Entscheidungsstichwort (Thema)
Erteilung eines Ordnungsgeldes gegen eine eingetragene und als Liquidationsgesellschaft fortbestehende Kapitalgesellschaft durch das Bundesamt für Justiz wegen verspäteter Einreichung der Jahresabschlussunterlagen bei dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers
Normenkette
HGB § 335 Abs. 1, 3-5; InsO § 155 Abs. 1; KStG § 37 Abs. 5
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde wird die unter dem 18.02.2010 getroffene Ordnungsgeldentscheidung insoweit aufgehoben, als darin ein Ordnungsgeld in Höhe von 2.500,00 EUR gegen die beschwerdeführende Gesellschaft festgesetzt worden ist.
Die weitergehende sofortige Beschwerde gegen die Festsetzung von Zustellungskosten und die Verwerfung des Einspruchs in der gleichen Entscheidung wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes von 2.500,00 Euro wegen verspäteter Einreichung der Jahresabschlussunterlagen mit dem Abschlussstichtag 30.06.2008 bei dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers. Das Bundesamt für Justiz hat der Beschwerdeführerin die Verhängung des Ordnungsgeldes mit Verfügung vom 15.07.2009, zugestellt am 18.07.2009, angedroht.
Dagegen hat die Beschwerdeführerin unter dem 23.07.2009 (Eingang) Einspruch eingelegt. Das Bundesamt für Justiz hat durch die angefochtene Entscheidung vom 18.02.2010 das bezeichnete Ordnungsgeld unter Verwerfung des Einspruchs festgesetzt.
Gegen die ihr am 20.02.2010 zugestellte Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 02.03.2010 sofortige Beschwerde eingelegt.
Mit der Beschwerdeführerin bekannt gemachter Entscheidung vom 16.04.2010 hat das Bundesamt für Justiz der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
II.
Die gemäß §§ 335 Abs. 4, Abs. 5 S. 1 und 4 HGB statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde ist überwiegend begründet.
Zwar lagen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Festsetzung des Ordnungsgeldes nach § 335 Abs.3 Satz 4 HGB vor, weil die Beschwerdeführerin die zu veröffentlichenden Angaben weder innerhalb der mit dem 30.06.2009 ablaufenden gesetzlichen Frist (§ 325 Abs.1 Satz 2 HGB) noch innerhalb der von dem Bundesamt für Justiz gesetzten Nachfrist (§ 335 Abs.3 Satz 1 HGB) eingereicht hat. Denn die Beschwerdeführerin war ungeachtet der beschlossenen Auflösung und der offengelegten Schlussbilanz mit dem Abschlussstichtag 30.06.2007 zur Offenlegung des Jahresabschlusses mit dem Abschlussstichtag 30.06.2008 verpflichtet.
Die Beschwerdeführerin ist als in das Handelsregister bei dem Amtsgericht C – HRB … – eingetragene und als Liquidationsgesellschaft fortbestehende (vgl. §§ 69 Abs.1, 74 Abs.1 GmbHG) Kapitalgesellschaft Adressatin der in den §§ 325ff. HGB niedergelegten Publizitätspflichten. Nach ihrem klaren und einer abweichenden Auslegung nicht zugänglichen Wortlaut knüpfen diese Regelungen, und damit auch die Ordnungsgeldbewehrung in § 335 Abs.1 und Abs.3 HGB, allein an diesen Tatbestand und nicht an die Aufnahme einer konkreten Geschäftstätigkeit oder einen bestimmten Unternehmensumfang an (vgl. Fehrenbacher in Münchener Kommentar, HGB, 2. Aufl. 2008, § 325 Rd.8). Erleichterungen hat der Gesetzgeber für sog. kleine Kapitalgesellschaften ausschließlich in den §§ 267 Abs.1, 326 HGB vorgesehen. Für weitergehende Differenzierungen besteht in Anbetracht des Schutzzweckes und der Praktikabilität der Publizitätsvorschriften kein sachlich gerechtfertigter Grund (vgl. Merkt in Baumbach/Hopt, HGB, 34. Aufl. 2010, § 325 Rd.2 m.w.N.). Diese Entscheidung des Gesetzgebers setzt sich in § 71 Abs.1 und Abs.3 GmbHG für den Fall der Liquidation und in § 155 Abs.1 InsO für den Fall der Insolvenz fort. Durch die auch im Fall der Liquidation fortbestehenden Offenlegungspflichten soll im Gläubiger- und Gesellschafterinteresse periodisch über den Vermögensstand und das Fortschreiten der Abwicklung informiert werden (vgl. Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, GmbHG, 19. Aufl. 2010, § 71 Rd.7 und Rd.33; Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 270 Rd.14f.).
Die von der Beschwerdeführerin bereits mit der Einspruchsschrift eingereichte Liquidationsschlussbilanz zum 30.06.2007, die nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Beschwerdeführerin auch (ordnungsgemäß) offengelegt worden ist, rechtfertigt jedenfalls im vorliegenden Fall keine abweichende Beurteilung. Zwar weist die Beschwerdeführerin zu Recht auf die zu dieser Fragestellung veröffentlichten Stimmen in der juristischen Fachliteratur hin, wonach die gesetzlich nicht zwingend vorgeschriebene Erstellung einer Liquidationsschlussbilanz im Falle ihrer Offenlegung die letzte externe Rechnungslegung der Liquidationsgesellschaft vor ihrer Vollbeendigung darstellt (vgl. Erle/Hein in Beck'ches Handbuch der GmbH, 4. Aufl. 2009, § 16 Rd.70; Förschle/Deubert in Budde/Förschle/Winkeljohann, Sonderbilanzen, 4. Aufl. 2008, Kapitel T, Rd.265ff. und Rd.345; Scholz/K.Schmidt, GmbHG, 10. Aufl. 2010, § 71 Rd.30; Rodewald GmbHR 1994, 454, 455 unter I.). Diese Sichtweise beruht indes auf der Prämisse, dass s...