Leitsatz (amtlich)

1. Keine Vermischung einer fiktiven und konkreten Abrechnung, wenn der Geschädigte nach einem Pkw-Unfall die fiktiven Nettoreparaturkosten gemäß Sachverständigengutachten und die tatsächlich angefallene Umsatzsteuer aus einer Ersatzbeschaffung, gedeckelt auf den Betrag der Umsatzsteuer auf die Nettoreparaturkosten, abrechnet.

2. Zu den gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zu ersetzenden Kosten zählt auch die für die Ersatzbeschaffung angefallene Umsatzsteuer, der Höhe nach beschränkt auf die Abrechnung auf Reparaturkostenbasis.

 

Verfahrensgang

AG Siegburg (Entscheidung vom 29.02.2012; Aktenzeichen 118 C 453/11)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Siegburg vorn 29.02.2012 - 118 C 453/11 - abgeändert. Die Beklagten werden als.. Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.364,58 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit dem 16.08.2011 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die Darstellung des Tatbestands entfällt gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO. Da die Revision nicht zugelassen wurde und der erforderliche Beschwerdewert für die Nichtzulassungsbeschwerde (§ 26 Nr. 8 EGZPO) nicht erreicht wird, ist ein Rechtsmittel nicht zulässig.

II.

Die Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

1.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Erstattung der von ihm beim Kauf des Ersatzfahrzeugs angefallenen Umsatzsteuer in Höhe von 964,58 EUR gemäß §§ 7 Abs. 1, 17 StVG bzw. § 823 Abs. 1 BGB, jeweils I.V.m. § 115 Abs. 1 Ziff. 1 WG. Zu den gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zu ersetzenden Kosten zählt auch die für die Ersatzbeschaffung im vorliegenden Fall angefallene Umsatzsteuer. Entgegen der Rechtsauffassung des Amtsgerichts hat der Kläger mit der Entscheidung, den Schaden fiktiv auf Reparaturkostenbasis abzurechnen, diesen Restitutionsweg noch nicht abschließend beschritten mit der Folge, dass ihm die Geltendmachung von Umsatzsteuer, die ihm im Zusammenhang mit der Ersatzbeschaffung eines anderen Wagens entstanden ist, daher nicht verwehrt ist.

§ 249 Abs. 2 S. 2 BGB stellt klar, dass .die Umsatzsteuer dann ersatzfähig ist, wenn sie zur Herstellung des ursprünglichen Zustands tatsächlich angefallen ist, so dass bei fiktiver Abrechnung auf Reparaturkostenbasis grundsätzlich nur der Netto-Reparaturkostenbetrag anzusetzen ist (BGH, Urteil vom 22.09.2009 - VI ZR 312/09 - zitiert nach [...] Rz. 10; Oetker, a.a.O. Rz. 467). Die Naturalrestitution unterliegt dem Gebot der Wirtschaftlichkeit, d.h. der Geschädigte hat den kostengünstigsten Weg der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands zu wählen (Grüneberg in: Palandt, BGB, 71. Aufl., § 249 Rz. 2). Will er dies nicht, sondern wünscht statt der wirtschaftlich günstigeren Reparatur die kostenintensivere Ersatzbeschaffung, so kann er sein Wahlrecht. zwischen Herstellung und Ersatzbeschaffung grundsätzlich auch im Rahmen des Geldersatzes nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ausüben. Sein Ersatzanspruch ist aber der Höhe nach auf die Abrechnung auf Reparaturkostenbasis beschränkt (vgl. BGH a.a.O.; Oetker a.a.O.; LG Arnsberg, Urteil vom 30.03.2010 - 5 S 114/09 - zitiert nach [...] Rz. 20 f.). Für den Ersatz der Umsatzsteuer kommt es in diesem Zusammenhang nur darauf an, ob sie zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands angefallen ist, nicht aber darauf, welchen Weg der Wiederherstellung der Geschädigte beschritten hat. Auch der unwirtschaftliche Weg der Wiederherstellung ist eine gleichwertige Form der Naturalrestitution (vgl. BGH a.a.O.; Oetker a.a.O.). Vorliegend hat der Kläger auf Reparaturkostenbasis abgerechnet, sodann das beschädigte Fahrzeug verkauft und sich Ersatz beschafft. Bei dieser Ersatzbeschaffung ist Umsatzsteuer angefallen. Diese Umsatzsteuer macht er geltend, jedoch nur in dem der Höhe nach begrenzten Umfang, in welchem sie bei der Reparatur angefallen wäre.

Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten vermischt der Kläger mit diesem Vorgehen nicht fiktive und konkrete Abrechnung. Die Unzulässigkeit einer solchen Vorgehensweise ergibt sich nicht aus der in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vorn 22.09.2009. Vielmehr ist dieser höchstrichterlichen Entscheidung ausdrücklich zu entnehmen, dass in einem Fall, in dem nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot auf Reparaturkostenbasis abgerechnet wird und es zur Anschaffung einer gleichwertigen Ersatzsache kommt, für die der Geschädigte Umsatzsteuer tatsächlich bezahlt hat, diese Steuer erstattungsfähig ist (vgl. BGH, a.a.O., Rz. 10; ebenso LG Arnsberg, a.a.O.).

Der vorstehenden Rechtsauffassung steht auch nicht die von der Beklagten zitierte Entscheidung des BGH vom 15.02.2005 - VI ZR 172104 - entgegen. Denn dieser Entscheidung lag ein dem vorliegenden Fall nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. In dem vom Bundesgerichtshof zu beurteilenden Sachverhalt überstiegen die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert, es lag...

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