Tenor

  • 1.

    Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 5 575,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.06.2008 zu zahlen.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

  • 2.

    Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 20 % und das beklagte Land zu 80 % zu tragen.

  • 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt vom beklagten Land eine Ausgleichzahlung aufgrund menschenunwürdiger Unterbringung in der Justizvollzugsanstalt (JVA) während des Strafvollzuges.

Der Kläger befand sich vom ….2003 bis ….2007 in der JVA T. in Strafhaft. Vom ….2003 bis zum ….2004 war er dort jedenfalls überwiegend in einem Einzelhaftraum B 1/04 gemeinschaftlich mit einem weiteren Gefangenen untergebracht. Der Haftraum hatte eine Bodenfläche von 7,6 m² und war mit zwei Betten, einer Heizung, einem Schrank, einem Tisch nebst zwei Stühlen, einem Waschbecken und einer Toilette ausgestattet, die nur durch einen Sichtschutz von dem übrigen Haftraum abgetrennt war. Eine gesonderte Belüftung für die Toilette existierte nicht.

Der Kläger behauptet, in der Zeit vom ….2003 bis zum ….2004 durchgängig gemeinschaftlich untergebracht gewesen zu sein. Er sieht in der erfolgten Unterbringung eine amtspflichtwidrige Verletzung seiner Menschenwürde und seines Allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Durch die Art der Unterbringung sei ihm jeglicher Rückzugsraum genommen worden, in welchem er sein Gefühls- und Intimleben ungestört ausleben könnte. Insbesondere durch die geringe Größe des Raumes zusammen mit der baulich nicht abgetrennten Toilette liege eine Verletzung der Menschenwürde vor. Dies sei insbesondere unter Berücksichtigung seines allgemeinen Gesundheitszustandes erheblich belastend gewesen. Zudem sei der Mithäftling, mit dem er untergebracht war, drogenabhängig gewesen. Während des gesamten Unterbringungszeitraums hätten dem Kläger keine erheblichen Möglichkeiten zur Verfügung gestanden, sich außerhalb des Haftraums aufzuhalten.

Neben der täglichen Freistunde im Hof, habe aufgrund der angespannten Belegungs- und Personalsituation in der JVA T. keine Möglichkeit bestanden, an Freizeitgruppen und Sportveranstaltungen teilzunehmen. Für die Teilnahme an Freizeitgruppen habe er sich zeitweise auf “Platz 98 der Warteliste„ befunden. Darüber hinaus sei er in der Zeit vom ….2003 bis zum ….2004 und vom ….2008 über den gesamten Unterbringungszeitraum unverschuldet ohne Arbeit gewesen.

Bereits zu Beginn seiner Inhaftierung in der JVA T. habe er dem Stationsbeamten Tt einen Antrag auf Einzelunterbringung überreicht. Dieser habe den Antrag an den zuständigen Bereichsleiter der JVA, den JVAI a.D.J., weitergeleitet. Der Kläger sei zu Herrn J. ins Büro bestellt worden, wo dieser ihn gefragt habe, ob er - der Kläger - denn keine Arbeit haben wolle. Er wolle mit diesem Antrag doch sicherlich “nicht alles aufs Spiel setzen„. Als der Kläger, der Arbeit haben wollte, geäußert habe, dass er dies nicht wolle, habe Herr J. den Antrag zerrissen. In der Folgezeit habe der Kläger einen weiteren Antrag auf Einzelunterbringung gestellt, welchen er ebenfalls dem Stationsbeamten Tt überreicht habe. Daraufhin sei der Bereichsleiter J. in seiner Zelle erschienen und die Situation habe sich - wie geschildert - wiederholt. Der Kläger, der zu diesem Zeitpunkt noch 3,5 Jahre Haft vor sich gehabt habe, habe sich nicht in der Lage gesehen, anders zu reagieren aus Angst, seine Haftbedingungen zu gefährden. Ein dritter Antrag, den der Kläger gestellt zu haben behauptet, sei ebenfalls von dem Bereichsleiter J. unter Hinweis auf den gewünschten Erhalt von Arbeit und den Verlust von Vergünstigungen zerrissen worden.

Eine erneute Antragstellung hätte ohnehin keinen Erfolg gehabt, da eine Einzelunterbringung aufgrund der Belegungssituation in der JVA T. zeitnah nicht möglich gewesen wäre. Als Entschädigung verlangt er einen Betrag in Höhe von 25,00 € pro Tag für die Zeit vom ….2003 bis zum ….2004, d.h. für 282 Tage.

Der Kläger beantragt mit der am 17.06.2008 zugestellten Klage,

  • das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 7 050,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Das beklagte Land beantragt,

  • die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land behauptet, der Kläger, der bereits in den Justizvollzugsanstalten M. und K. aus psychologischen und medizinischen Gründen sowie auf eigenen Wunsch gemeinsam untergebracht gewesen sei, habe teilweise einen sehr niedergeschlagenen Eindruck gemacht, und geäußert nicht allein sein zu wollen, weshalb die Unterbringung mit einem weiteren Gefangenen angebracht gewese...

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