Entscheidungsstichwort (Thema)
Luftpistole. Aufsichtspflicht. Schmerzensgeld
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Aufsichtspflicht der Eltern gegenüber einem 16-jährigen Sohn.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 2; StGB § 229; ZPO § 115; BGB § 823 Abs. 1, § 253 Abs. 2; ZPO § 114
Verfahrensgang
AG Bonn (Aktenzeichen 15 C 13/04) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 1.) wird zurückgewiesen.
Auf die sofortigen Beschwerden der Beklagten zu 2.) und 3.) wird der angefochtene Beschluss aufgehoben, soweit die Beklagten zu 2.) und 3.) betroffen sind.
Der Beklagten zu 3.) wird zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehmung ihrer Rechte in erster Instanz unter Beiordnung von Rechtsanwältin T aus X mit Wirkung vom 30.04.2004 ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt.
Hinsichtlich des Beklagten zu 2.) -sowie insgesamt hinsichtlich der Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren- wird das Verfahren an das Amtsgericht Bonn zur anderweitigen Entscheidung über dessen Prozesskostenhilfegesuch zurückverwiesen. Das Amtsgericht darf dem Beklagten zu 2.) Prozesskostenhilfe nicht wegen fehlender Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung versagen.
Gründe
I.
Die Kläger, zur Zeit des streitgegenständlichen Vorfalles vom 12.04.2003 noch 13 beziehungsweise 12 Jahre alt, nehmen die Beklagten zu 1.) bis 5.) als Gesamtschuldner auf Zahlung von Schmerzensgeld in Anspruch, wobei jeder der Kläger für sich jeweils 500,00 EUR begehrt.
Die Kläger befanden sich in einem Waldstück am Q-weg in G, als die Beklagten zu 1.) (damals 16 Jahre alt) und 4.) (damals 14 Jahre alt), und zwar zumindest der Beklagte zu 1.), mit zumindest einer Luftpistole schossen, wobei die Klägerin einen Streifschuss mit einer Hautrötung als Folge und beide Kläger einen Schreck erlitten. Der Hergang im übrigen, insbesondere ob es sich um eine Vorsatztat handelte und die Kläger im Kugelhagel fliehen mussten, ist zwischen den Klägern und den Beklagten zu 1.) bis 3.) streitig, während die Beklagte zu 5.) den Klagevortrag, der von Vorsatz und den angesprochenen erschwerenden Umständen ausgeht, nicht bestreitet. Die Beklagten zu 1.) bis 3.) behaupten insoweit, die Beklagten zu 1.) und 4.) hätten die spielenden Kinder nicht gesehen, es handele sich um eine fahrlässige Tat; es habe auch keinen Kugelhagel gegeben, die Beklagten zu 1.) und 4.), die auf Vögel geschossen hätten, hätten jeweils jeden einzelnen Schuss nachladen müssen.
Die Beklagten zu 1.) und 4.) werden von den Klägern als Täter, die Beklagten zu 2.) und 3.) als Eltern des Beklagten zu 1.) und die Beklagte zu 5.) als Mutter des Beklagten zu 4.) wegen Aufsichtspflichtverletzung in Anspruch genommen.
Das Amtsgericht hat den Beklagten zu 1.) bis 3.) die nachgesuchte Prozesskostenhilfe versagt. Es hat den Schmerzensgeldanspruch grundsätzlich bejaht und auch der Höhe nach für angemessen erachtet. Der Umstand, dass der Beklagte zu 1.) bereits strafrechtlich zur Verantwortung gezogen worden ist, lasse den Schmerzensgeldanspruch nicht entfallen. Die Beklagten zu 2.) und 3.) seien ihrer Aufsichtspflicht nicht nachgekommen; die problematische Entwicklung des Beklagten zu 1.) könne ihnen nicht unbemerkt geblieben sein, ihr Vortrag lasse vielmehr auf eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber dem Tun des Beklagten zu 1.) schließen.
Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1.) bis 3.).
Sie machen geltend, der Beklagte zu 1.) habe in dem Waldstück zwar nicht mit einer Luftpistole schießen dürfen, es habe sich jedoch nicht um eine Vorsatztat gehandelt, die allein zur Genugtuungsfunktion führen würde. Die Klägerin zu 1.) sei nur leicht verletzt worden, so dass es sich insgesamt um eine unerhebliche Beeinträchtigung handele, ein bloßer Schreck liege noch unterhalb dieser Schwelle. Der Beklagte zu 1.) sei zudem nicht leistungsfähig. Das geforderte Schmerzensgeld sei auch deutlich übersetzt. Die Beklagten zu 2.) und 3.) hätten ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt. Der Beklagte zu 2.) lebe von Frau und Sohn getrennt und habe deshalb schon tatsächlich keine Aufsichtsmöglichkeiten in deren Wohnung. Die Beklagte zu 3.) habe ihrer Aufsichtspflicht im Rahmen von Kontrollen während des Aufräumens genügt. Zudem hätten sich die Pistolen nur eine Nacht bis 11:00 Uhr des nächsten Tages bei dem Beklagten zu 1.) im Zimmer befunden und wären deshalb bei einer etwaigen Durchsuchung auch nicht entdeckt worden.
Die Kläger treten der sofortigen Beschwerde entgegen.
II.
Die sofortigen Beschwerden sind an sich statthaft und zulässig.
Die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 1.) ist unbegründet.
Die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 3.) ist begründet.
Die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 2.) ist hinsichtlich der Frage der Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung begründet, hat jedoch wegen der vom Amtsgericht noch vorzunehmenden Prüfung insbesondere zu § 115 Abs. 3 ZPO gleichwohl vorerst nur vorläufigen Erfolg.
Zu Recht hat das Amtsgericht dem Beklagten zu 1.) Prozesskostenhilfe versagt.
Der Beklagte zu 1.) haftet den Klägern aus §§ 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V....