Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestellung. Pflichtverteidiger. Untersuchungshaft. andere Verfahren
Leitsatz (amtlich)
Wird die Untersuchungshaft in einem anderen Verfahren vollstreckt, erfordert dies die Bestellung eines Pflichtverteidigers nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO nur unter den zusätzlichen Vorraussetzungen des § 141 Abs. 3 S. 2 StPO.
Normenkette
StPO § 140 Abs. 1 Nr. 4, § 141 Abs. 3 Sätze 2, 4
Verfahrensgang
AG Bonn (Aktenzeichen 50 Gs 1343/11) |
Tenor
Die Beschwerde des Beschwerdeführers wird als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beschwerdeführer zu tragen.
Gründe
I.
Am ##.05.2011 wurde seitens der Staatsanwaltschaft C das hiesige Verfahren eingeleitet, nachdem im Rahmen einer Durchsuchung der Wohnung des Beschwerdeführers, die in einem anderen Verfahren angeordnet worden war, ein Schlagringmesser mit einer Klingenlänge von 24 cm sichergestellt worden war. Für weitere Ermittlungen wurde die Akte zunächst dem Polizeipräsidium C übersandt. Dort ging am ##.08.2011 ein Bestellungsschriftsatz von Rechtsanwalt L ein mit dem Antrag, ihn als Pflichtverteidiger beizuordnen mit der Begründung, der Beschwerdeführer befinde sich in dem Verfahren ### Js #####/#### StA C in Untersuchungshaft. Nachdem die Akte daraufhin ohne weitere Ermittlungen der Staatsanwaltschaft C zurückgesandt worden war, stellte diese am ##.08.2011 das Verfahren gemäß § 154 Abs. 1 StPO im Hinblick auf die zu erwartende Strafe in dem Verfahren ### Js #####/#### StA C ein. Die Einstellungsnachricht erhielt dabei folgenden Zusatz:
"Sollte das Verfahren wieder aufgenommen werden, erhalten Sie davon Nachricht.
Sollte trotz der Einstellung Akteneinsicht gewünscht werden, wird um Mitteilung gebeten.
Antrag auf Beiordnung als Pflichtverteidiger wird nicht gestellt."
Das Amtsgericht C lehnte den Antrag auf Beiordnung mit Beschluss vom 20.09.2011 ab. Hiergegen legte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom ##.09.2011 Beschwerde ein.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Amtsgericht hat durch den angefochtenen Beschluss zu Recht den Antrag des Beschwerdeführers auf Beiordnung von Rechtsanwalt L als Pflichtverteidiger abgelehnt.
1.
Dabei kann dahinstehen, ob § 140 Abs. 1 Nr 4 StPO anwendbar ist, wenn in einem anderen Verfahren gegen den Beschuldigten Untersuchungshaft vollstreckt wird. Die Kammer merkt in diesem Zusammenhang jedoch folgendes an: Dem Gesetzeswortlaut ist nicht eindeutig zu entnehmen, ob die Vorschrift nur für das Verfahren gelten soll, in dem die Untersuchungshaft vollstreckt wird. Auch die Gesetzesbegründung gibt insoweit keine eindeutige Erklärung (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses (6. Ausschuss) zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung - Drucksache 16/11644). Zwar - insoweit schließt sich die Kammer der wohl überwiegenden Rechtsprechung (vgl. nur OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 22.04.2010, Az: 3 Ws 351/10, LG Itzehoe, Beschluss vom 07.06.2010, Az: 1 Qs 95/10, LG Köln, Beschluss vom 28.12.2010, Az: 105 Qs 342/10, alle zitiert nach [...]) an - dürfte Sinn und Zweck der Neuregelung für eine weite Auslegung der Regelung in Nr. 4 sprechen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Neuregelung eingeführt wurde, weil die bisherige Regelung in § 117 Abs. 4 StPO a.F. und § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO, die eine Pflichtverteidigerbestellung erst nach dreimonatiger Haftdauer vorsahen, mit Blick auf das Gewicht der mit der Untersuchungshaft verbundenen Grundrechtsbeeinträchtigung für unzureichend erachtet wurde, und die damit angesprochene, mit der Freiheitsentziehung notwendig verbundene Einschränkung der Verteidigungsmöglichkeiten nicht nur für das Verfahren gilt, in dem sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft befindet, sondern gleichermaßen auch für weitere anhängige Verfahren. Allerdings zeigen die Vorschriften in § 141 StPO, dass der Gesetzgeber lediglich das Verfahren, in dem sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft befindet, bei Einführung des § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO vor Augen gehabt haben dürfte. Hierfür spricht zum einen § 141 Abs. 3 S. 4 StPO, wonach der Verteidiger unverzüglich nach Beginn der Vollstreckung bestellt wird. In dieser Vorschrift wird unterstellt, dass derjenige, der über die Beiordnung entscheidet, vom Beginn der Vollstreckung Kenntnis hat. Dies dürfte jedoch nicht ohne weiteres für andere - möglicherweise räumlich weit entfernt eingeleitete und sachlich nicht im Zusammenhang stehende - Ermittlungsverfahren der Fall sein. Es hätte sich mithin, hätte man sämtliche Verfahren einbeziehen wollen, angeboten, darauf abzustellen, dass die Beiordnung unverzüglich nach Beginn der Vollstreckung bzw. nach Kenntnis hiervon zu erfolgen hat. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass nicht dahingehend argumentiert werden kann, dass durch die Formulierung "unverzüglich" auch die Beiordnung erst nach Kenntnis von der Untersuchungshaft noch rechtzeitig im Sinne des § 141 Abs. 3 S. 4 StPO ist. Denn wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt, soll mit dieser Formulierung dem Umstand Rec...