Verfahrensgang

AG Bonn (Teilurteil vom 15.11.1991; Aktenzeichen 6 C 223/91)

AG Bonn (Urteil vom 13.09.1991; Aktenzeichen 6 C 223/91)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Teilurteil des Amtsgerichts Bonn vom 15.11.1991 (6 C 223/91) abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Bonn vom 13.09.1991 (6 C 223/91) wird teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 2.636,43 DM nebst 6,75 % Zinsen von 1.921,13 DM seit dem 10.04.1991 und von 715,30 DM seit dem 05.06.1991 abzüglich am 22.04.1991 gezahlter 1.235,63 DM, am 27.05.1991 gezahlter weiterer 685,50 DM und am 15.11.1991 gezahlter 29,80 DM zu zahlen.

Im übrigen wird das Versäumnisurteil vom 13.09.1991 mit der Maßgabe aufrechterhalten, daß dem Beklagten zu 1) eine Räumungsfrist bis zum 30.06.1992 bewilligt wird.

Der Beklagte zu 1) trägt die Kosten seiner Säumnis. Im übrigen bleibt die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz dem Schlußurteil vorbehalten.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten zu 1) auferlegt.

Ohne Tatbestand gemäß § 543 Abs. 1 ZPO.

 

Gründe

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Der Klägerin steht gegen den Beklagten zu 1) ein Räumungsanspruch gemäß § 556 BB zu. Die fristlose Kündigung der Klägerin vom 08.04.1991 wegen Zahlungsrückstands ist wirksam. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts sind die Kündigungswirkungen nicht durch eine Schonfristzahlung im Sinne des § 554 Abs. 2 Ziff. 2 BGB beseitigt worden.

Wie zwischen den Parteien unstreitig ist, befand sich der Beklagte zu 1) bei Ablauf der Schonfrist am 02.06.1991 mit Mietzahlungen für den Monat Mai in Höhe von 29,80 DM in Rückstand. Die Vorschrift des § 554 Abs. 2 Nr. 2 BGB greift jedoch nach völlig einhelliger Meinung in Literatur und Rechtsprechung nur dann ein, wenn alle Mietzinsansprüche des Vermieters, die bis zum Ende der Schonfrist entstanden sind, vollständig beglichen werden, und zwar auch, soweit sie im Kündigungsschreiben nicht ausdrücklich erwähnt oder gar beziffert worden sind. Damit wird also in allen Fällen dem Mieter eine Überprüfung der Höhe der Rückstände und eine exakte Bemessung der Zahlungen, bzw. sofern diese durch Dritte erfolgt, eine genaue Kontrolle dieser Beträge zugemutet. Auf ein Verschulden des Mieters bei der Berechnung bzw. Begleichung der Rückstände kommt es für die Frage der Wirksamkeit der Schonfristzahlung unzweifelhaft nicht an. Unter diesen Umständen liegen aber nach Auffassung der Kammer keine Gesichtspunkte vor, die ein Festhalten der Klägerin an der Kündigung vom 05.04.1991 als rechtsmißbräuchlich erscheinen lassen.

Auch im vorliegenden Fall es war es dem Beklagten zu 1) sowohl möglich als auch zumutbar, vor Ablauf der Schonfrist genau zu überprüfen, ob die Stadt Bonn entsprechend ihrer Zusage auch gezahlt hatte. Dies war hier vor allem deshalb geboten, weil sich die erwähnte Zusage der Stadt Bonn vom 11.04.1991 lediglich auf den im Kündigungsschreiben genannten Betrag bezog, der Beklagte zu 1) jedoch damit rechnen mußte, daß – je nach Zahlungszeitpunkt – zwischenzeitlich auch die Maimiete fällig geworden war, die – um eine wirksame Schonfristzahlung herbeizuführen – in den Ausgleich über den zugesagten Betrag hinaus miteinbezogen werden mußte.

Zum anderen hält die Kammer eine Berufung des Beklagten zu 1) auf die Vorschrift des § 242 vorliegend auch deshalb für nicht erfolgreich, weil es sich bei der offengebliebenen Restsumme von 29,80 DM nicht um einen völlig zu vernachlässigenden Betrag von nur wenigen Pfennigen handelt, sondern daß dieser Betrag immerhin mehr als 5 % der Nettokaltmiete von 582,95 DM ausmacht. Ein solcher Betrag, der im Bereich der Mietminderung bereits als angemessener Ausgleich für kleinere Beeinträchtigungen bei der Wohnungsnutzung angesehen wird, kann im Rahmen der Schonfristzahlung nicht als völlig unbeachtlich angesehen werden.

Die Bewilligung der Räumungsfrist beruht auf § 721 Abs. 1 ZPO. Bei der Bemessung hat die Kammer die gerichtsbekannt äußerst angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt, inbesondere was die Verfügbarkeit preisgünstigen Wohnraums betrifft, berücksichtigt.

Die Kostenentscheidung betreffend das Berufungsverfahren beruht auf § 91 ZPO. Über die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hat das Amtsgericht mit Abschluß des Verfahrens auch betreffend die Beklagte zu 2) abschließend zu entscheiden.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 6.900,– DM

Vorsitzende Richterin am Landgericht Kramp kann wegen Urlaubsabwesenheit nicht unterschreiben.

 

Unterschriften

Munz, Boelke, Munz

 

Fundstellen

Dokument-Index HI933152

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