Entscheidungsstichwort (Thema)
Konzernabschluss. Befreiung
Leitsatz (amtlich)
Die Befreiung von Tochterunternehmen setzt auch bei einem Mutterunternehmen mit Sitz im EU - Ausland jedenfalls voraus, dass der Konzernabschluss im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht wurde spätestens binnen der Nachfrist.
Normenkette
HGB §§ 264, 290, 325, 335
Tenor
Die sofortige Beschwerde vom 21.04.2011 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes von 2.500,00 EUR wegen Nichteinreichung der Jahresabschlussunterlagen 2008 bei dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers. Das Bundesamt für Justiz hat der Beschwerdeführerin die Verhängung des Ordnungsgeldes mit Verfügung vom ##.03.2010, zugestellt am ##.03.2010, angedroht.
Das Bundesamt für Justiz hat durch die angefochtene Entscheidung vom ##.04.2011 das bezeichnete Ordnungsgeld festgesetzt.
Gegen die ihr am ##.04.2011 zugestellte Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am ##.04.2011 sofortige Beschwerde eingelegt.
Mit der Beschwerdeführerin bekannt gemachter Entscheidung vom ##.07.2011 hat das Bundesamt für Justiz der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die gemäß §§ 335 Abs. 4, Abs. 5 S. 1 und 4 HGB statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.
Das Bundesamt für Justiz hat das Ordnungsgeld, das sich ausschließlich gegen die Gesellschaft, nicht gegen die Geschäftsführung richtet, zu Recht festgesetzt, denn die Beschwerdeführerin hat die Rechnungslegungsunterlagen für das oben genannte Geschäftsjahr weder innerhalb der sich aus § 325 HGB ergebenden gesetzlichen Frist noch innerhalb der mit der Androhungsverfügung gesetzten Nachfrist von sechs Wochen bei dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers eingereicht. Maßgeblich für die Frage, ob die genannten Fristen eingehalten wurden, ist die fristgemäße Herbeiführung des Handlungserfolgs, also der rechtzeitige Eingang der vollständigen Unterlagen bei dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers. Die objektive Beweislast bzw. die Feststellungslast für die Rechtzeitigkeit der Einreichung liegt entsprechend der allgemeinen Grundsätze bei der Beschwerdeführerin.
Die Jahresabschlussunterlagen für das oben genannte Geschäftsjahr wurden erst am ##.07.2010 bei dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers eingereicht. Die mit Zustellung der Androhungsverfügung begonnene Nachfrist von 6 Wochen wurde entsprechend nicht eingehalten.
Soweit die Beschwerdeführerin sich auf eine Befreiung von der Veröffentlichungspflicht gemäß § 264 Abs. 3 HGB beruft, geht dies fehl. Die Voraussetzungen einer solchen Befreiung müssen - ebenso wie die alternativ vorzunehmende Einreichung des Jahresabschlusses - nach der Rechtsprechung des LG Bonn spätestens binnen der Nachfrist erfüllt worden sein. Dies ist vorliegend nicht der Fall, unabhängig von der Frage der Europarechtskonformität der Regelung in § 264 Abs. 3 i.V.m. § 290 HGB. Nach der Stellungnahme des Bundesamts für Justiz, die sich auf die Mitteilung des Bundesanzeigerverlags stützt, ist vor bzw. binnen der Nachfrist jedenfalls nicht der Konzernabschluss der K Group Ltd., des Mutterunternehmens der Beschwerdeführerin, beim Bundesanzeigerverlag eingereicht worden gemäß § 264 Abs. 3 Nr. 4 lit. a HGB. Somit war die Beschwerdeführerin nicht von der Veröffentlichung des Jahresabschlusses befreit und hat die Nachfrist versäumt.
Dementsprechend kann offen bleiben, ob die Regelung des § 264 Abs. 3 HGB i.V.m. § 290 HGB hinsichtlich der etwaigen Abweichung der Regelung von Artikel 57 der Vierten Gesellschaftsrechtlichen Richtlinie 78/660/EWG bzw. unter dem Aspekt der Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49 AEUV i.V.m. Art. 54 AEUV europarechtskonform ist (bejahend: LG Bonn, Beschluss v. 07.04.2011, 38 T 1869/10 und Beschluss v. 06.12.2010, 38 T 1168/10 (= derzeit noch laufendes Verfahren BVerfG 1 BvR 121/11); a.A. Kuntze-Kaufhold, BB 2006, 428; Tromp/Nagler/Gehrke, GmbHR 2009, 641). Eine Vorlage an den EuGH gemäß Art. 267 AEUV war im vorliegenden Fall jedenfalls mangels Entscheidungserheblichkeit dieser europarechtlichen Fragen nicht veranlasst. Europarechtskonform ist jedenfalls die Voraussetzung, dass der Konzernabschluss (auch) im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht werden muss gemäß § 264 Abs. 3 Nr. 4 lit. a HGB, da dies einerseits im Einklang mit Artikel 57 der Vierten Gesellschaftsrechtlichen Richtlinie 78/660/EWG steht und da dies andererseits schon im Ansatz die Niederlassungsfreiheit nicht einschränkt - weil insoweit das Mutterunternehmen mit Sitz im EU-Ausland lediglich den Konzernabschluss auch beim elektronischen Bundesanzeiger einreichen muss zwecks Wahrung der Publizitätsinteressen, also ebenso wie auch Mutterunternehmen mit Sitz in Deutschland, so dass jedenfalls insoweit keine Ungleichbehandlung vorliegt, die zu rechtfertigen wäre.
Die Beschwerdeführerin hat die Veröffentlichungsfristen schuldhaft versäumt.
Die Auferlegung eines Ordnungsgeldes nach § 335 Abs. 1 HGB setzt voraus, dass ei...