ist seit dem 07.10.1996 für die Antragsgegnerin die Internet-Domain „detag.de” reserviert. Diese Internet-Domain möchte die Antragstellerin für sich selbst im Hinblick auf den gleichlautenden Namen ihres Unternehmens nutzen. Die Antragsgegnerin lehnte jedoch die Freigabe der Internet-Domain ab.
Die Antragstellerin ist der Ansicht, die Weigerung der Antragsgegnerin, die Internet-Domain freizugeben, sei rechtswidrig, da diese ohne eigenes erkennbares Interesse die Zeichenfolge „detag” für sich reserviert habe, ohne diese zu benutzen und damit ihr Recht, also das Recht der Antragstellerin verletze, mit ihrem eigenen Namen geschäftlich im Internet in Erscheinung zu treten. Die Weigerung der Freigabe durch die Antragsgegnerin sei insbesondere deshalb rechtswidrig, weil diese im Internet u.a. unter ihren Domain-Namen „dtag.de” und „telekom.de” zu erreichen sei.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag der Antragstellerin war zurückzuweisen, da ihr kein Verfügungsanspruch auf Unterlassung der Benutzung der Zeichenfolge „detag.de” und dessen Freigabe an sie zusteht.
1)
Ein Anspruch auf Unterlassung und Freigabe der Internet-Domain „detag.de” läßt sich nicht aus § 12 BGB wegen Verletzung des Namensrechtes der Antragstellerin herleiten.
So ist bereits streitig, ob ein Domain-Name überhaupt eine Namensfunktion im Sinne des § 12 BGB hat.
So wird zum Teil die Auffassung vertreten, als Name könne Domain-Bezeichnung nur dann gelten, wenn der Internet-Nutzer in der Verwendung der gewählten Buchstabenkombination einen Hinweis auf die Person des Namensträgers erblicken müßte. Dies sei jedoch aufgrund der freien Wählbarkeit der Zahlen- und Buchstabenkombination nicht der Fall. Diese Kombinationen seien mit einer Telefonnummer, einer Bankleitzahl oder Postleitzahl vergleichbar, da sie in keinem erkennbaren Zusammenhang mit dem Namen ihres Benutzers stünden. Zwar sei eine Verwendung als Kennzeichnungselement durchaus üblich, und oftmals stünden Namen und Funktion des Benutzers auch im Zusammenhang, weshalb ein gut gewählter Domain-Name auch auf den angeschlossenen Benutzer schließen lasse. Gleichwohl werde diese Kennzeichnungsfunktion weder durch gesetzliche noch durch rechtsgeschäftliche Vorgaben gefordert. Daher könne auch nicht jeder Internet-Nutzer erwarten, daß hinter einer entsprechenden Adresskennung auch der bezeichnete Namensträger stehe (LG Köln, Urteil vom 17.12.1996 – 3 0 478/96 – NJW-CoR 1997, 304 (Ls), veröffentlicht unter www.inet.de/huerth.html; ferner Urteil vom 17.12.1996 – 3 0 477/96 – NJW-CoR 1997, 304 (Ls); LG Köln, Beschluß vom 17.12.1996 – 3 U 507/96 – NJW-CoR 1997, 304 (Ls)).
Nach anderer Auffassung läßt diese rein technische Betrachtungsweise, wonach es sich bei der Buchstaben- und Nummernfolge lediglich um die Adresse des angerufenen Computers handelt, außer acht, daß der Internet-Anwender die in Buchstabenkombinationen übersetzte Nummer regelmäßig mit dem Anbieter eines Internet-Angebotes in Verbindung bringt. Denn es entspreche den in der Praxis vorliegenden Gegebenheiten, daß derjenige, der das Internet für Selbstdarstellungszwecke nutzen möchte, dies in der Regel unter einer die Identität mit dem eigenen Namen oder Kennzeichen wahrenden Domain tun wollte. Dieser Assoziationsaspekt könne nicht außer acht gelassen werden, so daß jedenfalls auch bei den Internet-Domains eine mittelbare Namensfunktion zu bejahen sei (LG Mannheim NJW 1996, 2736 f.; LG Frankfurt/Main Urteil vom 03.03.1977 – 2/6 0 636/96; LG Braunschweig Urteil vom 28.01.1997 – 9 0 450/96; LG Lüneburg Urteil vom 29.01.1997 – 3 0 336/96 –; sämtlich in Leitsätzen veröffentlicht in NJW-CoR 1997, 303 f.; Bücking, NJW 1997, 1886 ff.; Nordemann NJW 1997, 1891 ff.).
Letztlich kann die Entscheidung dieser Streitfrage jedoch dahinstehen. Denn in allen Fällen, in denen eine mittelbare Verletzung des Namensrechtes im Sinne des § 12 BGB durch Verwendung einer bestimmten Internet-Domain bejaht wurde, stand die verwendete Internet-Domain in keinem Zusammenhang mit dem Namen oder Geschäftsbereich des Benutzers. Vielmehr konnte sich der zuerst registrierte Benutzer in keinem Fall auf ein legitimes Interesse an dem von ihm verwendeten Namen oder Kennzeichen berufen, und das entsprechende Internet-Domain wurde nur desha...