Verfahrensgang

AG Siegburg (Urteil vom 23.07.1990; Aktenzeichen 4a C 147/90)

 

Tenor

Unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten wird das am 23.07.1990 verkündete Urteil des Amtsgerichts Siegburg – 4a C 147/90 – mit der Maßgabe aufrechterhalten, daß entsprechend dem Antrag des Klägers festgestellt wird, daß sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.

 

Tatbestand

Von der Darstellung eines

Tatbestandes

wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die formell unbedenkliche Berufung ist sachlich unbegründet.

Die Berufung ist zulässig: Zwar sind die Beklagten während der Berufungsfrist aus dem streitigen Mietobjekt ausgezogen. Anders als die Kläger meinen, ist deshalb die Berufung aber nicht unzulässig, denn die Beklagten sind durch die der Räumungsklage stattgebende Entscheidung des Amtsgerichts in der Hauptsache formell und materiell beschwert (OLG Köln, JM Bl. NW 1963, 259; LG Bonn NJW 1973, 1934; Zweibrücken OLGZ 75, 44; BGH NJW 1975, 539; KG OLGZ 76, 361).

Die materielle Beschwer ergibt sich aus dem rechtskraftfähigen Entscheidungsinhalt, der den Beklagten deshalb nachteilig ist, weil ihre Räumungsverpflichtung zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung mit dem Eintritt der Rechtskraft des angefochtenen Urteils endgültig festgestellt wäre. Diese Beschwer ist durch ihren Auszug – mag er auch ein tatsächliches Erledigungsereignis sein – nicht entfallen, weil erst die in der Berufungsverhandlung abgegebene prozessuale Erledigungserklärung des Klägers die Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hat beseitigen und die Hauptsache hat erledigen können.

Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für die Berufung ist gegeben, weil die Beklagten durch das angefochtene Urteil beschwert sind. Sie haben im ersten Rechtszug Klageabweisung beantragt und sind mit diesem Antrag unterlegen. Ihr schutzwürdiges Interesse besteht somit darin, die nachteiligen Folgen des Urteils – dessen materielle Rechtskraft, seine Vollstreckbarkeit und die Kostenlast – abzuwenden. Besondere Umstände, die den Schluß rechtfertigen könnten, daß die Beklagten den Rechtsmittelweg unnötig, zweckwidrig oder mißbräuchlich beschreiten (vgl. BGH a.a.O.), sind nicht ersichtlich.

Die Berufung hat in der Sache selbst keinen Erfolg.

Der Kläger ist dem Klageabweisungsantrag der Beklagten mit seiner Erledigungserklärung entgegengetreten. Es bedarf deshalb nach dem Antrag der Parteien der Entscheidung zur Hauptsache darüber, ob die Hauptsache erledigt oder die Klage abzuweisen ist. Nach den in ständiger Rechtsprechung vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätzen kann die Erledigung der Hauptsache auf den einseitigen Antrag der klagenden Partei nur festgestellt werden, wenn eine zuvor zulässige und begründete Klage durch ein späteres Ereignis unzulässig oder unbegründet worden ist (zuletzt BGHZ 106, 366 = NJW 1989, 2886).

Im Streitfall ist die Hauptsachenerledigung festzustellen, weil die Räumungsklage vom 08.06.1990 zulässig und begründet gewesen ist, so daß das angefochtene Räumungsurteil zweitinstanzlich bestätigt worden wäre, wenn der Räumungsanspruch des Klägers nach § 556 Abs. 1 BGB nicht durch den Auszug der Beklagten während der Berufungsfrist seine Erledigung gefunden hätte.

Die Beklagten hatten die Mietwohnung zu räumen, weil der Kläger das Mietverhältnis mit Schreiben vom 26.04.1990 wegen Zahlungsrückstands gem. § 554 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB wirksam – fristlos – gekündigt hatte, und diese Kündigung nicht nachträglich durch Schonfristzahlungen im Sinne von § 554 Abs. 2 Nr. 2 BGB unwirksam geworden war:

Unstreitig befanden sich die Beklagten im Zeitpunkt der genannten Kündigung zumindest mit der Mietzinszahlung für die Monate Oktober und November 1989 in Höhe von (2 × 760,00 DM =) 1.560,00 DM in Rückstand, so daß der Kläger grundsätzlich ohne weiteres hätte kündigen dürfen. Lediglich deshalb, weil der Kläger – statt seinerzeit das Mietverhältnis wegen des erwähnten Zahlungsrückstands zu kündigen – mit den Beklagten am 11.12.1989 über dasselbe Objekt einen „neuen” Mietvertrag geschlossen hatte, war im Streitfall nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu fordern, daß der Kläger vor Ausspruch einer auf diese Zahlungsrückstände gestützten Kündigung die Tilgung der Rückstände zunächst anmahnte und hierbei die Kündigung androhte. Dies ist nach dem – innerhalb der gem. §§ 523 i.V.m. 283 ZPO gesetzten Frist – nicht bestrittenen und damit gem. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden zu behandelnden Vortrag des Klägers mehrfach geschehen, und zwar auch noch nach dem 23.01.1990, dem Tag, für den die Beklagten gemäß ihrem von Ende Januar 1990 stammenden Schreiben ohne Datum, die Überweisung des in Rede stehenden Mietrückstandes zugesagt hatten.

Das nach fruchtloser Abmahnung unter Kündigungsandrohung alsdann am 26.04.1990 abgefaßte Kündigungsschreiben ist den Beklagten zugegangen, denn die Beklagten haben den vom Kläger vorgetragenen Umstand, aus dem zwingend auf einen ...

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